Süddeutsche Zeitung

Geschmackssache:Koriander

Über die exzessive Koriander-Begeisterung der Europäer schütteln manche Köche in Asien den Kopf. Warum müssen Weltbürger immer so übertreiben? Wer nicht genug von dem Kraut kriegen kann, soll lieber Pesto draus machen.

Von Marten Rolff

Woran erkennt man, dass ein indisches Essen von einem Europäer zubereitet wurde? Diese Frage stellen manche indische Köche, um sich über die naive kulinarische Asienseligkeit des Westens lustig zu machen. Die Antwort: Am Teppich aus Korianderblättern, der die handwerklichen Schnitzer, alle geschmacklichen und optischen Mängel des Gerichts verlässlich zudeckt. Tja, das hat man nun von seinem Kosmopolitismus. Ganz unrecht haben diese Köche natürlich nicht, wenn sie finden, dass die Europäer übertreiben. Zwar ist Koriander im Mittelmeerraum seit Tausenden, in Nordeuropa immerhin seit Hunderten Jahren bekannt, doch nutzte man vielerorts eher seine gemahlene Saat als Gewürz. Das Korianderkraut, das erst mit dem Siegeszug der Thai- und Vietnamküche in den 90er-Jahren auch bei uns populärer wurde, ist da etwas völlig anderes: Seine bittersüße Schärfe, seine intensive Erdigkeit polarisieren bei Tisch enorm, die einen verweigern sich völlig, andere tun seit Jahren so, als wäre es das einzige verfügbare Gewürz überhaupt. Die beste Saison beginnt jetzt, wo die Salate auf den Märkten interessant werden. Darin macht sich das Kraut, dessen Aroma nicht sehr hitzebeständig ist, als - sparsam dosierte - Beigabe gut, etwa in Kombination mit etwas Tahini in der Vinaigrette. Wer sich indes gern die totale Koriander-Kante gibt, der sollte einer Empfehlung von Niki Segnit folgen: In einem Pesto Pinienkerne und Basilikum durch Erdnüsse und Koriander ersetzen und das Ganze mit gekochten Eiernudeln, einem TL Erdnussöl, einem Spritzer Fischsoße und etwas Chili mischen. Am Ende mit gehackten Nüssen und reichlich Koriander garnieren. Wenn das die indischen Köche wüssten!

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Quelle:
SZ vom 30.04.2016
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