Fashionspießer: Vokuhila-Mode:Bürzelbluse mit Poposchürze

Fashionspießer: Vokuhila-Mode: Vorne kurz, hinten lang: Das Ding heißt nun, ohne Witz, Vokuhila-Rock.

Vorne kurz, hinten lang: Das Ding heißt nun, ohne Witz, Vokuhila-Rock.

(Foto: Daniel Hofer)

Das Ding sieht aus, als hätte man ihm einen Topfschnitt verpasst, damit die Knie aus den Augen schauen können: Der Vokuhila-Rock zeugt nur auf den ersten Blick von Mut - in Wirklichkeit ist er etwas für Unentschlossene. Genau wie seine Schwester, die Bürzelbluse. Eine Modekolumne.

Von Violetta Simon

Frauen. Etwas Unentschlosseneres gibt es nicht auf dieser Welt. Nehm ich die Zucchinicremesuppe oder doch lieber die Karotteningwer? Kauf ich die roten oder die blauen Sandalen? Zieh ich den Mini - oder den Maxirock an? Hach! Wenn ich doch nur beides haben könnte, dachte sich eines Tages wohl eine von ihnen. Griff sich kurzerhand eine Schere und steuerte auf ihren Schrank zu. Dort packte sie sich den erstbesten, naja, den drittbesten langen Rock, der ihr unter die Finger kam und legte los.

Das Ergebnis dieses Experiments ist nichts Halbes und nichts Ganzes. Man weiß ja nicht mal so recht, wie man es bezeichnen soll: Handelt es sich nun um einen langen Rock, der vorne kurz ist? Oder um einen kurzen, der hinten lang ist - kniefreier Maxi oder Mini mit Schleppe? Aus lauter Ratlosigkeit verzichtete man auf einen anständigen Namen und begnügte sich mit einer Beschreibung: vorne kurz, hinten lang. Das Ding heißt nun, ohne Witz, Vokuhila-Rock.

Der Begriff wurde hervorgeholt aus den 80er Jahren, damals spielte sich das Drama allerdings auf dem Kopf ab. Was aber hat man von einem Rock zu erwarten, der nach schrecklicher Frisur klingt? Will eine Frau wirklich ein Kleid tragen, das an Bad-Hair-Ikonen wie Andre Agassi, Limahl oder George Michael erinnert?

Wahnsinns-Teil

Es gibt Röcke, die sind formvollendet, raffiniert und elegant. Andere sind witzig und romantisch. Der Vokuhila-Rock indes wurde ausschließlich dazu gemacht, den Mann in den Wahnsinn zu treiben. Jedoch nicht in dem Sinne, wie ultraknappe Minis oder hautenge Bleistiftröcke es vermögen. Sondern weil er nie genau weiß, woran er bei ihm ist.

Von vorne sieht das Ding wie ein verunglückter Topfschnitt aus - als hätte jemand versucht, dem Rock einen Pony zu schneiden, damit die Knie aus den Augen schauen können. Von hinten wie eine überdimensionale Zunge, die einem der schlechte Geschmack entgegenstreckt.

Die asymmetrische Anmutung zeugt nur auf den ersten Blick von modischem Mut. In Wirklichkeit ist der Vokuhila-Rock etwas für Unentschlossene - ein Kleidungsstück für Frauen, die vorne so tun, als wären sie für alles offen. Aber hinten nicht nass werden wollen.

Genau wie seine Schwester, die Vokuhila-Bluse. Eine Bluse mit Bürzel - niemand sollte so auf die Straße gehen müssen. Nur magnetische Kusspuppen können so etwas tragen. Während sie an der Front alles zeigt, hält sie sich am Heck bedeckt. Das kommt dem weiblichen Bedürfnis entgegen, den ungeliebten Hintern, den dicken, zu verhüllen. Früher banden die Frauen sich Pullover um die Hüften, um der Umwelt den vermeintlich unzumutbaren Anblick zu ersparen. Heute erledigt das die Vokuhila-Bluse - genauer gesagt, ihre rückseitige Verlängerung. Dort befindet sich statt des Pullovers nun eine integrierte Poposchürze.

Sprungschanzen-Silhouette

Spötter behaupten ja, dass hinter der Bürzelbluse und dem Schleppen-Rock in Wirklichkeit kein Designer, sondern ein Mitglied aus dem Bewerbungskomitee für die Olympischen Winterspiele steckt: Wie der Saum so vom Schritt zu den Waden hin verläuft, das könnte durchaus als Silhouette einer Sprungschanze durchgehen.

Schade, dass es mit der Bewerbung für 2022 nicht geklappt hat. Man hätte ausgemusterte Vokuhilas zu Deko-Zwecken zwischen Garmisch und München an Fahnenmasten hängen können. Dort würden sie dann als Fähnchen im Wind flattern - der perfekte Job für ein Kleidungsstück, das sich nicht entscheiden kann.

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