Ladies & Gentlemen:Hoch die Hände!

Jared Leto überzeugt mit delikater Spitze, Sienna Miller setzt auf den Hype um Opera Gloves. Die Handschuh-Mode dürfte uns dieses Jahr auch im Sommer beschäftigen

Von Max Scharnigg und Julia Werner

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Für sie: Diva-Diva-Du!

Tiktok ist bekanntlich die neue Straße, von der Trends auf den Laufsteg und die roten Teppiche schwappen. Weswegen Sienna Miller, ein Star aus vergangenen Zeiten, auf den BAFTA-Awards in London ellenbogenlange Handschuhe trug, so wie in den letzten Monaten unzählige Stars und Sternchen von Dua Lipa bis Beyoncé. Lange Handschuhe waren eigentlich seit den 60er-Jahren passé, man trug sie nur noch, wenn man sich für eine Motto-Party als sogenannte Diva verkleiden musste. Aber dann kam Covid-19 und mit ihm eine gewisse Virenphobie. Allein die Pandemie kann man für den unpraktischen Retro-Trend allerdings nicht verantwortlich machen, er wird zum Beispiel auch in der neuen Staffel der Serie "Euphoria" gezeigt. "Euphoria", das ist für die Generation Z das, was für Sienna Miller und uns einst "Beverly Hills 90210" war, aber mit Dick Pics und vielen Drogen. Und mit jeder Menge Y2K-Style. Der Anfang der Nullerjahre ist heute bekanntlich die beliebteste Mode-Ära der Jugend, die Frage lautet also, warum sie jetzt plötzlich auf Fashion-Portalen nach dem Begriff #operagloves sucht und es auf Tiktok mehr als eine halbe Million Aufrufe des Themas gibt. Denn der Handschuh ist in einer Welt, die aus Smartphones und Touch Screens aller Art besteht, ja eigentlich ein Hindernis. Vielleicht aber ist genau das der Grund, und die Sehnsucht nach Opera Gloves ist das allererste zarte Aufbäumen der Digitalsklaven. Vielleicht werden sie das erste Symbol für den Post Digital Chic. Vielleicht aber sehen sie, wie hier bei Sienna Miller, einfach nur gut aus.

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Für ihn: Wolpertinger-Wow

Jared Leto kommt zur Premiere des Marvel-Films "Morbius" nach Berlin, und die große Frage im Vorfeld ist: Geht er full commando, haut also wieder ein Outfit raus, bei dem die Geschlechterrollen Mambo tanzen und die Linsen der Fotografen beschlagen? Oder belässt er es bei einer Premiere im frühlingskahlen Germany doch eher bei Jeans und T-Shirt? Nun, das tat er nicht, sondern zeigte wieder im wahrsten Sinne des Wortes eine Spitzenleistung in Sachen Garderobe, bei der es gleich ein paar erstaunliche Erstaufführungen zu vermelden gab: Das schiere Polka-Dot-Lingerie-Top, zum Beispiel, an der Stelle, an der vorzeitliche Männer vielleicht ein Hemd getragen hätten. Die Idee, als Fassung für dieses delikate Oberteil dann noch eine Art Kummerbund aufzubieten, ist einigermaßen weit hergeholt, aber dennoch genial. Das sehr männliche Accessoire hat zwar unter einem Doppelreiher-Glencheck-Sakko klassischerweise wenig zu suchen, aber wer will dem fleischgewordenen Sohn Guccis derlei vorschreiben? Nein, die wichtigste Rolle des Schauspielers Leto ist es ja längst, ein Fashion-Wolpertinger im besten Sinne zu sein. Bei dem also aus den seltsamsten Zutaten immer wieder ein neues, possierliches Wesen entsteht, das in gemäßigten Kreisen aber durchaus als Bürgerschreck durchgeht. Anders gesagt: Er ist ein netter Extremist und modischer Erlkönig, dazu bestimmt, auszutesten, was alles möglich wäre. Dafür muss man schon dankbar sein. Wer hätte schon geahnt, dass perlenbesetzte, rote Tüllhandschuhe in Verbindung mit einem Vollbarthintergrund derart männlich wirken können?

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