Partnerschaft:Jetzt beliebt: Die "Durchbrenn-Hochzeit"

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Stellvertretend für viele Paare: Barbie und Ken mit pandemischen Mundschutz. (Foto: imago classic/imago images/imagebroker)

Noch nie haben sich so wenige Paare wie im vergangenen Jahr das Ja-Wort gegeben. Klar, das liegt an der Pandemie. Die aber hat auch das Heiraten an sich verändert.

Von Kathrin Müller-Lancé

Die ersten Einladungskarten hatten Tina Frey und ihr Verlobter noch auf Papier verschickt, schön altmodisch mit Namensstempel. Dann kam das Virus. Und aus dem Hochzeitstermin am 18. Juli 2020 wurde erst der 19. Juni 2021, dann der 16. Juli 2022. Statt aufwendiger Karten verschickte das Paar irgendwann nur noch Save-the-Date-Nachrichten über Whatsapp. "Diesmal sieht es gut aus", sagt Frey, "der Pfarrer und der DJ haben auch noch Zeit." Gut möglich also, dass das Paar zwei Jahre nach der standesamtlichen Trauung jetzt endlich auch gemeinsam vor den Altar treten kann.

Noch nie haben seit Bestehen der Bundesrepublik so wenige Paare geheiratet wie 2021, dem zweiten Jahr der Pandemie. Das zeigen vorläufige Zahlen des Statistischen Bundesamtes. Das liegt natürlich an den pandemischen Einschränkungen. Die Frage ist aber auch: Wie hat sich das Virus jenseits der Zahlen noch auf das Heiraten ausgewirkt?

"Für viele ist die große Feier schon der erste oder zweite Jahrestag", erzählt Claudia Steinert, Hochzeitsplanerin aus der Nähe von Berlin. Ein großer Teil ihrer Kundinnen und Kunden habe sich bereits standesamtlich trauen lassen. Nach einer fast zweijährigen Pause geht die Saison bei Steinert jetzt wieder richtig los. Erst vor Kurzem hat sie noch eine Anfrage für Ende Mai bekommen. Das sei früher undenkbar gewesen. Aber: "Wir können auch Express."

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Was sich in der Zwischenzeit verändert hat? "Die Paare haben Zeit gehabt, die Pläne noch mal durchzugehen", sagt sie. Da haben manche noch mal das Budget hochgeschraubt - und ihren Anspruch auch. Wenn schon feiern, dann richtig. Zugegebenermaßen ist Steinert auf hohe Ansprüche spezialisiert, sie plant Hochzeiten und Partys ab einem Budget von 600 Euro - pro Gast und pro Tag.

Wenn man der Hochzeitsplanerin so zuhört, hat man den Eindruck, dass die Pandemie die Reiselust nicht gedämpft, sondern sogar eher befeuert hat. "Destination Wedding" heißt das im Fachjargon, oder auch: "Elopement Wedding", also "Durchbrenn-Hochzeit". Eines von Steinerts Paaren hat sich während der Pandemie entschieden, die Feier von Berlin nach Ibiza zu verlegen. Mit allen 50 Gästen.

Johann-Jakob Wulf, der eine Agentur für freie Trauungen betreibt, erzählt von einem Paar, das sich - statt der großen Feier - für eine Mini-Zeremonie auf Mallorca entschieden hat. Nur mit Traurednerin und Sonnenuntergang. Trotzdem hat Wulf das Gefühl, dass sich die meisten Paare gerade nach den ganzen Beschränkungen eine richtig große Feier wünschen. Oma und Opa inklusive. "Man merkt, dass die Familie doch wichtiger geworden ist." Wulf und seine Kollegen haben noch etwas beobachtet: Viele wollen jetzt lieber zu Randzeiten feiern, also unter der Woche oder am Feiertag, und sie machen das mit einem kürzeren Vorlauf. Ging ja lange genug gar nicht anders. Dass sich virtuelle Zeremonien über Zoom und Co. durchsetzen, glaubt der Trauredner eher nicht. Das habe er zwar zwei, drei Mal gemacht, "aber das widerspricht einfach der Idee des Zusammenfeierns, man will sich ja doch auch einfach mal berühren".

Zwei Jahre später gibt es Gäste, die man gerne ausladen möchte

Ach, die Pandemie. Wulf hat da seine speziellen Erfahrungen gemacht: Da war die Trauzeugin, die aus Impfverweigerungsgründen den Unmut des Brautpaars auf sich zog. Oder die verschobene Feier, bei der auf einmal zwölf Kinder mehr auf der Gästeliste standen, Stichwort: Corona-Babys. "Das schmeißt den ganzen Tagesplan durcheinander", sagt Wulf, "plötzlich geht es um Mittagsschlaf und Kinderbetreuung."

Auch bei Tina Frey hat sich die Gästeliste in den vergangenen zwei Jahren verändert. Fünf Kinder sind dazugekommen (die der aktuell schwangeren Gäste nicht mitgezählt), außerdem eine Handvoll neuer Freundinnen und Freunde, die beide bei einer Reise durch Zentralamerika kennengelernt haben. Überhaupt, Gästelisten. Manche Paare stehen sogar vor dem Problem, dass sie nach all dem Termin-Geschiebe nicht mehr die gleichen Leute einladen wollen wie noch zwei Jahre zuvor. Claudia Steinert, die Hochzeitsplanerin aus Berlin, hatte so einen Fall - bei zerstrittenen Geschäftspartnern. Die betroffenen Gäste hätten dann aber eleganterweise selbst abgesagt.

Für einen Bräutigam aus Bayern hat sich während der vergangenen zwei Jahre noch mehr verändert. Im September 2021 feierten er und seine Frau die standesamtliche Hochzeit, pandemiebedingt mussten während der Trauung zwei Gäste draußen vor der Tür warten. In diesem Sommer hätte eigentlich die große Feier mit 130 Leuten angestanden . Das Paar hat sich in der Zwischenzeit getrennt. Nicht wegen, aber während der Pandemie hätten beide gemerkt, dass es irgendwie doch nicht passt. "Es war keine angenehme Aufgabe, das allen mitzuteilen", sagt er am Telefon, und das glaubt man ihm sofort. An der langen Pause zwischen dem Standesamt und dem großen Fest aber sei ausnahmsweise mal nicht Corona schuld gewesen, erzählt er. "Das hat bei uns in Oberbayern einfach Tradition."

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