Geschmackssache:All you can eat

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(Foto: imago)

Viele Lokale, die Buffets anbieten, fordern von Gästen jetzt Strafzahlungen für Reste auf den Tellern. Was wie eine moderne Geste der Nachhaltigkeit wirkt, ist ziemlich verlogen. Warum schafft man nicht lieber die Völlerei ab?

Vielen mag das heute undenkbar erscheinen, doch ist das Buffet nicht erfunden worden, um besinnungslos darüber herzufallen; um Speisen auf Tellern zu stapeln, als gelte es, eine Großfamilie durch den Polarwinter zu bringen. Eher schon ist es ein Kind gesellschaftlicher Zwänge, auch ersonnen, damit herrschaftliche Küchen Überraschungsgäste leidlich unkompliziert, aber ohne Gesichtsverlust durchfüttern konnten. Napoleon, dem förmliche Tafeln ein Gräuel waren, soll das Buffet gefördert haben. Und lange wurde es vor allem dort aufgetischt, wo es um praktisches Speisen ging. Zum vielkopierten Geschäftsmodell, zur größten Preis-Leistungs-Orgie der modernen Gastronomie, wurde es erst im maßlosen Amerika der 80er-Jahre. Bis heute hat das Prinzip "All you can eat" im kulinarisch besonders preissensiblen Deutschland einige seiner treusten Esser. Nun ist das Modell, für möglichst wenig Geld möglichst viel in sich reinzuschaufeln, im Zeitalter von Ressourcenknappheit und optimierten Körpersilhouetten recht anachronistisch geworden. Das haben auch viele Gastronomen bemerkt, die ihre Buffet-Gäste nun immer öfter erziehen wollen. So wächst die Zahl der All-you-can-eat-Lokale, die Strafzahlungen für nicht verzehrte Reste auf den Tellern erheben, offiziell, um der Wegwerfkultur zu begegnen. Was löblich klingt, ist natürlich auch verlogen. Das ist ungefähr so, als würden SUV-Hersteller Strafzulage auf allzu fette Straßenkreuzer erheben. Wie wäre es denn stattdessen mal mit einem anderen Geschäftsmodell? Das Buffet kann ja gern bleiben. Aber eben dort, wo es praktisch (und gut) ist. Nicht als Event der Schleuderpreis-Völlerei.

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