Ladies & Gentlemen:Das Plüschpersonal

Lesezeit: 2 Min.

(Foto: Franck Fife/AFP, Imago/Bihlmayerfotografie)

EM und Olympia stehen vor der Tür und damit auch zwei neue Maskottchen - höchste Zeit für eine deutsch-französische Stilkritik.

Von Max Scharnigg und Julia Werner

Für sie: Sehr französisch

Maskottchen-Design ist wirklich kein Spaß mehr, weil sich immer irgendjemand auf die Füße getreten fühlt. Auch die Franzosen haben es mit ihrem olympischen Duo nicht geschafft, jeder Kontroverse aus dem Weg zu gehen, aber populär sind diese sogenannten Phryges trotzdem schon jetzt. 75 Prozent der Franzosen mögen sie laut einer Umfrage. Das liegt nicht nur daran, dass der eine zwei gesunde Beine hat und der andere eine Beinprothese trägt, sie aber trotzdem gemeinsam Spaß haben. Aber was sind diese Phryges eigentlich? Sieht man doch: Hüte. In der Antike von den Phrygern getragen, wurde dieses schlumpfige Modell während der Französischen Revolution zum Symbol der Freiheit, auch wenn Jakobinermützen eine Zeit lang Angst und Schrecken verbreiteten. Die französische Marianne trägt diesen Personality Hat meist auf sehr lässige Art, und bis heute ist und bleibt er Frankreichs ultimatives Freiheitssymbol.

(Foto: Franck Fife/AFP)

Selbst die aktuellen Debatten um die Maskottchen könnten französischer nicht sein: Viele interpretierten das Design nicht als Hut, sondern - Oh là là - als weibliche Klitoris. Aber dass Menschen heutzutage zumindest eine Ahnung davon haben, wie eine Klitoris aussieht, ist ja nun wirklich nicht die schlechteste Botschaft. Andere wiederum echauffierten sich darüber, dass nur acht Prozent des Merchandising, also Plüschtiere und anderer Kram, in Frankreich hergestellt werden, der Rest aber in China. Wir finden das nicht so schlimm: Die Medaillenkoffer mit Louis-Vuitton-Monogramm sind ja überdeutlich genug made in France.

Für ihn: Bisschen albärn

Würde der Welt etwas fehlen, wenn es von heute auf morgen keine Event-Maskottchen mehr gäbe? Vermutlich nicht. Aber irgendwann hat eben mal einer mit dem Kram angefangen, und seither traut sich niemand zu sagen, dass man das mit den Maskottchen einfach wieder bleiben lässt. Wahrscheinlich sitzt auch in jeder Planungsrunde einer, der vehement behauptet, "Maskottchen ist für die Jugendarbeit ein Muss!", und mit belastbaren Zahlen droht. Und natürlich findet jedes dieser In-vitro-Glückstiere, egal wie verkorkst, auch irgendwelche Fans, die eine weite Anreise in Kauf nehmen, um sich mit ihm ablichten zu lassen. Das also ist nun Albärt, der EM-Bär. Einen derart knuddeldoofen Teddybären als sportliches Wappentier zu nehmen ist etwas unterkomplex einerseits, als ob man sozusagen einfach die Standardeinstellung "Maskottchen" übernommen hätte.

(Foto: Imago/Bihlmayerfotografie)

Andererseits kann man sich vermutlich glücklich schätzen, dass es nicht irgendein verkopfter Wolpertinger wurde, in dem sich Toleranz, 75 Jahre BRD, Fairplay, Nachhaltigkeit und deutscher Mittelstand ablesen lassen müssen. Nein, der Albärt tappst erfreulich unfundiert daher und will einfach nur spielen. Lange kommt man nicht darauf, was an ihm trotzdem etwas unrichtig wirkt. Es ist vermutlich der fehlende Hals, das Ding wirft ja einen Schatten wie eine Kugel Eis in der Waffel. Diese anatomische Auffälligkeit ist vermutlich ein Zugeständnis an das Kostüm, lässt das Tier aber in Gänze ziemlich kopflastig und plump wirken - hoffentlich keine Metapher für die Gastgebermannschaft.

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