Süddeutsche Zeitung

"Vogue"-Magazine:Theresa May braucht keine Küchenhilfe

Schließlich koche ihr Mann ein "sehr gutes Pilzrisotto", sagte die britische Premierministerin der "Vogue". Ausgerechnet die italienische Königsdisziplin. Da sage noch einer, Essen sei nicht politisch!

Von Marten Rolff

Heute gibt es Pilzrisotto. Und die freundliche Anregung dazu kommt von Theresa May. Die britische Premierministerin hat sich soeben für die US-Vogue ablichten lassen; jedes Pixel des Annie-Leibovitz-Fotos atmet diese überzeugende Mischung aus Kompetenz und Augenmaß, aus Gediegen- und Bescheidenheit, mit der sich politische Härten am schmackhaftesten servieren lassen.

Zum fichtennadelgrünen Vintage-Sofa trägt May ein elegantes, aber schlichtes und bezahlbares Kleid (LK Bennett, 260 Euro) in Marineblau. Im Kommentar dazu erklärt die mit Privatheit sonst geizige Regierungschefin, dass zu Hause kein Dienstbote, sondern ihr Mann alles im Griff habe, der sich auf "sehr gutes Pilzrisotto" verstehe. Da sage noch mal einer, Essen sei unpolitisch! Bei Risotto geht es ja um einen (vermeintlich) so schlichten wie konsensfähigen Traditionsteller, auf den sich spätestens seit Jamie Oliver ("ordentlich Butter rein!") so gut wie jeder einigen kann - günstig, nahrhaft, ein wenig weltläufig, aber längst eingemeindet.

Dazu gilt Risotto unter Norditalienern nicht ohne Grund als Königsdisziplin, Kochbuchlegenden wie Marcella Hazan widmen allein der Reiswahl mehrere Seiten. Denn nichts zeugt so von Kompetenz am Herd wie "sehr gutes Risotto". Zur geschmacklichen Vollendung, zur richtigen Konsistenz aus cremig und bissfest gelangt nur, wer sich auf subtile Aromenkonzentration versteht - durch einen endlosen Prozess aus Aufgießen, Rühren, Verdampfen und wieder Aufgießen. Ein Gericht, das auf Handwerk und Wissen fußt. Und das auch so gut zu Mays perfekt austariertem Vogue-Porträt passt, weil es Bescheidenheit, meditative Geduld, Disziplin und Trost symbolisiert wie kein anderes. Von all dem werden die Brexit-Briten noch einiges brauchen.

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Quelle:
SZ vom 25.03.2017/vbol
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