Es ist seit einiger Zeit nahezu ausgeschlossen, auf Tiktok, Youtube oder Instagram zu gehen und nicht sofort irgendeinen Influencer zu sehen, der geräuschvoll in wuchtige Schokoladentafeln mit grüner Füllung beißt und dann vom irren „Crunch“ schwärmt. Dubai-Schokolade nennt sich der Hype, oft firmiert sie auch als „virale Schokolade“. Die Tafeln kosten bis zu 15 Euro, kein Schnäppchen also, trotzdem sind sie im Handel ständig ausverkauft, und bei Influencern, die sie in Pop-up-Fabriken in Bochum und Dubai herstellen und online verkaufen, gibt es lange Wartelisten.
Die Vollmilchschokolade ist gefüllt mit Pistaziencreme und knusprigem Kadayif, diesen feinen Teigfäden, die auch als Engelshaar bekannt sind und oft in orientalischen Süßspeisen Verwendung finden. Das war es dann auch schon, aber weil sich nichts ohne passende Story verkauft, gibt es natürlich auch zur Schokolade eine Geschichte, und die geht so: Sarah Hamouda, eine junge Frau mit ägyptischen und britischen Wurzeln, die in Dubai lebt, ist schwanger. Sie hat Lust auf irgendetwas Süßes, findet aber nichts Passendes. Kurzerhand rührt sie sich selbst eine Schokolade mit Kadayif und Pistaziencreme an. Sie kostet davon und sieht, dass sie gut ist. Sie hat keinen Schimmer von der Lebensmittelindustrie, aber sie wollte schon immer ein Schokoladen-Business aufziehen und gründet deshalb 2021 eine Manufaktur namens „Fix Dessert Chocolatier“. So hat Hamouda es jedenfalls vor einer Weile auf CNN erzählt.
Ihre Schokolade stieß ein paar Jahre lang auf mittelgroße Beachtung. Dann aber kam Maria Vehera. Das ist eine Foodfluencerin, die sich auf das gewöhnungsbedürftige Arbeitsfeld ASMR spezialisiert hat. Bei dem wispern Menschen vor der Kamera in hochempfindliche Mikrofone, kratzen mit Kunstnägeln auf Oberflächen herum oder essen eben sehr geräuschvoll. Es gibt sehr viele Menschen, die diese Videos als nervig empfinden, aber auch sehr viele, die sie kurioserweise schätzen. Maria Vehera also schmatzt bei Tiktok, und so filmt sie sich nach einem Besuch in der Schokoladenfirma in Dubai in diesem Frühjahr in ihrem Auto, wie sie in eine der Schokoladen beißt.

Natürlich macht sie das gewohnt geräuschvoll – und der Hype ist da. Der Clip wurde auf Tiktok bislang mehr als 80 Millionen Mal aufgerufen, die Manufaktur in Dubai brummt, und überall auf der Welt beißen seither Menschen in Schokoladen mit grüner Füllung und filmen sich dabei. Das wichtigste Detail ist natürlich, dass man deutlich hört, wie das wuchtige Süßteil gegessen wird.
Nach all dem Bohai möchte man nun schon wissen, wie die Schokolade schmeckt, vor allem, weil einem die eigenen Kinder ständig diese Videos unter die Nase halten. Neben den Reaction-Videos (wir essen und filmen uns dabei) gibt es ähnlich viele Menschen, die Dubai-Schokolade nach eigenem Rezept bei Tiktok anfertigen, oft auch, weil die Schokolade eben so schwer zu bekommen ist. Für cremig-crunchigen Genuss etwa 100 g Vollmilchschokolade im Wasserbad schmelzen, eine nicht zu flache Silikonschokoladenform dünn damit ausgießen. Warten, bis die Schokolade fest ist. Dann 50 g Kadayif-Teig (kann man fertig kaufen) mit 10 g Butter in der Pfanne anrösten und mit 100 g Pistaziencreme vermengen. Erkalten lassen, die Masse in die Form geben, weitere 100 g Schokolade schmelzen und die Creme damit bedecken. Fest werden lassen. Dubai-Schokolade schmeckt frisch aus dem Kühlschrank am besten – und knuspert im echten Leben tatsächlich wie in den Tiktok-Videos.
