Erst vier Tage ist es her, dass Alessandro Michele in Mailand den Applaus für seine Gucci-Männerkollektion entgegennahm. Auf dem Laufsteg sahen Fachpublikum und Stars: Einen eher kleinen Mann mit dunklen, zotteligen Haaren und Vollbart, der zum freundlichen Lächeln Jeans und cremefarbenem Strickpullover kombinierte und auch als Teilnehmer eines Jesus-Look-a-like-Contest durchgegangen wäre.
Dieser 42-jährige Italiener wird nun Kreativdirektor bei Gucci und soll das italienische Luxuslabel aus der Krise führen. Wochenlang war bereits über seine mögliche Beförderung zum Chefdesigner spekuliert worden, nun hat Guccis französischer Mutterkonzern Kering in einer Pressemitteilung die Gerüchte bestätigt.
Michele werde die bisherige Kreativchefin Frida Giannini ablösen, hieß es in der Mitteilung. Michele soll bereits am 25. Februar die Damenkollektion für Herbst und Winter 2015/2016 in Mailand präsentieren.
Der Italiener war bisher Chefdesigner der Gucci-Accessoires und stellte mit einem Team in sehr kurzer Zeit die Männerkollektion für Herbst/Winter 2015/16 fertig, weil Giannini das Unternehmen früher als angenommen verlassen hatte. Insider und Branchenkenner vermuteten sogar, dass Michele nach Gianninis Weggang noch mal deutliche Veränderungen an dem Stil der Kollektion vorgenommen habe.
Micheles Werdegang bei Gucci
Etwa vier Jahre lang hatte Michele als Gianninis Assistent und rechte Hand gearbeitet. Deren Weggang war im Dezember angekündigt worden. Damals hatte Kering auch die Ablösung von Gucci-Chef Patrizio di Marco durch Marco Bizzarri verkündet, der zum Jahreswechsel vollzogen wurde.
"Alessandros Talent, seine Markenkenntnis sowie die Tatsache, dass ihm das Designteam bereits vertraut ist, werden es ihm ermöglichen, die Tätigkeit als neuer Kreativdirektor schnell und reibungslos aufzunehmen und seine moderne Vision des Labels umzusetzen", sagte Bizzarri.
Der 1972 in Rom geborene Michele begann seine Laufbahn als Designer für Accessoires beim Modehaus Fendi. Er arbeitet seit 2002 bei Gucci, seit 2011 verantwortet er dort die Accessoires-Linie. Im September 2014 leitete er dazu die Designabteilung der florentinischen Porzellanmanufaktur Richard Ginori, die Gucci 2013 übernommen hatte.
Umsatzrückgang bei Gucci
Gucci ist eine der größten Luxusmarken der Welt und erzielte 2013 einen Umsatz von 3,56 Milliarden Euro. Das Wachstum blieb zuletzt aber hinter den Erwartungen zurück, 2014 wurde ein Umsatzrückgang verzeichnet. Michele muss nun zusammen mit Bizzarri versuchen, der Marke neuen Schwung zu verleihen. Gucci steht für zwei Drittel des operativen Gewinns des Kering-Konzerns. Zu ihm gehören auch die Marken Saint Laurent, Balenciaga, Bottega Veneta und Puma.