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Foodblog Kochnische: Sommerdrinks:Hugo und seine Schwestern

Noch in oder schon out? Hugo muss in diesem Sommer womöglich um seinen Stammplatz im Straßencafé bangen. Barkeeper haben mit Inge und Helga zwei neue Varianten der Proseccoschorle kreiert. Eine Erfolgsprognose.

Von Christina Metallinos

Jeden Sommer aufs Neue fragen sich Barbetreiber und Straßencaféhocker, ob er denn noch in ist. Ob er noch schick genug ist. Er, diese Melange aus Prosecco, Holunderblütensirup, Minze und womöglich noch Limette, aufgesprudelt mit ein wenig Sodawasser. Der Hugo.

Er gilt als Nachfolger des in die Jahre gekommenen Aperol Spritz, der irgendwann selbst in der hinterletzten Eckkneipe auf der Karte zu finden war. Den der Discounter fertig vorgemischt als grellorangefarbene Brühe zum nächtlichen Trinken am Baggersee feilbot. Der sogar die Feuerwehrfeste der Provinz im Halbliterkrug eroberte. Schick ist der Spritz schon lange nicht mehr. Und so beschleicht Gastronomen wie In-Schlürfer langsam die Panik, dass den Hugo bald ein ähnliches Schicksal ereilen wird.

Noch in oder schon out?

Denn gerade im Nachtleben ist nicht nur in, wer drin ist - sondern auch, in wessen Glas das richtige Gebräu mit Anmut geschwenkt wird. Für Wirte war die Erfindung des Hugo etwas Wunderbares, denn seitdem kann man verdünnten Prosecco für den Preis eines Glases Weißwein verkaufen. Die paar verwelkten Minzblätter fallen da auch nicht mehr ins Gewicht, pardon, in die Gewinnspanne. Findige Barkeeper sorgen deshalb vor - nur für den Fall eines Imagetiefs - und stellen dem Hugo jetzt schon seine potenziellen Nachfolger zur Seite.

Gestatten: Helga, die Fruchtige

So zum Beispiel Helga. Die Erfinder der Helga hatten offenbar ein Faible für Hugos sympathisch-bekannten Retronamen und dachten sich, dass Vater Prosecco und Mutter Soda ihrem zweiten Kind wohl sicher einen ganz ähnlich klingenden Namen gegeben hätten. Die DNA von Hugo und Helga gleicht sich, ganz geschwisterlich, bis auf eine kleine Ausnahme. Nein, es geht nicht um das X-Chromosom. Helga erhält ihre Süße nicht von Holunderblütensirup, sondern von Himbeersirup, der den Drink rosa färbt. Die Herzen der Prinzessinnenfraktion dürfte Helga also im Sturm erobern.

Die Dritte im Bunde: Inge, die Herbe

Ganz anders dagegen Hugos zweite Schwester Inge. Sie ist blassgelb, ganz wie Bruder Hugo, kitzelt jedoch leicht herb am Gaumen des Genießers. Ingwersirup ist die Geheimzutat, die Inge zur Herben unter den Proseccogeschwistern macht. Die exotische Schärfe dürfte so manch süß Verwöhnten zusammenzucken lassen. Einen bitteren Nachgeschmack, der Inges Image schon jetzt sabotiert, gibt es jedoch. Denn Inge weckt unangenehme Erinnerungen an die Menschen, die Ingwer in den vergangenen Jahren zum Würzmittel Nummer Eins erkoren haben: die Fernsehköche der Nation.

Dabei kann der arme Hugo doch gar nichts dafür. Nach wie vor ist er beliebt, nach wie vor lecker und nach einem heißen Tag in der Stadt erfrischt er, wie es pappiger Himbeersirup und scharfer Ingwer kaum hinkriegen dürften. Womöglich wird der Hugo auch niemals aus der Mode geraten - oder die Barkeeper haben doch eine selbsterfüllende Prophezeiung heraufbeschworen, die darin münden wird, dass Hugo-Umsätze durch die plötzliche Konkurrenz Helga und Inge einbrechen. Auf die folgen dann hoffentlich so absurde Varianten wie Enzian-Heinz oder Trauben-Traudl. Aber wenn schon Prosecco mit Wasser und Sirup, dann bitte nur den einzig Wahren - es lebe der Hugo!

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