Für sie: Dreiviertel Grazie
Die Capri-Hose ist zurück. Und nein, sie ist nicht nur ein verrückter Vorschlag vom von der Welt abgekoppelten Laufsteg, sie wird uns auch bei den bezahlbaren Modemarken angeboten. Das Model Bella Hadid trug neulich stolz ein Modell, das direkt unter dem Knie endete, gepaart mit Kitten Heels, und beschwor damit dunkle Zeiten herauf, in denen alle darüber lachten, dass alte weiße Männer mit einem Bier auf der Couch saßen und dem auftoupierten Putzpersonal bei der Arbeit zuschauten. Erinnert sich noch jemand an Peggy Bundy aus "Eine schrecklich nette Familie"?

Zugegeben: an Bella Hadid und auch an dieser hier zu sehenden Grazie auf dem Laufsteg von Ferragamo sieht die enge Dreiviertelhose super aus. Und schon befinden wir uns auf unsicherem Terrain, weil ja heute wegen Body Positivity alle alles tragen dürfen und sollen. Nur bitte nicht diese Hose. Sie ist ein Relikt aus den Sechzigerjahren, wiederauferstanden in den 90ern, und wer eins dieser beiden Jahrzehnte erlebt hat, weiß, wie sich Bodyshaming anfühlt. Genau aus diesem Grund disqualifiziert sich die Capri-Hose aber nun, im Jahr 2024, als neue Sommeruniform. Denn es ist wie es ist: nur Streichholzbeine überleben diesen Stunt. Alle mit anderen Beinen sehen darin aus, als hätten sie die schwitzigen Sportleggings nach dem Joggen angelassen und wären nur schnell in die Sandalen geschlüpft, um die Bierdosen des Ehemanns rauszubringen. Was kommt als Nächstes, fangen wir wieder mit dem Rauchen an? Also, die Damen, egal ob XS oder XL: einfach fröhlich in Shorts weitermachen.
Für ihn: Halbe Portion
Die hohe Mode hat im Schulterschluss mit der Generation Z dafür gesorgt, dass heute vieles öffentlich tragbar ist, was lange Zeit undenkbar war: Viel zu große Klamotten zum Beispiel, betont hässliches Schuhwerk oder auch Sachen, die ursprünglich nur für den häuslichen Gebrauch vorgesehen waren, wie etwa Crocs oder Schlafanzüge. Da fällt es kaum mehr ins Gewicht, dass die kurze Hose bei den Herren auf vielen Laufstegen gerade einen ebenbürtigen Platz neben den langen Hosen zugewiesen bekam, sie wurde auf den aktuellen Sommerschauen einfach zu Hemd oder Anzugjacke kombiniert.

Der hier gezeigte Look von Fendi ist vergleichsweise normal und casual und entspricht ja etwa dem Outfit, das Männer jeden Alters an einem Samstagnachmittag in Kalifornien und ähnlichen Teilen der Welt zwischen Grill und Garagenauffahrt tragen. Interessant ist halt, dass Fendi so was jetzt unterstützt. Vielleicht ist also tatsächlich eine Zeitenwende gekommen und ein Ende der ewigen Debatte um die ästhetische Gefahr, die von nackten Männerbeinen ausgeht. Vielleicht haben die Gym-Kultur, der Klimawandel und alle Adam-Sandler-Filme zusammen die kurze Hose durchgeboxt und das alte Gentleman-Getue ist nicht mehr zeitgemäß. Nur bitte, wenn noch irgendwas heilig ist - keine kurze Hose, wenn man sich damit überwiegend in geschlossenen Räumen aufhält (Sporthallen ausgenommen). Nackte Unterschenkel, die von Bürostühlen hängen, nackte Knie, die aus Kinosesseln in die Luft ragen, nackte Waden in der Abiturprüfung und allgemein unbewegte nackte Herrenbeine - sind doch weiterhin und wo möglich zu vermeiden.