Geschmackssache:Pasta-Ersatz

Pasta aus getrockneten Hülsenfrüchten ist ein Affront gegen die Nudelkunst Italiens und kann auch geschmacklich nicht überzeugen.

Von Marten Rolff

Der Italiener wird bei uns nimmermüde als Ikone der Lässigkeit weichgezeichnet. Um das Bild ins Wanken zu bringen, reicht es, sich jenseits der Alpen über Pasta zu unterhalten. Bei diesem Thema neigen Italiener zu einer Grundsätzlichkeit ("Linguine zu Fleischsoße? Auf keinen Fall!"), als fußte die Nudeltradition auf dem Beamtenrecht des kaiserlichen Preußen. Oft klingt das hysterisch, am Ende aber wird man auch dem letzten Rigatoni-Rigoristen recht geben müssen. Denn angesichts der dubiosen Produkte, die sich neuerdings im Supermarktregal als Pasta ausgeben, kann die Diskussion nicht grundsätzlich genug werden. Gemeint sind die kohlenhydratarmen Ersatznudeln aus dem Mehl getrockneter Hülsenfrüchte wie Kichererbsen oder rote Linsen (gern mit Chiasamen gemischt). In kulinarisch getarnten Gesundheitsblogs werden sie gefeiert (schnell, eiweißreich und glutenfrei!). Nachteil: Bei Kontakt mit heißem Wasser wird das Mehl getrockneter Hülsenfrüchte (so wie Vollkorndinkel übrigens) umstandslos labberig und geht mit jeder Soße eine unschöne Allianz der Pampigkeit ein. Nudeln aus Hartweizengrieß indes gelatinieren sanft in Schichten, sie sind weich und hart zugleich und geben - richtig zubereitet - einem Pastagericht erst Struktur. In Sachen angenehmes Mundgefühl und Textur von Produkten aber ist der Mensch erstaunlich festgelegt; das lässt sich auch nicht durch das Hurra der Carbophobiker wegdiskutieren. Nicht umsonst gibt es Nudelprofessuren in Italien, verbessert man dort seit Jahrhunderten Trocknungsmethoden oder die Kombination von Soßen- und Pastasorten. Diese Kunst mit Kichererbsenmatsch zu vergleichen, ist in etwa so respektvoll, wie Sophia Loren zu einer Misswahl in den Europapark Rust zu schicken.

© SZ vom 17.06.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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