Gewinnspiel:Des Weihnachts­rätsels Lösung

Was ist violett und hat etwas Stinkendes über sich? Welche Sprache endet mit "x" und wäre 1974 beinahe ausgestorben? Zur Bescherung gab es wieder Fragen über Fragen. Hier kommen die Antworten.

Von Oliver Rezec

Ein untergegangenes Dorf, ein barbarisches Spiel unter Adligen des 18. Jahrhunderts, ein höchst ungewöhnliches Sudoku, ein Sternenhimmel mit codierter Botschaft: Das große SZ-Weihnachtsrätsel war wieder eine Arena für mehrere Denksportarten gleichzeitig. Zum Schluss gab es sogar noch etwas zu basteln, ein typografisches Vexierbild.

1. Der König mit dem Vogel

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(Foto: Alexandra Sharp/mauritius images)

Ein Herr mit Krone war da zu sehen, ein König wohl - aber warum war sein Schwert in Einzelteile zerborsten? Mit dem Finger deutete der Herr auf ein Teil, das normalerweise nicht zu sehen ist: die metallene Verlängerung der Klinge in den Griff hinein. Bei Schwertern und Messern bezeichnet man diesen Überstand als Erl oder Angel. Die Illustration stellte also rebusartig den "Erlkönig" dar, gesucht war ja "eine der bekanntesten Dichtungen deutscher Sprache". Bei Goethe reitet ein Vater "so spät durch Nacht und Wind", Generationen von Schulkindern mussten das auswendig lernen. Allerdings behauptete das Rätsel, dass "die eigentliche Handlung an einem Fluss" spiele - aber im "Erlkönig" wird kein Gewässer erwähnt. Oder doch? Was in der Schule nicht dazugesagt wurde: Ursprünglich war der "Erlkönig" kein einzeln stehendes Gedicht, sondern Teil eines kleinen Theaterstücks. "Die Fischerin" wurde 1782 vor Mitgliedern des Weimarer Hofes uraufgeführt, und zwar als Freilichttheater an einem Fluss, der nahegelegenen Ilm. Gleich zur Eröffnung des Stückes singt Dortchen, die Fischerstocher, das Lied vom Erlkönig. Gemessen am Gehalt der berühmt gewordenen Ballade ist die weitere Handlung eher anspruchslos: Verärgert über die späte Heimkehr des Vaters und des Bräutigams, will Dortchen den beiden einen Streich spielen und täuscht ihr Ertrinken vor. Als die Männer die Nachbarschaft zu Hilfe rufen, klärt Dortchen alles auf, Versöhnung, Ende. "Die Fischerin" ist heute nur noch versteckt in Goethe-Gesamtausgaben zu finden, oder online als Digitalisat alter Drucke.

Unter dem Erl-König zeigte das Rätsel sechs kleine Bildchen: einen Pfeil, einen Achat (also einen schichtweise in einem Hohlraum gewachsenen Edelstein), den Buchstaben Gamma, eine Sphinx, ein Büschel Gras und die Hülle eines Fünfpfennigstücks, bestehend aus Messing. Gefragt war nun ein Vogel, den man an diese sechs Begriffe "anhängen kann, sodass jeweils der Name eines anderen Tieres entsteht". Gemeint war die Eule, denn so heißt nicht nur der Nachtvogel: Die Eulenfalter sind die größte Familie der Schmetterlinge. Hierzulande sind mehr als 600 Arten heimisch, etwa die Goldeule, die Ypsiloneule, die Kahn-, Zimt-, Flechten-, Nelkeneule - und auch die sechs im Rätsel angedeuteten gibt es: Pfeileule, Achateule, Gammaeule, Sphinxeule, Graseule und Messingeule. Der gleichnamige Vogel fand sich zwar nicht im "Erlkönig", aber wiederum in der "Fischerin": Das Stück ist ein Singspiel, Goethe hat einige Volkslieder in die Handlung eingestreut, und zwar aus einer Liedersammlung, die sein Freund Johann Gottfried Herder zusammengetragen hatte. Der Schlussgesang beginnt mit den Versen: "Wer soll BRAUT seyn? / Eule soll Braut seyn! / Die Eule sprach zu ihnen / Hinwieder, den Beyden: / Ich bin ein sehr gräßlich Ding, / Kann nicht die Braut seyn, / Ich kann nicht die Braut seyn!"

Mit den Liedern übernahm Goethe übrigens auch einen Übersetzungsfehler von Herder: Dieser hatte eine dänische Dichtung ins Deutsche übertragen, das Lied vom "ellerkonge". Eigentlich bedeutet das "Elfenkönig", aber bei Herder wurde daraus der "Erlkönig" - mutmaßlich, weil "Eller" eine norddeutsche Bezeichnung für die Erle ist.

2. Das Buchstaben-Sudoku

Gewinnspiel: SZ-Grafik

SZ-Grafik

Auch wenn normalerweise die Ziffern 1 bis 9 drinstehen: Sudoku ist kein Zahlenspiel. Der Mechanismus beruht allein auf der geometrischen Anordnung der verschiedenen Zeichen. Man könnte Sudoku ebenso gut mit ägyptischen Hieroglyphen oder Farbfeldern spielen - oder mit Buchstaben, wie im Weihnachtsrätsel. Sieben davon waren bereits eingetragen, viel zu wenig, um das Sudoku zu lösen. Deshalb waren zusätzlich Pfeile und Hinweise auf weitere Begriffe vorgegeben, ähnlich wie bei einem Kreuzworträtsel.

"Das Unbeständige unter dem Violetten unter dem Stinkenden", lautete der erste Hinweis. Gemeint war das chemische Element Astat: Sein Name kommt von "astatos", dem altgriechischen Wort für "unbeständig", denn dieser radioaktive Stoff hält nur Sekunden, höchstens Stunden, ehe er in andere Elemente zerfällt. Im Periodensystem der Elemente findet man Astat direkt unter Iod, das violett dampft und deswegen "veilchenfarben", griechisch "io-eides" genannt wurde. Und Iod wiederum steht direkt unter Brom, vom griechischen Wort "bromos" für Gestank. Auf das geflügelte Wort, wonach Architektur "gefrorene" oder "erstarrte Musik" sei, bezog sich der Hinweis "Der zehn Bücher über erstarrte Musik verfasste": Gemeint war Vitruv, der altrömische Architekt und Militär-Ingenieur, der im 1. Jahrhundert vor Christus sein Werk "De architectura" verfasste. Die zehn Bände fächern das ganze Spektrum der damaligen Baukunst auf, von den Grundlagen bis hin zur Stadtplanung. Besonders in der Renaissance, anderthalb Jahrtausende nach Vitruvs Tod, wurden seine Schriften gelesen, als der antike Stil wieder in Mode kam.

"Der erste Erste, geboren am letzten Ersten" war Theodor Heuss: Er kam am 31. Januar 1884 zur Welt und wurde der erste Bundespräsident, also der erste "Erste Mann im Staat".

Zuletzt war ein Zahlwort gesucht, das aus vier Buchstaben besteht, dessen römische Schreibung aber nur zwei Buchstaben umfasst. Zwar gibt es mehrere solcher Kombinationen, nämlich "zwei" (II), "vier" (IV) und "neun" (IX). Aber in dieses Sudoku passten nur neun verschiedene Buchstaben, und die waren durch "Astat", "Vitruv" und "Heuss" bereits ausgeschöpft. Für Z wie "zwei" oder N wie "neun" wäre kein Platz mehr gewesen. Nur "vier" und IV ließen sich noch einbauen.

Somit waren genug Felder gefüllt, um das Sudoku eindeutig zu lösen, auf die übliche Weise. Am Ende buchstabierten die nummerierten Felder das Wort THESAURUS, eine Bezeichnung für ein umfassendes Nachschlagewerk oder Wörterbuch.

3. Die versteckte Göttin

Roman statue of Hecate. Marble. Perge. 2nd century AD. Inv no 2010/541. Antalya Archaeology Museum; Turkey. . . Hekate is a goddess in ancient Greek religion and mythology, most often shown holding a pair of torches or a key and in later periods depicted
(Foto: imago/Funkystock)

Eine Weihnachtslandschaft, darüber ein Sternenhimmel - und dazu die Frage, welche Göttin sich hier verberge. Der einzige Hinweis lautete: "Dass ihr auch nicht eines fehlet". Es war eine Anspielung auf das Volkslied "Weißt du, wie viel Sternlein stehen?", in dessen erster Strophe es heißt: "Gott der Herr hat sie gezählet, dass ihm auch nicht eines fehlet an der ganzen großen Zahl." Ebendies musste man tun, um die gesuchte Göttin zu finden: Sterne zählen. Dabei kam es nicht auf ihre Anordnung oder Größe an - sondern auf die Anzahl ihrer Strahlen. Von vierzackigen bis hin zu neunzackigen Sternen war jede Form vertreten, aber nicht jede gleich oft. Nach Strahlenzahl sortiert, ergab sich folgende Häufigkeitsverteilung:

Übersetzte man nun die Anzahl jedes Sterntyps in einen Buchstaben, und zwar nach dem bewährten Schema von 1=A bis 26=Z, dann gab sich HEKATE zu erkennen. In der griechischen Antike war sie - je nach Epoche und Quelle - eine Göttin der Nacht, Herrin über Spuk und Zauberei oder Mittlerin zwischen Diesseits und Jenseits.

4. Der Tropfen mit Schlitz

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(Foto: Willy Deganello/mauritius images)

Ob mit Plätzchenteig in echt oder mit gutem Vorstellungsvermögen bloß im Kopf: Wer die Bastelanleitung des Rätsels nachvollzog, hatte am Ende eine Schachfigur vor sich. Ein Tropfen, darin schräg ein Schlitz, das Ganze auf einer kleinen Säule: So sieht der LÄUFER aus. Die beschriebene Form ist die wohl häufigste aus einem ganzen Spektrum von Varianten: Bei manchen Herstellern streckt sich der Tropfen des Läufers eher zwiebelturmartig, bei anderen ist er kuppelartig gewölbt, manchmal sitzt die Kerbe senkrecht statt schräg, ist geschwungen statt gerade - aber allen ist gemeinsam, dass es diesen Schlitz überhaupt gibt.

Die gespaltene Haube soll eine Mitra darstellen, die rituelle Kopfbedeckung der Bischöfe. Im Englischen wird diese Schachfigur nämlich als "bishop" gesehen - und in England entstand die heute übliche Form der Schachfiguren: 1849 brachten der Verleger Nathaniel Cooke und der Spielwarenhersteller John Jaques das Figurenset auf den Markt, das heute weltweit verbreitet ist: der König mit dem Kreuz obenauf, die Dame mit der Krone, der Läufer mit Mitra, und so weiter.

2136 Einsendungen

Die meisten richtigen Antworten erreichten uns zum Läufer beim Schach und zum Fuchsprellen bei Hofe. Die härtesten Nüsse waren hingegen die in den Sternen versteckte Göttin Hekate und der Beckenschag in "Der Mann, der zu viel wusste". Wir sagen Danke schön für insgesamt 2136 Einsendungen.

In den Jahrhunderten davor war die Gestaltung so frei, dass man einige historische Schachfiguren nicht ohne Weiteres als solche erkennen würde. Die Beteiligten des Kampfgetümmels hatten je nach Region ganz verschiedene Identitäten: Was bei uns der Läufer ist, heißt etwa in Spanien "alfil", vom arabischen "al fil", der Elefant - tatsächlich wurde die Figur ursprünglich in der Form eines Kriegselefanten geschnitzt. In Italien wiederum heißt diese Figur "alfiere", was einen Fahnenträger bezeichnet. Der polnische "goniec" ist ein Bote, der französische "fou" meint einen Narren oder Verrückten. In den Namen hat sich die Vielgestaltigkeit erhalten, in der sichtbaren Form hat sich jedoch die stilisierte Bischofsmütze durchgesetzt.

5. Das Dorf unter Wasser

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(Foto: Laurent Davoust/PantherMedia)

Eine Sprache, deren Name auf "x" endet? Die im Rätsel umrissene Insel war die Isle of Man, zwischen Großbritannien und Irland gelegen. Die rund 85 000 Menschen hier sprechen zwar Englisch, aber ein- bis zweitausend beherrschen auch noch Manx, die alte keltische Inselsprache. Seit hier 1974 ein Fischer namens Ned Maddrell starb, wurde Manx oft als ausgestorben bezeichnet, denn er galt als letzter Mensch, der die Sprache noch als Kind gelernt hatte. Aber ganz fort war sie wohl nie: Es lebten weiterhin Leute, die Manx immerhin als Erwachsene erlernt hatten. Inzwischen wird die Inselsprache auch wieder an Schulen unterrichtet.

Zwanzig Jahre vor dem Tod des Fischers Maddrell sei "nahe der deutschen Grenze" ein Weiler im Wasser versunken, fuhr das Rätsel fort - also 1954. Unsere Landkarte zeigte den Zustand unmittelbar davor: Noch mäanderte der Lech bei Füssen durch eine weite Ebene, vorbei an einem Weiler namens Forggen. Dann wurde die eingezeichnete Staustufe geschlossen, erstmals füllte sich der Forggensee und verschlang das namensgebende Örtchen sowie zwei weitere. 256 Einwohner mussten ihre Häuser aufgeben. Bis heute kommen einige der Grundmauern immer wieder ans Tageslicht, wenn der See jährlich abgelassen wird. Zum Dritten zeigte das Rätsel den Ausschnitt einer Insel, mit einer markanten Landzunge im Norden sowie einem Dreieck, das wohl einen markanten Berg symbolisieren sollte: Dargestellt war die nordöstliche Spitze Siziliens mit dem Capo Milazzo und dem Ätna.

Gefragt war nach der Gemeinsamkeit zwischen diesen drei Orten - der Isle of Man, Füssen und Sizilien. Zu entdecken ist sie auf ihren Wappen und Flaggen: Sie alle zeigen drei reihum laufende Beine (hier links die Flagge der Isle of Man). Die Heraldik nennt so eine Formation TRISKELE, griechisch für "Dreischenkel". Im weiteren Sinne umfasst dieser Begriff alle möglichen zum Dreieck angeordneten Symbole: drei Spiralen, drei Schwerter, drei an den Ohren zusammenhängende Hasen. Im engeren Sinne meint er drei solche Beine. Dieser Spezialfall wird im Deutschen, recht naheliegend, auch als "Dreibein" bezeichnet.

Natürlich lassen sich für zwei Inseln und eine Stadt noch viele weitere, weniger spezifische Gemeinsamkeiten finden. Daher präzisierte der Rätseltext, die hier gesuchte sorge "nach einer Umstellung für Zusammenhalt": Die Buchstaben von "Triskele" ergeben neu geordnet das Wort "Kleister". Das "Dreibein" ließ sich zwar später nicht ins Lösungspuzzle einbauen, war hier aber ebenfalls eine gültige Antwort, denn seine Buchstaben ergeben umgestellt die "Binderei".

6. Die tödliche Note

THE MAN WHO KNEW TOO MUCH, (aka L HOMME QUI EN SAVAIT TROP), l-r: James Stewart, Doris Day on Belgian poster art, 1956 C
(Foto: imago images/Everett Collection)

Sie war so dick gemalt, über mehrere Notenlinien hinweg, als komme es gar nicht auf die genaue Tonhöhe an. Hauptsache, sehr plötzlich und sehr laut, so verlangte es die Angabe "sff", also "subito fortissimo". Und diese merkwürdige Note sei die einzige, die das betreffende Instrument im Verlauf des Konzerts überhaupt spiele, hieß es im Rätsel.

Es war ein Beckenschlag, und zwar der vielleicht bekannteste der Filmgeschichte: Er bildet den Höhepunkt der dramatischen Kantate "Storm Clouds" von Arthur Benjamin, komponiert für Alfred Hitchcocks Thriller "Der Mann, der zu viel wusste". Eigentlich läuft die ganze Handlung auf diese eine Note zu: Während eines Konzerts in der Royal Albert Hall zu London soll ein Premierminister in der Ehrenloge erschossen werden - genau dann, wenn der Beckenschlag den Schuss übertönt.

Im Film von 1956 ist für wenige Sekunden das Notenblatt des Beckenspielers zu sehen: eine Doppelseite mit nichts als Pausen, nur in der letzten Zeile ist der Beckenschlag notiert. Direkt über der Note steht "CYMBALS", das englische Wort für die Becken - ziemlich unnötig, denn der Musiker weiß ja, welches Instrument er spielt. Auch in weiteren Details passt das Notenblatt nicht präzise zum aufgeführten Stück, aber es soll ohnehin nur den Spannungsbogen verbildlichen: In der acht Minuten langen Szene hört man kein gesprochenes Wort, sondern verfolgt das Orchesterstück, dessen tödlicher Beckenschlag mit jedem Takt näherrückt, während James Stewart versucht, zum Attentäter vorzudringen, und eine verzweifelte Doris Day tatenlos zusehen muss. Ihr Schrei im letzten Moment lenkt den Schützen ab, der Premierminister wird nur am Arm verletzt.

"Der Mann, der zu viel wusste" gehörte zu jenen fünf Filmen, für die Hitchcock sich ausbedungen hatte, dass die Aufführungsrechte nach einigen Jahre an ihn zurückfallen. Und er nutzte das konsequent: Anfang der Siebzigerjahre ließ er die Filme ganz aus der Öffentlichkeit verschwinden und hielt sie, so wurde berichtet, als finanzielle Sicherheit zurück, ob nun fürs Alter oder die Erben. Bis zu Hitchcocks Tod (und selbst danach) konnte man etwa "Das Fenster zum Hof" oder "Vertigo" nur in konspirativen Aufführungen kleiner Untergrundkinos oder in Privataufführungen sehen. Erst 1984 kamen die Filme wieder ganz legal in die deutschen Kinos.

7. Die Schleuderei bei Hofe

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Angeblich machten sich Jugendliche schon im antiken Rom einen Spaß daraus, unbescholtene Passanten auf einem ausgebreiteten Mantel zu "prellen": So nennt man es, wenn jemand auf einem straff gezogenen Tuch in die Luft geschleudert wird, wieder und wieder. Durch die Jahrhunderte begegnet man diesem Treiben immer wieder: In Cervantes' "Don Quijote" etwa wird Sancho Pansa auf einer Bettdecke geprellt, weil er die Herbergsrechnung seines Herrn nicht bezahlen kann. Im deutschsprachigen Raum gab es diese Form von Volksjustiz ebenfalls, mitunter war das Prellen auch ein Aufnahmeritual für Handwerksgesellen.

Die adligen Herren im Weihnachtsrätsel schleuderten allerdings keine Menschen in die Luft: Der gezeigte Zeitvertreib bei Hofe war das FUCHSPRELLEN. Die Tiere wurden dafür in großer Zahl eingefangen und dann auf einem eingezäunten Spielfeld freigelassen. So schilderte es der kursächsische Oberforstmeister Hanns Friedrich von Fleming in seinem Buch "Der Vollkommene Teutsche Jäger" von 1724, aus dem auch die Abbildung im Rätsel stammte: Die "Cavalliers und Dames" standen einander am Prellnetz gegenüber und belustigten sich über die desorientierten Fluchtversuche der herumgeschleuderten Füchse. Der Autor empfahl, den Schlossplatz zuvor mit Sand aufzuschütten, "denn sonst würde die Lust bald zum Ende gehen, wenn die armen Thiergen in dem Herunterfallen den Kopff auf die Steine schlügen, oder den Rückgrad und das Creutz, oder die Läuffte zerbrächen".

Ein Jahrhundert später ging diese Tierquälerei in den studentischen Sprachgebrauch ein, wo der "Fuchs" schon ein Begriff für die Neuen, die Erstsemester war. Der Unsitte der Älteren, sie um Geld anzupumpen, aber nie zurückzuzahlen, wurde scherzhaft "Füchse prellen" genannt. So bekam das Wort "prellen" die Zusatzbedeutung, jemanden um sein Verdientes zu bringen, etwa in Form von Zechprellerei.

Der "Vollkommene Teutsche Jäger" beschließt das Kapitel übrigens mit der Schilderung, dass man zum großen Finale mitunter noch Wildsauen aufs Spielfeld geschickt habe, "und die machen dann bey den Dames unter den Reif-Röcken einen solchen Rumor, daß nicht zu beschreiben".

... und das Lösungspuzzle

Hatte man alle sieben Antworten gefunden, so konnte man mit ihrer Hilfe das abschließende Puzzle zusammensetzen. Vierzehn Teile lagen bereit, mehr als benötigt, daneben eine Spielfläche mit sieben vorgezeichneten Punkten. Alle Puzzleteile und Zielpunkte waren mit Buchstaben versehen. In jeder Rätselantwort waren zwei Buchstaben entsprechend markiert: Einer benannte das Puzzleteil, der andere verriet, an welche Stelle es gehörte.

Wer die sieben Formen so anordnete, konnte allerdings in Zweifel geraten, ob das alles stimmte: Die Teile berührten einander ja gar nicht, sie schienen wahllos herumzuliegen. Musste man sie noch irgendwie drehen? Oder waren womöglich Antworten falsch?

Die Lösung konnte nur finden, wer so gelassen blieb, die sieben Puzzleteile einfach so liegen zu lassen. Es half auch, zwei, drei Schritte zurücktreten, vielleicht die Augen etwas zuzukneifen - plötzlich wurde das Unsichtbare sichtbar: das Schriftzeichen "&". Die Puzzleteile formten nicht das Zeichen selbst, sondern seinen Schatten (genauer gesagt: die schwarze Seitenfläche eines plastischen &-Zeichens).

In alten Handschriften lässt sich nachverfolgen, wie die Form & entstanden ist, nämlich aus dem lateinischen Wort für "und", es lautet "et". Die beiden Buchstaben wurden im Lauf der Jahrhunderte immer enger verbunden und verschlungen, bis sie schließlich zur Form & verschmolzen. Das Zeichen trägt allerhand Namen: Und-Zeichen, Et, Kaufmännisches Und, Ampersand ... Sie alle und noch einige weitere galten als richtige Lösungen des großen Weihnachtsrätsels. Und ein bloßes & sowieso.

Sind noch Fragen offen? Was hat Ihnen gefallen, was sollen wir nächstes Mal verbessern? Wir freuen uns auf Ihre Mail an nussknacker@sueddeutsche.de

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