Eigener Herd:Die Crème de la Crème

Eigener Herd: Nicht nur eine Nachspeise, sondern auch kulturelles Erbe: St. Clements Pudding.

Nicht nur eine Nachspeise, sondern auch kulturelles Erbe: St. Clements Pudding.

(Foto: Alamy Stock Photos / Marie-Louise Avery/mauritius images / Alamy Stock P)

Zum Thronjubiläum haben die Briten einen landesweiten "Pudding-Wettbewerb" ausgerufen. Das Siegerrezept, so viel steht fest, wird schwer, buttrig, süß und sehr traditionell sein. Mit anderen Worten: eine absolut großartige Nachspeise.

Von Marten Rolff

Das Thronjubiläum der Queen ist ein wahrer Segen für die Nachrichtenlage in Großbritannien. Endlich geht es mal nicht darum, wie viele Menschen mit Mofa-Führerschein Aushilfstrucker werden könnten, ab wie viel Promille ein Arbeitstreffen in 10 Downing Street als Party zu werten ist oder wie viele clowneske Einlagen eine Regierungserklärung verträgt. Nein, endlich landen mal die wirklich wesentlichen Dinge auf dem Tisch, Themen mit Substanz, Pudding zum Beispiel.

Derzeit läuft der vielbeachtete Wettbewerb "Platinum Pudding Competition", bei dem es darum geht, ein würdiges Dessert für das Jubiläumsdinner im Sommer zu erfinden und für den knapp 50 neue Rezepte aus dem gesamten Königreich eingereicht wurden. Jury-Präsidentin ist Dame Mary Berry, die als "Queen of Cakes" im Land bald ebenso bekannt ist wie die echte Queen. Wenn Berry, 86, als Jurorin durch die Backshow "The Great British Bake Off" führt, dann lockt das selbst nach zig Staffeln noch Millionen Briten vor den Fernseher. Die liebevolle, großmütterliche Strenge, mit der sie die Kandidaten höchst respektvoll beurteilt, vermittelt nicht nur den Eindruck, dass die Welt noch in Ordnung ist. Nein, man ahnt dann auch, dass alle Probleme Großbritanniens sofort gelöst wären, wenn Dame Mary anstelle von Boris Johnson Premierministerin würde. Für Bojo ließe sich schon irgendein Showformat finden, bei dem er die Kandidaten hinterrücks mit Geburtstagskuchen überfällt und sich alle am Ende gegenseitig Buttercreme in die wirren Haare schmieren.

Schon einen Pudding-Wettbewerb würde man Johnson nicht anvertrauen wollen, dafür ist die Sache zu gewichtig und komplex. Bei britischem Pudding geht es ja nicht um irgendeine vanillige Cremespeise, sondern um eine hochkalorische Orgie auf Basis von Mehl, Zucker und Butter, die oft an Kuchen erinnert, wobei der Teig aber gedämpft oder gekocht wird. Für die Verfeinerung hantieren Bäcker, je nach Puddingart, mit Unmengen an Trockenobst, frischen Früchten, Nüssen, Sahne, Zitronenzesten und Rum, Whisky oder Brandy. Versüßt wird mit Baiser, Vanillecreme oder Zuckerkaramell in Form von Toffee-Sauce.

Wer den heiligen Ernst spüren möchte, mit dem England seine Desserts zelebriert, sollte den Pudding Club besuchen, für den seit fast 40 Jahren Busladungen mit Nachspeisenfans aus dem ganzen Land ins Three Ways House Hotel in die Cotswolds gekarrt werden. Dort löffeln sie als Magenöffner eine klare Brühe ohne Einlage, es folgen sieben Pudding-Gerichte (von 150 auf der Karte), wobei der nächste Pudding jeweils nur serviert wird, wenn der Vorgänger auch aufgegessen ist. Der Rekord eines Gastes soll bei 23 Gängen liegen.

Ein Deutscher bewahrte den britischen Pudding einst vor dem Aussterben

Allerdings wird hier jede Kalorie streng im Dienst des kulturellen Erbes aufgenommen. Denn gegründet wurde der Club 1985, um die Marginalisierung des Puddings auf den Speisekarten aufzuhalten - und freche kontinentale Invasoren wie Tiramisu, Panna Cotta, Crème Caramel oder Gâteau au Chocolat zurückzudrängen. Weniger gern erzählt man im Pudding Club, dass es ein Deutscher war, der den Pudding einst vor dem Aussterben bewahrte. Als Herzog Georg Ludwig von Braunschweig-Lüneburg 1714 den englischen Thron bestieg, linderte er sein Heimweh mit tröstlichen Pudding-Gerichten, die damals völlig aus der Mode gekommen waren und erst durch den neuen König wieder Beachtung fanden.

Das Sieger-Rezept für das Platin-Jubiläum wird Mitte März gekürt. Für ein solches Dinner käme eine allzu schwere Traditionsvariante eher nicht infrage. Eher schon etwas Fruchtiges, wie "Mary's Queen of Puddings", ein Rezept, mit dem Dame Mary Berry bereits in ihrer Backshow Maßstäbe gesetzt hat und das ein wenig an "Eton Mess" (Beeren, Baiser, Sahne) erinnert. Eine Nachspeise, die auch dem Eton-Schüler Boris Johnson bekannt sein dürfte, die Mary Berry aber natürlich vornehmer interpretiert.

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Dafür den Ofen auf etwa 160 Grad vorheizen und 3 Eier (L) trennen. Dann 600 ml Vollmilch mit dem Abrieb einer unbehandelten Zitrone, 25 g Butter und 50 g Zucker in einem Topf sanft erwärmen, bis Butter und Zucker sich aufgelöst haben. Die 3 Eigelbe kurz verquirlen und nach und nach in die Milch rühren (nicht kochen lassen!). 75 g frisches Weißbrot in sehr kleine Stücke rupfen oder schneiden, in einer runden gefetteten Auflaufform (Silikon oder Keramik) verteilen, die Milchmasse darüber gießen und für 15 Minuten ruhen lassen, damit das Brot die Flüssigkeit absorbiert. Die Form in ein tiefes Blech stellen und so viel heißes Wasser angießen, dass sie zur Hälfte im Wasser steht. Für eine knappe halbe Stunde backen, bis die Puddingmasse fest wird. Puddingform aus dem Wasser nehmen und 15 Minuten abkühlen lassen.

Unterdessen 500 g gefrorene (Wald-)Beeren und 200 g Zucker in einem Topf auf kleiner Hitze einköcheln lassen, bis eine Art Marmelade entsteht. Die drei Eiweiß mit dem Mixer steif schlagen, dabei 175 g Zucker einrieseln lassen, bis eine glänzende Baisermasse entsteht. Etwa 5 EL Früchtemasse auf dem Pudding verteilen und die Baisermasse mit einer Tülle oder Garnierspritze tupfenweise darüber setzen. Am Ende alles erneut bei nun nur noch 150 Grad für weitere 25 bis 30 Minuten backen. Den Pudding natürlich mit viel Sahne und eventuell der restlichen Marmelade servieren.

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