Fashionspießer: Sexy Faschingskostüme:Helau Hässlichkeit

Fashionspießer: Sexy Faschingskostüme: So sexy ist die Arbeitskleidung einer Krankenschwester. Zumindest in der Faschingszeit...

So sexy ist die Arbeitskleidung einer Krankenschwester. Zumindest in der Faschingszeit...

Strapse, Minikleid und tiefes Dekolleté: Sind das die Arbeitsklamotten einer Reinigungskraft? Ja, zumindest auf dem Faschingsball. Höchste Zeit, diesem Unsinn Einhalt zu gebieten. Eine Stilkolumne.

Von Antonia Hilpert

Donald Duck sitzt gut gelaunt in der Bar. Eine Banane unterhält sich angeregt mit einem vollbärtigen Wikinger. Und ein Zebra schiebt Lady Gaga über die Tanzfläche. Die fünfte Jahreszeit ist angebrochen - je nach Vorliebe Fasching, Karneval oder Fasnacht genannt. Für viele ist das eine gute Zeit. Eine Zeit des Lachens. Eine Zeit des Feierns. Und eine Zeit des Verkleidens.

Ein Kostüm ist fast schon eine soziale Verpflichtung, schließlich möchte man sich auf der Faschingsparty ja nicht vollkommen fehl am Platz fühlen. Es ist aber noch viel mehr, nämlich die Eintrittskarte in die Welt der Narren.

Leider scheint bei der Verkleidung nicht besonders viel Wert auf Abwechslung gelegt zu werden. Auf Faschingsbällen wimmelt es nur so von Krankenschwestern, Zimmermädchen oder Polizistinnen. Aber soweit ist da noch nichts Verwerfliches dabei, schließlich hat nicht jeder einen geeigneten Fundus und genug Zeit, selbsttätig ein einzigartiges Kostüm zu kreieren.

Aber trifft man eine dieser 0815-Krankenschwestern an, stellt man sich im Stillen die Frage: Ist dem Schneider da etwa der Stoff ausgegangen oder hat die Pflegerin gar einen Teil ihrer Garderobe zu Hause im Schrank vergessen?

Leider nein, die Trägerin meint das wohl tatsächlich ernst: weißes Minikleid, das Bein lediglich mit weißen halterlosen Strümpfen in Netzoptik bekleidet - soweit man das überhaupt so nennen kann - und dazu noch ein rotes Schleifchen. Vom offenherzigen Dekolleté ganz zu Schweigen. Alles klar? Nein, überhaupt nicht.

Warum müssen Krankenschwestern sexy sein? Um dem Chirurgen den Kopf zu verdrehen, während dieser am OP-Tisch steht? Keine gute Idee.

Dasselbe gilt für Reinigungskräfte, die in Korsage und High Heels den Wohnungsputz erledigen. Mal ehrlich, abgesehen davon, dass es das sowieso nur in Filmchen aus der Erwachsenenabteilung gibt, ist das schlichtweg unpraktisch. Wie soll ein Zimmermädchen denn im engen Korsett an die Staubflusen unter dem Bett kommen ohne sich dabei die Luft abzuschnüren? Dem Job ist diese "Arbeitskleidung" definitiv nicht gewachsen. Noch ein Stück Stoff weniger, und die Gute kann als Nacktputzerin gehen.

Mehr Mut zur Hässlichkeit

Dennoch treffen unzählige Frauen zum Karneval genau diese Kleiderwahl. Kurze Röcke, Strapse und tiefer Ausschnitt, wohin das Auge blickt. Lediglich anhand der Farbe und des Accessoires ist die Wunsch-Identität der Kostümträgerin erkennbar: Stethoskop zu weißem, Staubwedel zu schwarzem Minikleidchen oder Handschellen zur knappen Uniform in Grün.

Eigentlich geht es in der Fasnachtszeit aber doch gar nicht darum, eine möglichst gute Figur zu machen. Im Gegenteil: Man darf sich schräg anziehen und dabei auch mal über sich selbst lachen.

Bei der Verkleidung ist ja - fast - alles erlaubt. Der eigenen Kreativität sind keine Grenzen gesetzt. Im Vorteil sind natürlich diejenigen, die schon etwas Erfahrung im Umgang mit der Nähmaschine haben. So könnten ein paar Meter plüschiges Fell mithilfe von Knöpfen und Flicken kurzerhand zum Teddybären umfunktioniert werden. Mit Opas ausrangierter Gartenschürze, Plastikblumen und einer alten verrosteten Gießkanne wäre man auch schon ausgehfähig: dieses Mal als Gärtner.

Tief genug im Kleiderschrank gewühlt, lassen sich die urkomischsten Kostüme finden. Doch einen eigenen Stil hat anscheinend keiner mehr. In den In-Bars treten sich Dutt- und Legginsträgerinnen auf die Füße, Pullover mit Ellenbogen-Patches wohin das Auge blickt. Und so geht auch im Karneval die Individualität verloren.

Deshalb Ladys, ein kleine Bitte: Beweist mehr Mut zur Hässlichkeit! Raus aus Strapsen und High Heels!

Wenn ihr wirklich aussehen wollt wie ein Zimmermädchen - und nicht wie eine schwarz-weiße Primaballerina, die geradewegs aus einem erotischen Filmchen gestolpert ist - dann traut euch an alte Schürzen, Gummihandschuhe und Putzlumpen.

Auf plumpe Anmachsprüche müsst ihr dann vielleicht verzichten, dafür könnte es aber ernst gemeinte Komplimente für die originelle Kostümidee hageln.

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