Rechtskolumne:Dürfen Vermieter Schrottfahrräder entsorgen?

Lesezeit: 2 Min.

Kampf um die besten Plätze: Wer in einem Mehrfamilienhaus wohnt, kennt das Problem. Dafür sorgen auch Räder, die entweder herrenlos oder nicht mehr funktionstüchtig sind. (Foto: Hartmut Pöstges)

Manche Radständer vor Mehrfamilienhäusern werden von Modellen verstopft, die eigentlich auf den Wertstoffhof gehören. Können die nach einer gewissen Zeit entfernt werden? Was der Gesetzgeber dazu sagt.

Von Julian Gerstner

Das Fahrrad ist das neue Auto. Hört man ja immer wieder diesen Satz – und denkt vorausschauend: Was ist denn dann mal das neue Fahrrad? Der E-Roller? Das Flugtaxi? Jedenfalls braucht man – unabhängig vom Antrieb – immer einen Platz, auf dem man sein Fortbewegungsmittel der Wahl guten Gewissens vor der Wohnung parken kann. Und da geht es ja schon los.

Gerade Fahrradständer vor Mehrfamilienhäusern sind teilweise so begehrt, dass man werktags am besten nicht nach 17 Uhr mit dem Rad nach Hause kommen sollte. Sonst: alles voll. Und auch am Wochenende gilt: lieber nicht mehr von der Stelle bewegen, wenn man ein schönes Plätzchen gefunden hat. Es leuchtet also schon ein, dass mancher Vermieter ein Interesse daran hat, was in diesen Fahrradständern alles so vor sich hin rostet.

Wäre doch zum Wohl der Gemeinschaft, wenn die durch Schrotträder belegten Dauerparkplätze wieder für andere Bewohner frei werden. In anderen Worten: Dann dürfen die reifenlosen und besonders verbeulten Modelle ja wohl entfernt werden, oder? Ganz so einfach ist es nicht. Das beginnt schon bei der Definition: Wann ist ein Rad herrenlos? Und was geht überhaupt als Schrottrad durch? „Die Schwierigkeit liegt in der Abgrenzung“, sagt auch Rechtsanwältin Wibke Werner vom Berliner Mieterverein.

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Vermieter müssten deshalb immer mit Schadenersatzforderungen rechnen, „wenn sie im Eigentum der Mieter stehende Fahrräder einfach entsorgen“. Das wäre Diebstahl. In der Regel läuft es nach Werners Erfahrung eher so ab: Die Hausverwaltung informiert die Mieterinnen und Mieter per Post, dass demnächst schrottreife und herrenlose Räder entfernt werden sollen. „Teilweise werden parallel dazu auch die jeweiligen Schrotträder mit einer Benachrichtigung der anstehenden Entsorgung markiert. Werden die Fahrräder in der vorgegebenen Frist nicht gekennzeichnet, werden sie entfernt.“

Ob das am Ende rechtens ist, hängt laut Wibke Werner unter anderem davon ab, ob die Frist zur Kennzeichnung der Räder lang genug war – für angemessen hält sie etwa fünf Wochen. Aber selbst, wenn das der Fall sein sollte: Das Entfernen bleibt eine rechtliche Grauzone. Das Amtsgericht Tempelhof-Kreuzberg gab einer Mieterin recht, deren funktionstüchtiges und abgeschlossenes Rad von einer Entrümpelungsfirma entsorgt worden war (Az. 23 C 9/12). Die Vermieterin hatte die Aktion vorher per Aushang angekündigt. Die Mieterin ging allerdings davon aus, dass ihr Rad nicht darunter fallen würde. Das Gericht gab der Klage statt und verurteilte die Vermieterin zur Zahlung von Schadenersatz in Höhe der Kosten für ein gleichwertiges Rad.

Wer nach Feierabend wieder mal fluchend auf der Suche nach einem freien Ständer ist, sollte bedenken: Ganz so einfach ist das für Vermieter nun mal nicht mit den Schrotträdern.

Der Autor muss am Wochenende unbedingt sein Rad aufpumpen, sonst ist es auch bald ein Schrottrad. (Foto: Bernd Schifferdecker (Illustration))
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