Fashion Week Berlin:Krise? Wir nennen es Umbruch!

Bread & Butter Berlin

Die Bread&Butter 2014 in Berlin, nun hat sie Insolvenz angemeldet. "Das ist wirklich schade", sagt Jörg Buntenbach, das sei aber kein Grund zur Panik.

(Foto: dpa)

Die Modemesse Bread&Butter, die jahrelang parallel zur Berliner Fashion Week lief, hat Insolvenz angemeldet und findet stark eingedampft als "Guerilla Tradeshow" statt. Designer Michael Michalsky hat seine berühmte Stylenite abgesagt. Und Wolfgang Joop wird sich auch diesmal nicht mit einer neuen Kollektion in der Hauptstadt blicken lassen. Geht dem modischen Berlin, das ohnehin nie mit Paris, London, Mailand, New York mithalten konnte, also endgültig die Luft aus? Der Berliner Autor und Modeexperte Jörg Buntenbach sieht das anders. Im Gespräch mit SZ.de spricht er über die Fashion Week und die Zukunft Berlins als Modestadt.

Von Felicitas Kock

SZ.de: Herr Buntenbach, Ihr neues Buch heißt "Mode Metropole Berlin". Ist das nicht ein bisschen zynisch nach den Schauermeldungen der vergangenen Wochen?

Jörg Buntenbach: Die Pleite der Bread&Butter ist wirklich schade. Und dass Michalsky seine Stylenite abgesagt hat, weil er lieber für Ebola spendet, macht natürlich Schlagzeilen. Da gibt es schnell Spekulationen, dass in Wirklichkeit finanzielle Probleme hinter der Absage stecken. Und nach außen entsteht der Eindruck, als wäre der Ofen aus in Berlin. Zumal Namen wie Boss, Escada und Wunderkind wie schon in den vergangenen Jahren fehlen.

Aber der Ofen ist nicht aus?

Die Umsätze durch die Fashion Week gehen seit Jahren nach oben. Und es gibt durchaus positive Zeichen. Die Designerinnen von Kaviar Gauche zum Beispiel haben in den vergangenen Jahren in Paris gezeigt und sind nun zurückgekehrt - sie bringen Eindrücke mit, die sie nun hier einbringen können. Zudem müssen Sie unterscheiden zwischen der Fashion Week, die gerade mal acht Tage im Jahr einnimmt, und dem Alltagsgeschäft, das sich an den 357 anderen Tagen abspielt. Die Modewoche ist nur ein kleiner Teil der Industrie, im Alltag haben sich in Berlin sehr gute Designer niedergelassen, von denen viele von ihrem Job leben können.

Berlin ist für Modedesigner also nach wie vor attraktiv?

Natürlich. Nirgendwo in Deutschland gibt es mehr Internationalität, mehr Inspiration als hier. Nirgendwo arbeiten mehr Kreative. Die Menschen können sich Kreativität hier eher leisten, weil die Lebenshaltungskosten vergleichsweise niedrig sind, auch wenn sie steigen, wie überall.

In ihrem Buch schreiben Sie auch über die ausgezeichnete Nachwuchsförderung in Berlin. Dennoch gehen viele, die die Modeschulen abschließen, erst einmal weg. Warum?

Es gibt elf Modeschulen in Berlin, man kann hier alles lernen, was man für den Beruf braucht. Aber es hapert an Möglichkeiten zur Weiterbildung, an Einsteigerjobs, in denen man erste Erfahrungen sammeln kann. Viele angehende Designer ziehen deshalb erst einmal Richtung Düsseldorf oder nach Süddeutschland. Es ist wichtig, dass Leute, die sich selbständig machen, nicht nur auf ihre Kreativität setzen. Um zu überleben, müssen sie ihr Handwerk verstehen und den kaufmännischen Aspekt als Teil ihrer Arbeit begreifen. Sonst sind sie nach spätestens drei bis fünf Jahren weg vom Fenster.

Zurück zur Fashion Week. Warum steckt die Modewoche in der Krise?

Ich würde nicht von einer Krise sprechen, eher von einer Zeit des Umbruchs. Das ist typisch für Berlin, hier gibt es keine festgefahrenen Strukturen, manchmal fällt etwas weg, dafür kommt Neues hinzu - wie in diesem Jahr zum Beispiel der Modesalon, der sich explizit der Mode "made in Germany" widmet oder die Fashiontech, die Technik und Mode zusammenbringen will. Dass die großen Namen fehlen, lässt mehr Raum für junge, innovative Kräfte. Es gibt definitiv keinen Grund zur Panik!

Bodenständiges Berlin

Buntenbach

Autor Jörg Buntenbach pflegt seit Jahren engen Kontakt zur Berliner Modeszene.

(Foto: Malena Buntenbach)

Mit Paris, London, Mailand, New York wird man dennoch nie mithalten können. Es heißt, sogar Paris verliere an Einfluss - die Designer folgen ihren Absatzmärkten in den USA und nach Asien.

Die Designer müssen dorthin gehen, wo sie ihre Kleider verkaufen. So verdienen sie ihr Geld. Aber Berlin ist anders als die anderen, als Paris beispielsweise. Das war schon in den 1920er Jahren so. Da waren in Paris Mode und Kunst sehr eng beieinander, das sieht man noch heute. Berlin ist trotz des Glamours, den jede Modewoche ausstrahlt, bodenständiger.

Und Bodenständigkeit ist gut?

Durchaus. Die Stadt hat sich in den vergangenen Jahren vor allem im Bereich der Ecofashion einen Namen gemacht. 2009 gab es den ersten Green Showroom im Hotel Adlon mit nachhaltiger Mode, Accessoires und Lifestyle-Produkten. Das Event hat sich bis heute gehalten. Hinzugekommen sind über die Jahre zum Beispiel die Ethical Fashion Show und der Showroom Ökofaire Streetwear Mode. Dass der Bereich Ecofashion so gut funktioniert, liegt auch an der Stadt und ihren Einwohnern, von denen nicht wenige an einem nachhaltigen Lebensstil interessiert sind. Es gibt hier einen Markt für Biomode. Vor allem, seitdem die Designs nicht mehr kratzig und erdfarben daherkommen wie zu Beginn.

Den Ökobereich gibt es schon ein paar Jahre, wie sieht die Zukunft aus?

Ecofashion wird sich in Zukunft noch weiterentwickeln. Man arbeitet heute zum Beispiel mit fair gehandelter Biobaumwolle, aber der Anbau erfordert leider einen hohen Wassereinsatz. Aus ökologischer Sicht ist also durchaus noch Luft nach oben. Es werden neue Materialien entwickelt, Christine Mayer zum Beispiel macht seit ein paar Jahren Kleidung aus Algen, die nicht nur gut aussieht, sondern sich auch gut trägt. Neue Materialien werden teilweise im Labor entwickelt. Auch Wearables spielen eine immer wichtigere Rolle - Smartwatches und Fitnessarmbänder sind nur der Anfang. Darum geht es in diesem Jahr zum Beispiel auf der Fashiontech, wo Technologie und Mode zusammenkommen.

Passt doch gut zu Berlin mit seiner lebhaften Startup-Szene.

Exakt. Es gibt hier viel Know-How, das bis jetzt kaum für den Modebereich genutzt wird. Wenn man die richtigen Leute zusammenbringt, hat das eine enorme innovative Kraft, von der die Mode in Zukunft profitieren kann. Das betrifft auch neue Präsentationsmöglichkeiten und Verkaufswege über das Internet. Hier liegt die Zukunft und Berlin wird daran teilhaben.

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