Süddeutsche Zeitung

Fashion Week London:Homecoming McQueen

Erstmals seit 15 Jahren zeigt das Label Alexander McQueen seine Kollektion wieder auf der Fashion Week London. Designerin Sarah Burton wird gefeiert - ihre Entwürfe werden Lady Gaga gefallen.

Von Dennis Braatz, London

Je länger man von Zuhause weg ist, desto schwerer fällt einem oft das nach Hause kommen. Menschen verändern sich nun mal. Bei Marken ist das nicht anders. Das britische Label Alexander McQueen hat seine Frauenlinie zum ersten Mal nach 15 Jahren wieder in London gezeigt.

Der einmalige Umzug aus Paris hatte eigentlich nur einen praktischen Grund: Weil die Designerin Sarah Burton auch werdende Mutter ist (in zwei Wochen kommt das dritte Kind), wollte sie nicht mehr reisen. Der hiesigen Modeszene war das egal. An jeder Ecke der gerade stattfindenden Fashion Week war zu hören, wie stolz man auf die Rückkehr sei. Burton, die "Homecoming Queen".

Verstörend schön

Es ist ja auch verständlich. Alexander McQueen, das vereint so ziemlich alles, was die britische Mode ausmacht: millimetergenaues Tailoring, rotzfreche Exzentrik und eine gesellschaftliche Aussage, die über allen Looks schwebt. Verstörend schön also. Gut zu erkennen zum Beispiel an der Kollektion "Platos Atlantis", die 2009 zum allerersten Mal Nachhaltigkeit in der Luxusmode zum Thema machte, mit Sanduhr-Kleidern und schillernden Kunstreptilienhäuten. Oder dem Model im strahlend weißen A-Linie-Kleid, das 1999 auf einer Show plötzlich von zwei Robotern mit Farbe angesprüht wurde, um mal den technischen Fortschritt, aber auch den Umgang mit Models zu hinterfragen. Wozu auch noch das täuschend echte Hologramm von Kate Moss passt, das 2006 den Laufsteg erleuchtete.

Diese Zeiten sind aber vorbei, seit sich der Gründer Lee Alexander McQueen vor sechs Jahren das Leben genommen hat. Er selbst entschied sich übrigens mal für Paris, weil dort das Netzwerk aus Journalisten und Einkäufern dichter ist. Nach seinem Tod übernahm Burton, die rechte Hand im Atelier. Keine Frage, sie macht es gut, trifft die stilistische DNA. Nur wurden die gesellschaftlichen Aussagen bis heute immer weniger.

Stattdessen häufen sich die kleinen und großen PR-Coups. Eine Clutch zum Beispiel, die an den Sicherheitskontrollen von Flughäfen oft beschlagnahmt wird, weil ihr Tragegriff wie ein Schlagring aussieht. Das Hochzeitskleid von Kate Middleton. Die Ausstattung von Beyoncé und Lady Gaga.

Naked-Dress und Lederkleid

Vor allem die beiden Sängerinnen werden wohl ihre Freude an der neuen Kollektion haben. Da sind sogenannte Naked-Dresses, also supertransparente Abendroben mit hauchzarten Stickereien und Pailletten, die in Hollywood gerade gern auf dem roten Teppich getragen werden (und ein Höchstmaß an Handwerkskunst erfordern, damit sie nicht wie ein nasser Sack sitzen). Dann ein schweres Lederkleid in Eighties-Silhouette, viele Lingerie- und Boudoirkleider. Der dritte Teil der Kollektion sind Mäntel, lange Westen und Kleider mit Pelzkrägen und Schmetterlings-, Einhorn-, und Lippenaufnähern. Sie sind eine Hommage an die große surrealistische Modeschöpferin Elsa Schiaparelli aus den Zwanzigerjahren.

Selbst zurück in London ist Alexander McQueen also nicht mehr verstörend, aber immer noch traumhaft schön - und trotzdem eine Wiederholung dessen, was wir in der Mode seit drei Jahren rauf und runter sehen. Das gilt nicht nur für die Naked-Dresses, sondern auch für die Lingerie und erst recht für Schiaparelli. Nach der Show wird unter den Gästen deshalb viel getuschelt, obwohl es den meisten auch schnell wieder egal ist. Stattdessen steht plötzlich eine Frage im Raum: Wäre es nicht toll, wenn Alexander McQueen seine Kollektion jetzt wieder regelmäßig in London zeigen würde?

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