Accessoires:Auf die Hand

Accessoires: Minimalistisch, aber mit Twist: Taschen von Pb0110.

Minimalistisch, aber mit Twist: Taschen von Pb0110.

(Foto: Hersteller)

Apfelleder, futuristisches Design, cooler Twist: Sieben besonders schöne Taschen-Labels aus Deutschland

Von Lucia Bramert, Anne Goebel, Kathrin Hollmer, Kathrin Müller-Lancé, Tanja Rest und Julia Rothhaas

Die Coolen

LE1: Klingt nicht besonders spektakulär, vielleicht ein bisschen rätselhaft, und doch hat die Tasche mit diesem Namen ein kleines Modebeben ausgelöst. LE steht für Lars Eidinger, und als der Schauspieler 2020 sein Modell für den renommierten Hersteller Philipp Bree vorstellt, edler Lederbeutel, optisch deutliche Anklänge an billige Discounter-Tüten - Riesenaufregung im Netz. Vor allem, weil Eidinger damit vor einem Obdachlosen-Nachtlager posiert, was viele geschmacklos finden.

Die Marke hinter dem Skandalsäckel wird dadurch jedenfalls erst so richtig bekannt, wobei Philipp Bree das eigentlich nicht nötig hat, bei seinem Namen. Bree war hierzulande jahrelang ein Synonym für vorzeigbare Taschen aus Deutschland, die einerseits nicht aussahen wie billige Kaufhauskopien der schicksten Trends aus Mailand oder Paris. Und andererseits nicht nach abwaschbarem Funktionalismus. Die Firma aus Niedersachsen, 1970 gegründet, produzierte schöne schlichte Entwürfe aus Naturleder, und vielleicht war das dem Sohn des Gründers irgendwann zu eingefahren. Philipp Bree stieg aus dem Familienunternehmen aus, 2013 zeigte er die erste Kollektion seines eigenen Labels Pb0110: Taschen und Accessoires aus pflanzlich gegerbtem Naturleder, reinem Leinen, Messing. Weiterhin minimalistisch im Design, aber mit Twist: ein neonfarbener Aufnäher hier, überraschende Triangel-Formen für eine Minitasche dort, abgesehen von den leuchtenden Farben wie "Regatta"-Blau, Lachsrot oder Jadegrün.

Bree steht also inzwischen eher für cool als einfach nur für schlicht, was auch an den Haus-Designern von Pb0110 wie Ayzit Bostan liegt. Zum urbanen Image gehört natürlich ein bewusster Umgang mit Ressourcen, worüber sich der kritisch-aufgeklärte Großstadt-Kunde ausführlich informieren kann im Onlineshop. Das netzartige Modell "Khmu 2 Natur" etwa wird aus schnell wachsenden Erbsenfasern in Laos von Hand gefertigt. Und der neue Upcycling-Shopper im Großformat für Einkäufe oder Badetage besteht aus Resten alter Polsterstoffe. Sieht aus wie ein Stück Orientteppich, ist aber federleicht (Taschen ab 49 Euro, pb0110.de).

Anne Goebel

Die Futuristischen

Accessoires: "Flamingo"-farbenes Raumwunder: Tote-Bag von Vee Collective.

"Flamingo"-farbenes Raumwunder: Tote-Bag von Vee Collective.

(Foto: Hersteller)

Dicke Logos und aufwändige Muster sind ihre Sache nicht: Lili Radu und ihr Mann Patrick Löwe entwerfen für ihr Label Vee Collective seit 2018 Handtaschen, die anders aussehen als die klassische It-Bag: schlicht, meist einfarbig, aus gestepptem Leder oder Nylon. Ihre Taschen sind groß genug, um auch einen Laptop zu verstauen, haben Innentaschen für allen möglichen Kleinkram, obendrein ist das Material leicht, wasserfest und biologisch abbaubar. Das Leder ist vegan, die Füllung und die Reißverschlüsse sind recycelt. Die Preise sind niedriger als man das sonst von Designerhandtaschen kennt, sie liegen zwischen 100 und 250 Euro. Das liegt vermutlich auch daran, dass Vee Collective in Vietnam produzieren lässt. Immerhin werden die Taschen mit dem Schiff und nicht mit dem Flieger nach Europa transportiert. Noch ein Nachhaltigkeits-Plus: Die Taschen sehen so zeitlos aus, dass sie auch mehr als eine Saison überleben. Die Modelle sind eher klassisch (Shopper, Umhängetasche, Clutch), die Farben unauffällig (Khaki) oder auch mal krachend ("Flamingo"). Ein kleines Zugeständnis gibt es dann aber doch an den Zeitgeist, und an Berlin: Vee Collective stellt auch Bauchtaschen her (Tote-Bags ab 125 Euro, vee-collective.com).

Kathrin Müller-Lancé

Accessoires: Zeitlos schön und funktional: Laptop-Hülle mit Fixierband und Stiftehalter von Franziska Klee.

Zeitlos schön und funktional: Laptop-Hülle mit Fixierband und Stiftehalter von Franziska Klee.

(Foto: Hersteller)

Die Minimalistischen

Die Crossbody-Bag heißt Tea, die Handytasche Ira und der Kulturbeutel Tao. Die Taschen des Leipziger Labels Franziska Klee haben nicht nur gemeinsam, dass ihre Namen drei Buchstaben haben, sondern auch, dass sie minimalistisch designt, langlebig und funktional sind. Die Taschen haben zum Beispiel einen Karabiner für den Schlüsselbund, damit man nicht lange danach kramen muss. Statt auf Vorrat zu produzieren fertigen Klee und ihr Team ihre Produkte erst nach der Bestellung im Atelier in Leipzig - aus Respekt gegenüber dem wertvollen Material: Das Naturleder, das als Abfallprodukt aus der Industrie anfällt, kommt aus Deutschland und ist pflanzlich gegerbt, ansonsten unbehandelt. Im Onlineshop kann man die Modelle mit einer persönlichen Botschaft prägen lassen und Produkte wie die "Wunsch-Clutch" selbst konfigurieren. Bei Franziska Klee gibt es nicht jede Saison eine neue Kollektion, das Portfolio wächst seit 2015. Dazu gehören außer Taschen in verschiedenen Größen - vom Brustbeutel bis zum Weekender - Rucksäcke, Brillen-Etuis und Notizbuchhüllen. In die Entwicklung neuer Produkte - demnächst eine Laptop-Hülle - werden ihre Fans in den sozialen Medien eingebunden (Handtaschen ab 109 Euro, franziskaklee.de).

Kathrin Hollmer

Accessoires: Natürliches Kork trifft auf glänzendes Metallic-Leder: Bauchtasche von Frisch Beutel.

Natürliches Kork trifft auf glänzendes Metallic-Leder: Bauchtasche von Frisch Beutel.

(Foto: Hersteller)

Die Natürlichen

Das Frankfurter Taschen-Label Frisch Beutel verarbeitet in seinen Produkten verschiedene Materialien aus der Natur: Kork, das aus der Rinde der Korkeichen geschält wird, und Apfelleder, das aus den Überresten gewonnen wird, die bei der Herstellung von Apfelsaft anfallen. Tierisches Leder verarbeitet das Label auch, das von einer Täschnerei in Offenbach am Main kommt, einem Familienunternehmen in vierter Generation. "Die kurzen Wege sparen nicht nur CO2, sondern bieten uns auch die Möglichkeit des engen Austauschs und persönlichen Kontakts", so die Gründerinnen Lisa Frisch und Katharina Pfaff. Seit 2015 nähen sie ihre Taschen von Hand in ihrem Atelier. Ihre Handtaschen, Rucksäcke, Bauchtaschen und Portemonnaies sind schlicht und zeitlos, es dominieren Erdtöne, Dunkelgrün, Blau und Schwarz. Die Besonderheit liegt im Material-Mix: Glattleder kombinieren sie mit samtigem Ziegen- und Wildleder oder mit geprägtem Leder, etwa in "Kroko"- oder Schlangenoptik. Besonders auffallend und nachhaltig zugleich: Die Modelle aus bordeaux- und orangefarbenem Apfelleder sowie die "Dansk"-Linie, in der Kork auf knalliges Metallic trifft (Bauchtaschen ab ca. 89 Euro, frisch-shop.de).

Lucia Bramert

Accessoires: Funktioniert in Glückskeks-, Halbmond- oder Croissant-Form: die "Cookie Bag" von William Fan.

Funktioniert in Glückskeks-, Halbmond- oder Croissant-Form: die "Cookie Bag" von William Fan.

(Foto: Hersteller)

Die Humorvollen

Seine elegante Unisex-Mode hat William Fan bekannt gemacht in der Berliner Modeszene, der Designer mit Wurzeln in Hongkong entwirft außerdem Hüte, Schmuck, Schuhe und Taschen. Und spielt dabei immer wieder mit seinen Wurzeln - und den dazugehörigen Klischees. Eine Modenschau veranstaltete er mal in einem asiatischen Restaurant, eine andere in einer Karaoke-Bar. Und in einem Interview erzählte Fan, er habe seine Kindheit im China-Restaurant seiner Eltern in Hannover verbracht habe. Fans Taschen sind nicht nur elegant, sondern auch humorvoll. Seine "Cookie Bag" (ab 650 Euro) sieht wie ein Glückskeks aus, man kann die Tasche aber auch ausklappen und als Halbmond- oder Croissant-Bag tragen. Ein anderes Modell heißt "Spring Roll Bag" - Frühlingsrollentasche, weil sie zu einer Rolle gewickelt ist. Die grün-blau-weiß-karierten Shopper erinnern dagegen an die Großbeutel aus Supermärkten, nur sind sie natürlich etwas feiner. Die Materialien: Kalbs- oder veganes Leder, teilweise mit Kroko-Prägung - nicht made in, sondern "manufactured in China", also hergestellt in kleinen Familienbetrieben in Hongkong und China, wie die Marke betont (williamfan.com).

Kathrin Hollmer

Accessoires: Leer und gefüllt schön anzusehen: Rucksack "Marsh" von Tsatsas.

Leer und gefüllt schön anzusehen: Rucksack "Marsh" von Tsatsas.

(Foto: Hersteller)

Die Stilvollen

Manchmal kann es schön sein, wenn sich Geschichte wiederholt. Etwa die von Ingeborg Rams und Lore Kramer, Designer-Ehefrauen, die beide je vor dem gleichen Problem standen: Sie waren auf der Suche nach einer schönen Handtasche, fanden aber nichts, was ihnen gefiel. Also bekamen sie von ihren Männern ihr Wunschteil gestaltet. Zeitsprung zu Dimitrios Tsatsas, der vor Jahren ebenfalls eine Tasche suchte und nicht fand. Und kurzerhand in der Feintäschnerei seines Vaters in Offenbach ein Modell umsetzen ließ, das Freunde so begeisterte, dass er schließlich mit seiner Frau Esther ein Label für hochwertig verarbeitete, klassisch-zeitlose Taschen gründete: Tsatsas. Seit 2012 entwerfen die beiden im Frankfurter Gallusviertel Taschen, Beutel und Accessoires, zu ihren Fans gehören Designer Raf Simons, Architekt David Chipperfield und sogar Hillary Clinton. Als besonders feinsinnig erwiesen sich die beiden, als sie die Einzelstücke von Rams und Kramer in ihre Kollektion aufnahmen. So viel Stil darf gewürdigt werden: Noch bis zum 30. Oktober widmet das Deutsche Ledermuseum Tsatsas eine eigene Ausstellung (Rucksack Marsh 1400 Euro, tsatsas.com).

Julia Rothhaas

Accessoires: Klassisch, nachhaltig, schön: die "Cara" von Agneel.

Klassisch, nachhaltig, schön: die "Cara" von Agneel.

(Foto: Hersteller)

Die Edlen

Wenn es ein deutsches Hermès gäbe, dann wäre dies wohl Agneel. Feinste Materialien (italienisches Leder, die Hardware aus Gold und Silber), zeitlos schlichte Formen in der bevorzugten Farbpalette warmer Erdtöne und kein Anflug von überflüssigem Chichi oder aufgekratztem It-Gedöns. Taschen fürs Leben - nicht mehr und nicht weniger. Yesim Karaman hat Agneel 2016 in Berlin gegründet und ihm ihren ganz eigenen Stil mitgegeben, minimalistisch, edel, nachhaltig. Gefertigt wird in familiengeführten Ateliers in Izmir und Florenz und ausschließlich von Hand; das verwendete und durchweg chromfreie Kalbsleder hat ein Nachhaltigkeits-Zertifikat, es stammt als Nebenprodukt aus dem Fleischhandel. Eigentlich selbstverständlich, dass Handtaschen feminin sind, aber hier zieht sich die Weiblichkeit konsequent durch - vom Firmennamen über das fast durchweg weibliche Team bis zu den Namen der Modelle, von A wie "Agnes" bis Z wie "Zoe" (Preise zwischen 440 und 690 Euro). Die Zielgruppe: starke, unabhängige Frauen, die es nicht nötig haben, mit Bling zu beeindrucken. Die Agneel-Tasche ist da nur noch ein Ausrufezeichen hinter dem Vibe ihrer Trägerin (agneel.com).

Tanja Rest

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