Insekten als Nahrungsmittel:Warum es Insekten als Snack bei den Koalitionsverhandlungen gab

Insekten als Nahrungsmittel - Heuschrecke, Zophoba, Mehlwurm

Mehlwürmen und Heuschrecken, gab es jetzt auch bei den Groko-Politikern in einer Verhandlungspause zu essen.

(Foto: dpa)

Mehlwürmer und Heuschrecken, das klingt nach Dschungelcamp. Doch der CSU-Abgeordnete Thomas Silberhorn tischte diese den Koalitionären statt Kartoffelsalat auf - und erklärt, was es damit auf sich hat.

Interview von Oliver Klasen

Thomas Silberhorn (CSU) ist Bundestagsabgeordneter und parlamentarischer Staatssekretär in Entwicklungsministerium. Der 49-Jährige gehört zu den Politikern, die derzeit über eine große Koalition verhandeln. Die Gespräche dauern oft sehr lange, die Teilnehmer müssen also zwischendurch etwas essen. Sein Ministerium war Gastgeber einer der Verhandlungsrunden - und man entschloss sich, in der Pause nicht Würstchen und Kartoffelsalat zu servieren, sondern etwas Kreativeres.

SZ: Herr Silberhorn, Mehlwürmer und Heuschrecken als Snacks in der Verhandlungspause. Sind die Koalitionsverhandlungen nicht ohnehin schon schwierig zu verdauen?

Thomas Silberhorn: Ich verstehe, was Sie meinen. In Deutschland denkt man bei Mehlwürmern und Heuschrecken in erster Linie an das Dschungelcamp. Aber bei uns wird niemand Ekel-Prüfungen unterzogen und auch niemand aus der Gruppe herausgewählt. Wir wollten nicht schockieren, wir wollten Aufmerksamkeit schaffen.

Für was?

Wir als Ministerium hatten ja schon auf der Grünen Woche kürzlich in Berlin einen Messestand, an dem wir Insekten zum Essen angeboten haben. Seit diesem Jahr sind sie in der EU offiziell als Lebensmittel zugelassen. Klar, hierzulande ist das eine totale Nische, aber es gibt Länder, in denen das völlig anders ist. Dort sind Insekten aus dem Speiseplan nicht wegzudenken. Sie sind nahrhaft, liefern Vitamine und Ballaststoffe und für ihre Zucht und Verarbeitung wird viel weniger Platz benötigt als etwa bei Hühnern oder Rindern.

Haben Sie auch probiert?

Klar. Die Heuschrecken schmeckten leicht nussig, fand ich. Ich habe auf einer meiner Reisen auch schon einmal Raupen probiert. War okay.

Und wer hat sich noch getraut?

Unser Minister, Gerd Müller, ist mit gutem Beispiel vorangegangen. Aber selbst, wenn nicht alle zugegriffen haben, hat das ungewohnte Essen seine Wirkung nicht verfehlt. Wir wollten etwas anbieten, was mit unserer Arbeit in Verbindung steht. Mir ist wichtig, das nicht als Gaga-Idee abzutun. Das hat einen ernsten Hintergrund, denn zwei Milliarden Menschen auf der Welt essen Insekten.

Der letzte, der Heuschrecken in die politische Diskussion eingeführt hat, war Franz Müntefering.

Ja, aber die Heuschrecken, von denen er sprach, brachten Unheil. Die Heuschrecken, die wir angeboten haben, stehen für eine gute Sache.

"Bei uns gibt's Currywurst", hat Ihr Fraktionskollege Wolfgang Stefinger auf Twitter geschrieben. Gibt es jetzt eine Zwei-Klassen-Gesellschaft, je nachdem in welcher Verhandlungsgruppe man ist?

Natürlich nicht. Und Mehlwürmer und Heuschrecken waren ja auch nicht das einzige, was es gab. Wer das nicht essen wollte, ist trotzdem satt geworden. Ich gebe zu: Auch ich esse gerne ein fränkisches Schäufele, aber nicht jeden Tag. Wir müssen uns bewusst machen, für viele Menschen ist das unerreichbar: jeden Tag Fleisch. Und was den Wolfi angeht, der ist jetzt Mitglied im entwicklungspolitischen Ausschuss geworden. Ich finde, da muss er schon nochmal probieren, wie Insekten schmecken.

Die Verpflegung bei politischen Verhandlungen ist in diesem Sinne aber nicht sehr vorbildlich. Meist gibt es viel Fleisch und irgendwas Deftiges, Gulaschsuppe zum Beispiel. War Ihre Arbeitsgruppe denn besonders erfolgreich, weil sie auch kulinarisch neue Wege gegangen sind?

Also, diese Kausalität kann ich jetzt nicht nachweisen. Wir haben gute Gespräche geführt, aber das hätten wir wohl auch so. Die Stimmung war vielleicht aufgelockerter.

Glauben Sie, dass es irgendwann auch eine Mehlwürmer-Suppe in der Bundestagskantine gibt?

Möglich. Aber wir müssen das auch gar nicht unbedingt nachmachen, nur besser verstehen, warum es in anderen Regionen so eine Bedeutung hat.

Was gibt es denn heute bei den Verhandlungen?

Wieder was Deftiges. Kartoffel-Eintopf glaub ich, mit kleingeschnittenen Wienern. Ist ja, soweit ich weiß, auch das Lieblingsgericht der Kanzlerin.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: