Fashion Week Berlin startet:Sprungbrett unter der Siegessäule

Vier Tage Ausnahmezustand stehen der Hauptstadt bevor. Die Berliner Modewoche beginnt - und mit ihr die Suche nach dem großen Auftrag. Besonders Jungdesigner können sich auf der Fashion Week einen Namen machen.

Jana Stegemann

Ja, wo laufen sie denn? Wer Models, Designer und Promis am Brandenburger Tor sucht, kann lange warten. Das schicke, weiße Zelt der Berliner Fashion Week steht nun an der Siegessäule, bewacht von der goldenen Victoria.

Fashion Week Berlin

Die Fashion Week Berlin findet in diesem Jahr unter der Siegessäule statt. Besonders für junge Designer ist sie ein Sprungbrett - auch zum kommerziellen Erfolg.

(Foto: dpa)

Da möchten die Designerinnen Annelie Augustin und Odély Teboul in naher Zukunft auch hin, sie gelten als zwei der größten Nachwuchshoffnungen in der deutschen Modeszene. Ihre filigranen Entwürfe sind ganz in Schwarz gehalten - und schon vielfach preisgekrönt. Chefredakteurin Christiane Arp hat die beiden für den "Salon" der deutschen Vogue ausgewählt. Die Idee des Arpschen Showrooms ist einfach, aber wirkungsvoll: Eine handverlesene Zahl junger Designer trifft hier auf wichtige Einkäufer. Das persönliche Gespräch und Händeschütteln im vornehmen Ambiente des Hotel de Rome am Bebelplatz soll den jungen Designern dann die Türen ins nationale oder sogar internationle Modegeschäft öffnen. "Die deutschen Einzelhändler suchen international. Ich wollte, dass sie in Berlin finden, was sie Deutschland bis dato nicht zugetraut haben", erklärte Arp ihr Konzept. Viele weitere Showrooms junger Designer sind über die ganze Stadt verteilt.

Dreh- und Angelpunkt der Berliner Fashion Week ist und bleibt aber das Zelt an der Siegessäule. Mehr als 50 Labels zeigen hier auf der Straße des 17. Juni einem Fachpublikum ihre Kollektionen für die Frühjahr-Sommer-Saison 2013 - wer sich alle Shows anschauen möchte, wird kaum Zeit zum Schlafen haben, denn die Veranstaltungen finden von Mittwoch bis Samstag von 9 Uhr bis tief in die Nacht hinein statt. 760 Sitzplätze pro Show sorgen dafür, dass etwa 25.000 Besucher die Entwürfe der Designer sehen werden.

Nach wochenlangen Verhandlungen zwischen Planern der Stadt Berlin und Verantwortlichen der Fashion Week wurde entschieden, das Zelt vor die Siegessäule zu stellen. Zwei Jahre zuvor zog die Fashion Week vor das Brandenburger Tor, nachdem sie in ihren Anfangsjahren am Bebelplatz zu finden gewesen war. Da in diesem Jahr zeitgleich fünf Großveranstaltungen in der Hauptstadt stattfinden, muss die Fashion Week nun ausweichen. Ab dem nächsten Jahr soll die Modewoche dann aber wieder ihr Hauptzelt vor dem Wahrzeichen der Stadt Berlin aufschlagen dürfen.

Neben renommierten Designern und Marken wie Hugo Boss, Escada Sport, Rena Lange, Anja Gockel und Guido Maria Kretschmar zeigen in diesem Jahr auch wieder Nachwuchslabels und Jungdesigner ihre neuesten Arbeiten. Wie Michael Sontag. Schon die wohl härteste Modekritikerin der Welt, Suzy Menkes von der Herald Tribune, lobte 2009 seine Show als "herausragend". Sontag ist auch in diesem Jahr an der Siegessäule dabei, sieht Berlins Stellung als Modemetropole aber pragmatisch: "Berlin ist noch dabei, sich zu etablieren", sagte der Designer. Die "Big Four" der Mode bleiben demnach weiter Paris, Mailand, New York und London. Aber die Kreativen finde man in Berlin, meint Sontag. Er ist ebenso wie Kaviar Gauche oder Lala Berlin durch die Fashion Week auch einer weltweiten Mode-Öffentlichkeit bekannt geworden.

Berlin verdient 33 Millionen Euro an der Fashion Week

"Es ist spannend zu sehen, wie sich unser ehemaliger Designer-Nachwuchs entwickelt und seine Kollektionen präsentiert. In anderen Märkten werden die Shows sehr von den großen Namen dominiert, in Berlin besteht jedoch die Möglichkeit dem Designer-Nachwuchs eine Plattform zu bieten", sagt Daniel Aubke, Sprecher der Mercedes-Benz-Fashion Week, um die Vorteile der Berliner Modenschau. Und das Konzept hat Erfolg. So haben sich in diesem Jahr zum ersten Mal drei Mailänder Designer angemeldet, die ihre Entwürfe - statt auf den zeitgleich laufenden Mailänder Schauen - lieber in Berlin zeigen. "Wir unterscheiden nicht so streng nach Haute-Couture, Prêt-à-porter oder Männer- und Frauen-Mode wie andere Schauen. Das ist für Designer und Besucher reizvoll und abwechslungsreich."

Jungdesigner treffen auf Marc Jacobs

Auch international wird Berlin nun zunehmend von der Modewelt beachtet. Nach Suzy Menkes Besuch im Jahr 2009, widmete die Women´s Wear Daily, neben der Vogue die wichtigste Modezeitschrift der Welt, der Berliner Fashion Week einen 14-seitigen Vorbericht. Suzana Wouda vom Verband Deutscher Mode-und Textildesigner, überrascht die internationale Aufmerksamkeit nicht: "Die Konzentration von jungen Kreativen in Berlin ist sicherlich zur Zeit die höchste in Europa." Neben Christiane Arp behält auch US-Designer Marc Jacobs den Nachwuchs im Blick, nach Berlin kommt er als Schirmherr des Wettbewerbs "Designer for tomorrow". Jacobs wählte hierfür aus über 300 Bewerbungen, fünf Jungdesigner aus, die ihre Entwürfe dem bekannten Designer persönlich vorstellen dürfen. Der Gewinner bekommt dann auf der Fashion Week im Januar, auf der die Herbst-Winter-Kollektionen 2013/2014 gezeigt werden, seine eigene Show.

Neben Jacobs kommt natürlich noch mehr Prominenz zur elften Fashion Week in die Haupstadt. Fernsehmoderatorin Sylvie van der Vaart wird bei der Modenschau des Dessous-Labels Hunkemöller im Berliner Ensemble erwartet. Ihr TV-Kollege Dieter Bohlen ist Ehrengast bei der Fashion Night der Labels Soccx und Camp David im Olympiastadion angekündigt. Topmodel-Gewinnerin Luisa Hartema kündigte ebenfalls ihre Kommen an. Und bei der After-Show Party von Hauptstadtdesigner Michael Michalsky ist traditionell jeder, der Rang und Namen hat. Berlins Regierender Klaus Wowereit wird sicher auch wieder bei der ein oder anderen Show in der ersten Reihe sitzen: Politik und Mode schließen sich nicht aus. Allein im vergangenen Jahr spülten die beiden Fashion Weeks 33 Milionen Euro Steuern und Abgaben in die Stadtkasse.

Keine Magermodels auf dem Catwalk

Aber nicht nur die Schauen locken die Besucher, zeitgleich finden zwei wichtige Modemessen statt. Die "Bread & Butter" auf dem Gelände des ehemaligen Berliner Flughafens Tempelhof bei der Urban-und Streetwear gezeigt wird und die Premium, die auf Luxus- und Avantgarde-Produkte spezialisiert ist.

Spannend bleibt, ob sich die Designer an den Appell der Veranstalter halten werden. Die hatten nämlich zusammen mit der deutschen Vogue gefordert, keine zu dünnen Models zu verpflichten. Die Frauen sollten mindestens 16 Jahre alt sein und ein "gesundes Körperbild" transportieren, hieß es. Ob trotzdem Magermodels über den Laufsteg schreiten? Das wird sich zeigen. Fest steht aber, dass mehr als 200.000 Besucher erwartet werden. Und dass die Berliner Goldelse - so wird die Figur auf der Siegessäule von den Berlinern genannt - als Ehrengast über dem Zelt thronen wird.

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