Ist süß auch immer sündig? "Biscotti quaresimali", Fastenkekse, nennen die Italiener ihre Naschereien für möglichst sündenlose Zeiten. Es gibt sie fast überall im Land, in jeweils sehr unterschiedlicher Form. Gemein ist ihnen nur, dass sie ganz ohne tierische Fette auskommen, ohne Butter, auch ohne Eigelb. Zucker dagegen kommt eine ganze Menge rein.
In Kampanien und Sizilien sehen die Fastenkekse aus wie die berühmten, knusprig bis steinern harten toskanischen Cantucci, die man ja gerne in den Vin Santo taucht, den süßen und heiligen Wein, damit sie einem die Zähne nicht brechen. In Sizilien nennt man sie "pupatelli" oder, im Dialekt: "pupatieddi". Trocken sind auch sie, und so steht neben den Kekskartons meistens auch eine Flasche mit diesem dunkelbraunen Wein, der das Fasten schnell zum Fest macht.
In Genua, wo offenbar Nonnen im Kloster San Tommaso bereits im 15. Jahrhundert bei der Bearbeitung von Mandelpaste die Idee der fröhlichen Regelbeugung entwickelten, führen die Feinbäcker "Quaresimali" in vielen Geschmacksvarianten: Pistazie, Zitrone, Kaffee und - ja! - Maraschino, ein Kirschlikör. Sie werden in bunten Farben glasiert, gerne rosa.
In Florenz gibt es Fastenkekse in Buchstabenform, überzogen mit bitterem Kakao, manchmal noch durchsetzt von Nüssen und Zimt. Der Legende nach haben die Kekse ihren Ursprung in einem toskanischen Kloster: Offenbar war die Idee, dass man den Kindern, die den Süßigkeiten besonders zusprachen, mit den Buchstaben nebenbei das Evangelium beibringen konnte.