Die richtige Länge:Mehr Männerhaut, weniger Frauenbein

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Den wadenlangen Rock gibt es in diesem Sommer sogar bei H&M zu kaufen.

Für Frauen gibt es in diesem Sommer mehr zu gucken als für Männer, denn die Röcke werden länger, die Shorts dagegen küzer. Bleibt die Frage nach dem richtigen Schuhwerk.

Von Julia Werner und Max Scharnigg

Der Midi von Christopher Kane

Was sagt noch mal die Rocklänge über die aktuelle Wirtschaftslage? Ganz einfach: Je länger der Rock, desto verschuldeter die Frau. Die wadenumflatternde Midi-Länge war nämlich schon im letzten Jahr da, allerdings nur für die Randgruppe der Fashion People.

In diesem Sommer aber ist die Lady-Länge zum Glück sogar bei H&M zu haben. Ihre bedeckende Eigenschaft wird sich also, ästhetisch gesehen, sicher positiv aufs öffentliche Leben auswirken. Genauso sicher allerdings ist, dass das, was da auf dem Laufsteg so nonchalant wippt, das komplizierteste Kleidungsstück der Welt ist. Da wäre zunächst die Wichtigkeit der Stelle, wo Rock auf Wade trifft (die dickste Stelle ist die falsche). Da wäre das Retro-Risiko, also mit einer Fifties-Kostüm-Party-Besucherin verwechselt zu werden. Und natürlich die wichtigste Frage: Welcher Schuh?

Flache gehen wegen der Proportionen eigentlich nur, wenn die Beine seeehr lang sind. Ansonsten bleibt bloß die hochhackige Sandale, so wie hier bei Christopher Kane. An seiner Interpretation sollte man sich orientieren. Der nicht zu voluminöse Rock wird mit einem Sweatshirt kombiniert, was das Ganze ein bisschen lässiger macht. Alle Frauen, die sich den Midi-Stress antun wollen, sollten den Rock also genau jetzt genau so tragen.

Die Rocksäume bleiben zwar auch im Winter wadenlang, aber dann sind sie eine einzige Lüge. Denn der entstellende Effekt blickdichter Strümpfe, wird listig verschwiegen, indem man Models mit nackten Beinen auf den Laufsteg schickt. Und dann wäre da noch die Frage der richtigen Mantel-, Pulli- und Stiefelettenlänge zum Midi...Lassen wir das. Es wäre eine einzige Finanzkrise.

Die Shorts von Ermenegildo Zegna

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So sieht sie aus, die richtige Länge bei Männershorts.

Aufregung über die Saumlänge ist heute mitnichten mehr eine bloße Angelegenheit der Damen. Jahr um Jahr wird auch die Herrenshort neu vermessen auf die Laufstege geschickt, und die Tendenz geht dabei deutlich Richtung freigelegtes Oberbein.

Trotz dieser offenherzigen Bemühungen zählt die kurze Hose genau wie Sandalen und Handtaschen noch zu den klassischen Problemen der Herrenmode. Wer es sich leicht machen will, hält es dabei mit jenen Ratgebern, die das nackte Bein jenseits von akut sportlicher Betätigung für nicht vorzeigbar halten. Man sollte aber nicht vergessen, dass derlei Etikette aus einer Zeit stammt, in der ein Männerbein tatsächlich immer aussah wie frisch aus der Gruft.

Heute wird es trainiert, gebräunt, mitunter sogar enthaart, und damit ähnelt es ja eher dem Arm, dessen Nacktheit niemand mehr anstößig findet. Die Hässlichkeit des Männerbeins kann jedenfalls nicht länger pauschal attestiert werden, und seit Kurzhosen-Radikalist Pharrell Williams sogar den Smoking mit nackter Wade trug, möchte man auch an ihr modisches Potenzial glauben. Begrüßenswert ist in diesem Kontext, dass die Shorts zwar kürzer, aber auch förmlicher werden.

Vorbei die Jahrzehnte, in denen abgeschnittene Jeans, Bermudas, Sporthosen und Cargo-Pants die Mehrheit der Kurzwaren darstellten. Man sieht heute auch jenseits der Laufstege kurze Hosen, an die Ansprüche wie an eine richtige Hose gestellt wurden: Bügelfalten, saubere Umschläge, Gürtel und gutes Tuch. Das ist wichtig. Gerade weil sie eine Lässigkeit darstellt, sollte die kurze Hose nicht nachlässig daherkommen. Und eben das richtige Bein mitbringen, bitteschön.

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