Frisurentrend:Der Wischmopp-Kopf ist wieder da

Frisurentrend: Botschafterin der "new waves": das argentinische Model Mica Arganaraz.

Botschafterin der "new waves": das argentinische Model Mica Arganaraz.

(Foto: AFP)

Die Dauerwelle ist zurück! Zum Glück in etwas abgemildeter Form. Für Frauen als "beach waves", für Männer in der umgedrehten Rudi-Völler-Version.

Von Beate Wild

Dauerwelle ist ein altbackenes Wort, und wie das so ist in einer Konsumgesellschaft, hat man sich ein paar andere Worte ausgedacht; "beach waves", Strandwellen. Oder "new waves", "digital perm", "think curl" oder "chemical waves". Alles englische Ausdrücke, Beauty-Sprech, der in Wirklichkeit nichts anderes meint als: die Dauerwelle. Bei Models wie die Argentinierin Mica Argañaraz und in der Werbung ist der neue-alte Look schon quasi längst wieder da. Charlotte Gainsbourg lief im Mai mit Strandmähne über den roten Teppich in Cannes. Und die Schauspielerin Emma Stone postete ein Foto von sich mit Lockenwicklern. Glaubt man Modezeitschriften, glaubt man Instagram, und glaubt man den Haartollen in deutschen Innenstädten, ist die Dauerwelle wieder da. So was von da.

Bei Kindern der Achtziger tauchen hier sofort einschlägige Bilder vor dem inneren Auge auf. Etwa von Jennifer Grey, wie sie in "Dirty Dancing" Patrick Swayze antanzt, mit Unschuldsgesicht und gelocktem Stufenschnitt. Oder Meg Ryan, die den Mann in "Harry & Sally" nicht nur, wie oft geglaubt, mit einem gespielten Orgasmus im Restaurant erobert, sondern wahrscheinlich auch mit ihrer veritablen Dauerwelle.

Sarkisian

Die US-amerikanische Sängerin Cher im Jahr 1989: In den Achtzigerjahren trug man noch kleine Locken als Dauerwelle.

(Foto: AP)

Und dann war da noch Cher, klar. Die Haarpracht so groß wie die Stimme. Und auch "Sex in the City"-Stilikone Sarah Jessica Parker hatte mal eine, na ja, Frisur kann man das fast nicht nennen, eher einen blondierten Wischmopp auf dem Kopf. Aber so ist das ja mit vielen Dingen. Was früher mal sehr angesagt war, gilt heute als Geschmacksverirrung, für die man sich nachhaltig schämt; ein Perpetuum mobile von gut-schlechtem Geschmack, von Mode-Erscheinungen. Man selbst versteckt ja auch das Teenagerfoto mit der besten Freundin, weil die Haarkrause damals so schlimm aussah.

Bewegung ins Haar

Umso verwunderlicher ist das Comeback derjenigen Frisur, die dem Kopf manchmal mehr Größe verlieh, als unbedingt angebracht. Aber ganz genau wie früher soll es heute natürlich auch nicht sein; in der Instagram-Ära, in der alles, was das Gesicht einrahmt, Ohrringe, Haarschmuck, Haare, wieder sehr wichtig ist.

"Heute trägt man keine Mini-Löckchen mehr auf dem Haupt, sondern große Locken, eher Wellen eben", sagt Antonio Weinitschke. Der Hair-Stylist aus Aachen ist Art Director beim Zentralverband des Friseurhandwerks. "Es geht darum, Bewegung ins Haar zu bringen und mehr Volumen", erklärt er. Heute benutzt man mehr Pflegestoffe und größere Lockenwickler, aber der Prozess ist im Prinzip immer noch der gleiche: Die Haare auf Wickler aufdrehen und Chemie draufgeben.

Völler in Rom 1988

Volle Locke: Rudi Völler (links) im Jahr 1988. Damals war "vokuhila" in, heute ist "hikuvola" angesagt.

(Foto: dpa/dpaweb)

Strebt der Lockenträger also nach Patina, nach dem Hauch des vergangenen Jahrtausends? Will er Schönheit, die ironisch gebrochen ist? So ähnlich also wie der junge Städter, der allgemein als Hipster bezeichnet wird und sich wie sein Großvater kleidet: Hornbrille, Flanellhemd, dazu Vollbart? Zu befürchten ist wohl eher, dass der Lockenkopf ernst gemeint ist. So präsentieren sich Neu-Dauerwelleninhaber auf Instagram etwa unter dem Hashtag #notyourgrandmasperm (nicht die Dauerwelle deiner Oma).

Auch bei den Männern ist die Dauerwelle stark im Kommen, aber nicht als Auferstehung des Miniplis, wie ihn seinerzeit Rudi Völler trug. Im Gegenteil: kurzer Nacken und die Locken im langen Pony. Es sollen die "lässigen Naturlocken der Südländer" imitiert werden. Sagt Weinitschke. Den Damen rät er, die Welle auf keinen Fall mit einer Blondierung zu kombinieren. "Sieht sonst aus wie Sauerkraut, Sie kennen das ja von früher, furchtbar."

Trend aus den USA

Der Trend zur Locke kommt aus den USA. Seit einiger Zeit ist es bei Afro-Amerikanerinnen wieder in, die Haare natürlich zu tragen und sie nicht mehr zu glätten. Es ist die Rückkehr der Naturkrause, des sogenannten "Afro-Looks", und ist Teil einer Emanzipationsbewegung, mit der schwarze Frauen die Anpassung an die Schönheitsideale der Weißen ablehnen. Solange Knowles, die Schwester von Beyoncé, ist hier eine Vorreiterin. Es ist deshalb fast schon ironisch, dass jetzt ausgerechnet Frauen mit den glatten Haaren nun wieder anfangen, sich Locken zu wünschen.

Einen Vorteil hat die Dauerwelle noch: Mit den permanenten Locken gibt es eigentlich keinen Bad-Hair-Day mehr. "Durch die Dauerwelle werden die Frisuren pflegeleichter", sagt Weinitschke.

Als Zielgruppe für die neue Welle haben die Friseure im Übrigen die Jüngeren im Blick. Millennials, welche die Haarmode von damals nur aus Fotos und Filmen und irgendwelchen Netflix-Serien kennen und Lust zum Experimentieren haben. "Leute, die die Achtziger miterlebt haben, werden sich wahrscheinlich keine Dauerwelle mehr machen lassen", sagt Weinitschke. Denn sie wissen ja, wie das im Zweifelsfall aussehen kann.

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