Designer Marc Jacobs:Spongebob zum Vorbild

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Marc Jacobs tritt auch schon mal im rosafarbenen Polokleid auf. Einst verhalf der exzentrische US-Designer der französischen Edel-Marke Louis Vuitton zu neuem Glanz, auf der Berliner Fashion Week gibt er jungen Designern Karrieretipps.

Claudia Fromme

Zwei Frauen mit Minikleidern und untertellergroßen Hornbrillen sichten bei Bergdorf Goodman die Kollektion von Marc Jacobs. Schluppenblusen, Spitzenröcke, Karokleider hängen in dem Kaufhaus am Central Park in New York artig nebeneinander. Eine der Frauen lässt lustlos ihre Finger über die Kleider gleiten, verdreht die Augen. "Nun ist er wirklich verrückt geworden", sagt sie.

Star-Designer berät auf der Fashion Week Berlin den Nachwuchs seiner Zunft. Der Amerikaner gilt als extrem - nach Berlin kam er im Rock. (Foto: dpa)

Eine zufällige Beobachtung, aber sie sagt viel darüber aus, welche Rolle von dem Designer erwartet wird. Die Kollektion war für seine Verhältnisse unfassbar langweilig. Keine Farbe, keine eigenwilligen Abnäher, keine Koketterie mit den Sixties. Man darf dem 49-jährigen New Yorker, tätowiert und meist in Röcke gekleidet, unterstellen, dies bewusst getan zu haben. Um Erwartungen zu brechen.

Als ihn das französische Traditionshaus Louis Vuitton 1997 verpflichtete, zweifelten viele am Geisteszustand von Inhaber Bernard Arnault. Bis dahin war Jacobs vor allem dafür bekannt, dass die Strickpullover seiner Oma und seine Grunge-Mode zwar von der Kritik gefeiert, von den Käufern aber ignoriert wurden. Arnault glaubte trotzdem an ihn. Vielleicht setzt sich Jacobs heute gerade wegen dieser Unterstützung selbst so nachdrücklich für den Nachwuchs ein - gerade beehrte er als Schirmherr des Designer-for-Tomorrow-Awards die Berliner Fashion Week.

Zusammenbruch nach Alkohol- und Drogenexzessen

Bei Louis Vuitton sollte ihm sein Eigensinn zum Vorteil gereichen: Er entstaubte die Marke radikal. Beispielhaft dafür sind die Taschen. Vorher Accessoires saturierter Großstadtadeliger, machte er sie zum Zielobjekt der internationalen Luxusjugend. Nach Art des Graffiti-Künstlers Stephen Sprouse verzierte er sie mit Tags, bedruckte sie mit Kirschen, produzierte in Jeansstoff, bescherte dem Haus eine Prêt-à-porter-Kollektion. Louis Vuitton wurde so zur Geldmaschine des Luxusgüterkonzerns LVMH. Seit 1986 betreibt der Designer zudem ein Label unter seinem eigenen Namen.

Marc Jacobs wuchs in New York bei seiner Großmutter auf, die ihm den Sinn für Mode und das Stricken beibrachte. Sein Vater starb früh. Nach einem Mode-Abschluss an der renommierten Parsons School experimentierte er mit eigenen Kollektionen, wurde als Chefdesigner bei Perry Ellis angeheuert und wegen Nichterfolgs gefeuert - bis Louis Vuitton den immer ein wenig überspannt wirkenden Designer verpflichtete. Damals trug Jacobs Pottschnitt und Brille und einige Kilo mehr. Er arbeitete wie besessen, putschte sich mit Drogen und Alkohol auf. 2007 brach er zusammen. Ein Jahr ging er in Klausur, unterzog sich einer Entziehungskur, einer Psychotherapie und suchte nach einer neuen Obsession: Bodybuilding. Louis Vuitton hält immer zu ihm - sicher ist das mit ein Grund dafür, dass er den Lockrufen von Dior widerstand, als das Modehaus nach dem Rauswurf von John Galliano Ersatz suchte.

Im Pariser Musée des Arts décoratifs wird Jacobs gerade mit einer Ausstellung geadelt. Eine Ehre, die nur wenigen Designern zuteil wird. Marc Jacobs kommentiert das auf seine Weise: Zur Vernissage tauchte er im rosafarbenen Jerseykleid auf und gab zu Protokoll, wer auch sein Vorbild sei - Spongebob, der Zeichentrickschwamm.

© SZ vom 06.07.2012 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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