Süddeutsche Zeitung

Grillgut aus Fluss und Meer:Wie ein Fisch im Feuer

Viele Menschen mögen weder Fisch noch Meeresfrüchte. Ein Jammer, denn sie verpassen kulinarische Hochgenüsse. Garnelen, Muscheln und Fisch lassen sich besonders gut auf dem Grill zubereiten. Vorschläge, die vielleicht sogar Seafood-Verweigerer überzeugen.

Von Merle Sievers

"Bild dir bloß man nich ein, dass ich von dem Aal ess", stöhnt Agnes. "Überhaupt kein Fisch ess ich mehr und Aale schon ganz und gar nicht." (Die Blechtrommel, 1959, Günter Grass)

Das, was Agnes, die Mutter der Hauptfigur, in Günter Grass' Roman sagt, würden in der Realität heute noch viele genauso stehen lassen. Beim Anblick der schwarzen, verknöcherten Fische muss Agnes sich übergeben. Als ihr Mann dann auch noch zwei der Viecher mit nach Hause nimmt und sie zu Aalsuppe verarbeitet, ist es hinüber mit ihr. Sie kreischt und schluchzt vor lauter Abscheu. Agnes' Reaktion auf die Aale können viele Leute nachvollziehen. Überhaupt erfreuen sich Fische und andere Wassertiere keiner großen Beliebtheit, weder am Strand noch zu Tisch. Auch beim Grillen denken die meisten sofort an Fleisch und Würstchen, anstatt an Fisch und Meeresfrüchte. Schade eigentlich.

Denn prinzipiell eignen sich Wasserbewohner genauso gut für den Rost wie Schwein, Rind oder Geflügel. Gegrillt schmecken Meeresfrüchte und Fische sogar oft ganz anders, als wenn man sie im Ofen oder in der Pfanne zubereitet. Wer also kulinarisch sonst einen weiten Bogen um alles macht, was mal im Wasser geschwommen ist, der sollte trotzdem mal ein paar Meeresspezialitäten vom Grill probieren. Na, und für Fisch-Feinschmecker lohnt es sich sowieso.

Auf die Planke

Lachs ist häufig der größte gemeinsame Nenner unter den Speisefischen, viele Leute mögen Lachs, doch er schmeckt langweilig. Auf dem Grill zubereitet kann er jedoch an Urlaub in der Südsee erinnern - auf einem Piratenschiff. Dafür ein 200-Gramm-schweres Lachsfilet seitlich einschneiden und von innen mit Salz und Pfeffer würzen. Dann eine Füllung aus Butter, ausgepresster Limette und Petersilie in den Fisch geben. Die Lachstaschen mit Spießen verschließen und von außen mit Knoblauch oder Fischgewürz einreiben. Dann den Fisch auf eine Holzplanke (zum Beispiel aus einem alten Whiskey-Fass) legen und die Planke auf dem Grill platzieren. Das Holz sollte vorher etwas in Wasser eingelegt worden sein, damit es nicht direkt verbrennt. Beim Grillen den Deckel schließen und die Planke samt Fisch vor sich hin garen lassen. Das Holz kokelt dann von unten leicht an und verleiht dem Lachs ein rauchiges Aroma. Ahoi!

Krabbeltiere aufgespießt

Auf dem Meeresboden kreucht und fleucht es ebenso zahlreich wie an Land. Nur sehen die Krabbeltiere aus dem Wasser anders aus und schmecken oft auch besser. Für den Grill eignen sich Garnelen besonders gut. Einfach eine ausgepresste Limette, zwei kleingeschnittene Frühlingszwiebeln und zwei zerdrückte Knoblauchzehen zusammen mit sieben Eßlöffeln Olivenöl zu einer Marinade verrühren. Die Garnelen erst waschen, trockentupfen und dann samt Schale in die Marinade einlegen. Nach etwa drei Stunden haben die kleinen Krebse genug gezogen und werden der Reihe nach auf Holzspieße gesteckt. Tipp: Wenn man die Holzspieße vorher in Wasser einlegt, verbrennen sie nicht so leicht und man kann sie auch hinterher noch gut mit den Fingern anfassen. Die Garnelenspieße dann von beiden Seiten drei Minuten lang direkt angrillen. Vor dem Verzehr muss man die Krabben dann nur noch pulen - harte Schale, weicher Kern eben.

Jakobs innere Werte

Jakobsmuscheln stehen für Luxus und den gehobenen Genuss. Je nachdem, woher die Weichtiere kommen - aus dem Pazifik, Atlantik oder dem Mittelmeer - variieren die Preise. Tiefgekühlt kann eine 250-Gramm-Schale schon mal zwölf Euro kosten, frische Ware ist sogar noch teurer. Umso wichtiger, dass man das teure Produkt auf dem Grill nicht verkohlen lässt. Zur Vorbereitung also die Muscheln vorsichtig mithilfe eines Messers öffnen, das weiße Muskelfleisch ablösen und von Innereien und Filterorganen befreien. Das Fleisch abspülen, trocken tupfen und mit etwas Salz bestreuen. Anschließend jede Muschel mit einem Basilikumblatt belegen, in eine dünne Scheibe italienischen Speck einwickeln und die kleinen Pakete auf einen Metallspieß stecken. Die Spieße werden von beiden Seiten 1-2 Minuten indirekt gegrillt. Wenn man dann auf das Muschelpaket beißt, verbindet sich der nussige Geschmack der Jakobsmuschel im Mund mit der mediterranen Umhüllung. Ein teurer Spaß, der sich lohnt.

Schnelle Forelle

Wer gerne angelt, hat mitunter eine Forelle am Haken. Der selbstgefangene (oder auch nicht selbstgefangene) Fisch eignet sich super, um ihn am Stück auf den Grill zu legen. Dafür die Haut der Forelle mehrfach einritzen und mit Salz, Pfeffer und einem Fischgewürz einreiben. Der Fisch muss auch an der Bauchseite aufgeschlitzt werden. In die Bauchhöhle ein Sträußchen aus frischen Kräutern (zum Beispiel Salbei, Thymian, Rosmarin) legen. Den ganzen Fisch am besten in einem Fischgitter platzieren, da das weiche Fleisch beim Wenden sonst auseinander fallen könnte. Falls man kein Fischgitter besitzt, kann man auch mit einem Stück Aluminiumfolie improvisieren. Allerdings gehen dabei sehr wahrscheinlich die Röstaromen verloren. Die ganze Forelle dann zirka acht Minuten von jeder Seite direkt über der Glut grillen, bis die Haut schön knusprig ist. Ein leckeres Essen - nicht nur für Angler.

Wer sich also traut und anstelle von Thüringer Bratwurst mal einen Fisch oder Meeresfrüchte auf den Rost legt, dem steht eine Bandbreite von Zubereitungsvariationen offen. Auch Aal lässt sich übrigens leicht auf dem Grill zubereiten: Einfach die geleeartige Hautschicht mit Salz abrubbeln und mit einer Marinade in Aluminiumfolie bei mittlerer Hitze für etwa zehn Minuten grillen. Vielleicht hätte Agnes den Aal in dieser Variante sogar auch mal probiert.

Das heißt, sie hat ihre Fischabscheu sogar überwunden. Nur zwei Wochen, nachdem sie Aal und Meerestiere so verteufelt hat, isst Agnes doch noch Fisch. Sie verschlingt regelrechte Mengen davon, von morgens bis abends. Bis sie mit einer Fischvergiftung ins Krankenhaus eingeliefert wird und daran stirbt. Günter Grass beschert seinen Romanfiguren ja öfter mal ein tragisch-markabres Ende. Beim Nachgrillen unserer Rezeptvorschläge bleibt das aber hoffentlich aus.

Das erste Rezept stammt aus dem Booklet von Grilly Billy (Steinel), das zweite aus dem Grill-Magazin Fire&Food. Das dritte Rezept von Pio Food ist in der Ausgabe 3/2013 der Food-Zeitschrift Beef! erschienen. Das letzte Rezept ist eine Kreation des deutschen Grill- und Barbecuemeisters Michael Hoffmann.

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