Garagentor-Gestaltung:Garagentor zum Paradies

Garagentor-Gestaltung: Highway zwischen Winterreifen und Biotonne: Vorsicht, nicht durchfahren!

Highway zwischen Winterreifen und Biotonne: Vorsicht, nicht durchfahren!

(Foto: style-your-garage.com)

Die Garage ist mehr als ein schlichter Zweckbau - dank moderner 3D-Folien können die Abstellräume zum Hort von Abenteuern und Lebensträumen werden.

Von Gerhard Matzig

Links: eine geschlossene Garage. Rechts befindet sich auch eine geschlossene Garage. Links ist es, na ja, eine verdammte Garage eben, also das, was die Baumafia "wartungsarm" nennt. Und rechts ist es: ja was - das Leben? Ein Versprechen? Der lange Weg dorthin? Bleiben wir vielleicht erst mal auf der sicheren, möglicherweise auch grausamen Seite des Alltags. Halten wir uns links.

Wenn das Schwingtor dann noch aus verzinktem Stahl besteht, pulvergrundbeschichtet ist und der Garagen- und Stellplatzverordnung (GaStellV) entspricht: Man könnte ja fast von Glück reden. Jedenfalls dann, wenn ein pulvergrundbeschichtetes Leben, das vor allem wartungsarm sein soll, etwas Erstrebenswertes wäre - und nicht etwas so unendlich Trauriges an sich hätte. Manchmal reicht der Anblick einer deutschen Garage, um sofort aufheulend das Land verlassen zu wollen.

Die Perfidie der Schwingtorverschlossenheit liegt darin: Was sich dahinter als Sehnsuchtsort verbergen könnte, ist weggesperrt. Wegen der Marder. Oder weil die Versicherung das so will. Oder einfach deshalb, weil ein deutsches Leben inmitten einer deutschen Doppelhausgegend ohne ein hübsches Wohnzimmer für jenes Familienmitglied, das oft am meisten geliebt wird, das Auto, einfach undenkbar ist.

Es gibt Garagen, in Stuttgart zum Beispiel, die sind tapeziert. Das ist schön, wenn auch auf bedenkliche Weise.

Oder toppt der Blick in die Garage letztlich doch den Blick auf die Garage? Auch das: bedenklich. Denn dann sieht man direkt in den Dieselgate-Auspuff eines VW Jetta und auf ein Sortiment Winterreifen, die sich an der Wand unter dem Sortiment biografisch verblasster Nummernschilder von KI-EL 8746 bis PA-PA 3723 befinden. In diesem Fall wäre einem das Geheimnis einer verschlossenen Garage fast lieber: Was könnte sich nicht alles hinter dem Schwingtor befinden.

Hinter der Garage ist Platz für Träume

Dem Bonmot des amerikanischen Schriftstellers Raymond Chandler zufolge ist es ein Mann. Laut Chandler bleibt einem Mann nach zwanzig Jahren Ehe nämlich nur noch "das Leben in der Garage". Man stellt sich vor, wie sich langsam das Garagentor öffnet, um den Blick auf einen traurigen Ehemann freizugeben, der in die langjährige Betrachtung seines "garagengepflegten" Autos versunken ist. Garagengepflegt: das ist vielleicht ohnehin die deutsche Leitkultur schlechthin.

Hinter dem verzinkten Stahl könnte aber auch ein Start-up zu vermuten sein, das etwas herstellt, was irgendwie sehr groß und sehr toll ist. Wie einst die digitale Zukunft, die dem Vernehmen nach entweder vom jungen Bill Gates, vom jungen Paul Allen, vom jungen Steve Wozniak oder vom jungen Steve Jobs in einer Garage im Silicon Valley erfunden wurde. Die von Steve Jobs steht unter Denkmalschutz. Die mit dem Jetta eher nicht.

Eine Klebefolie als Lösung

Garagentor-Gestaltung: Beliebtestes Motiv unter den Garagenbildern: eine Harley Davidson.

Beliebtestes Motiv unter den Garagenbildern: eine Harley Davidson.

(Foto: style-your-garage.com)

Das Problem mit der Garage besteht darin, dass sie - wenn nicht gerade die Welt darin verändert oder wenigstens eine Garagenparty gefeiert wird - in geöffnetem Zustand meist genauso erschütternd ist wie im geschlossenen. Maximal die Marder sind an der Differenz dieser beiden Positionen interessiert, die beide unter ästhetischen Aspekten aber zu vernachlässigen sind.

Einen Ausweg aus diesem Dilemma kennt zum Beispiel der Onlineshop Style-your-garage.com. Diese Firma bietet ihren Kunden eine Auswahl von 350, hm, interessanten Motiven an, die der Garage jedenfalls im verschlossenen Zustand, den Fototapeten von früher insofern nicht unähnlich, "zu einem neuen Look" verhelfen.

Unser Bild oben zeigt das Motiv "Highway". Es befindet sich im Style-your-garage-Ranking auf Platz 10. Der erste Platz gebührt der Imagination, wonach in der Garage eine Harley Davidson stehe. Sehr schön: Man klebt sich ein passgenaues, verblüffend dreidimensionales Poster an das Garagentor - und schon ist aus dem betrübten Jetta-Fahrer, der am Samstag zum Baumarkt und danach den Rasen mähen muss, ein Road-King-Fahrer geworden, für den das Leben ein grandioses Roadmovie ist.

Natürlich ist das Schwindel. Fake. Bluff. Aber man kann das Motiv dahinter ganz gut verstehen. Was für die Motive der Garagenverhübscher nicht immer gilt. Die Garagenposter, die einem vorgaukeln, man stehe gar nicht vor einer verregneten Doppelhaushälfte in Dings, sondern vor einem sonnenbeschienenen Herrensitz in der Toskana: Sie machen sich aber so oder so breit auf unseren Straßen und verändern das Stadtbild. Nicht immer zum Schlechten - bisweilen aber zum Grotesken. Zu sehen sind Pferdeboxen etwa dort, wo eigentlich nur ein paar automobile PS herumgammeln. Zu sehen ist auch der tiefe Blick in einen prachtvoll bestückten Weinkeller dort, wo eigentlich nur der verstaubte Weißbierkasten verendet.

Die Idee ist alt: Lüftlmalerei

Übrigens befinden sich die Klebefolien- oder (seltener) Airbrush-Lügen, die mal professioneller, mal weniger professionell ausfallen, in bester Gesellschaft. Die illusionistische Malerei, die an der zweidimensionalen Wand eine dreidimensionale Tiefenwirkung mithilfe perspektivischer Kniffe erzeugt, kennt man schon aus Pompeji. In der Renaissance wurde in Wohnräumen oft der Ausblick auf eine arkadische Landschaft auch dort erzeugt, wo er eigentlich nicht gegeben war. Trompe-l'Œil (frz: "täusche das Auge") nennt sich die Malkunst, der wir hier in Bayern auch eine volkstümliche Variante zu verdanken haben: die Lüftlmalerei.

Die Kunst der Kunst bestand ja immer schon darin, einen mit der Realität zu versöhnen. Wenn man sich das Leben weder wartungsarm noch garagengepflegt wünscht, dann könnte der Highway, der direkt zwischen Winterreifen und Biotonne hindurch nach Kentucky oder Tennessee führt, zumindest kurzfristig eine Fluchtmöglichkeit bieten. Man kann kurz mental die Harley nehmen, sie aufheulen lassen, um blubbernd die nächste Bourbon-Destillerie anzusteuern. Nie wird man zurückkehren in das Land der Garagen- und Stellplatzverordnung. Nie.

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