Süddeutsche Zeitung

Design:Moderne Pop(o)kultur

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Knallgelbes Sofa? Check! Zu den Auffälligkeiten der diesjährigen Möbelwoche in Köln gehörte ein punktuell hoch dosierter Farbeinsatz, der die betroffenen Möbel in den eher dunklen Messehallen regelrecht leuchten ließ. Nun waren in den letzten Jahren zwar auch schon vielfarbige Interieurs gezeigt worden, da hatten allerdings meist zahme Pastellnuancen von Altrosa bis Hellgrün und später metallische Farbtöne die Palette dominiert. Diesmal sprang einem fast an jedem Stand ein Stück in poppigem Gelb, leuchtendem Fluo-Orange, mit stark opalisierender Oberfläche oder auch in einem ganz ironiefreien, tiefen Blau entgegen, wie man es vor zehn Jahren höchstens im Kinderzimmer gefunden hätte. Der Effekt dieser pointierten Signalfarben ist eigentlich simpel, aber doch jedes Mal erstaunlich: Einzelne Objekte in der Einrichtung werden damit stark betont und bekommen einen skulpturalen Touch - wie etwa auch das altbekannte, schlichte String-Regal, das in Köln erstmals in grellem Neonorange gezeigt wurde und damit gleich nach Kunstinstallation aussah. Derlei funktioniert aber natürlich nur, wenn die restliche Einrichtung, Wände und Böden einigermaßen ruhig und zurückhaltend bleiben. Dann gibt so ein Einzelstück in Signalfarbe dem Auge Halt, bringt Spannung in den Raum und lässt das restliche Interieur homogener erscheinen, als es vielleicht ist. Und vor allem buchstabiert ein derart krasser Farbklecks eben: Achtung, angewandtes Designverständnis! Es ist eigentlich wie in der Sterneküche - es muss auf dem Löffel warm und kalt knuspern und kitzeln, denn erst unterschiedliche Texturen tragen zum perfekten Gesamterlebnis bei. Dieses neue Sofa vom dänischen Polsterspezialisten Softline lag aber nicht nur farblich im Trend. Dank verstellbarer Rücken- und Sitzkissen lassen sich darauf auch ganz unterschiedliche Sitz- und Liegepositionen einnehmen, der umlaufende Holzrahmen dient zudem als Ablage. Damit reiht sich das "Wood" in eine neue Deutung der Sitzkultur ein, nach der das Sofa nicht mehr vorrangig als abendlicher Fernsehstandort interpretiert wird. Sondern eben als Ganztagsmöbel, auf dem sich ebenso gut ruhen lässt wie arbeiten, essen, Netflix schauen oder jene Zeit verbringen, die das Iphone als "Bildschirmzeit" deklariert. Schreibtisch und manch andere Möbel sollen damit überflüssig werden und das Sofa selbst in Hotellobbys ebenso einsetzbar sein wie in Co-Working-Spaces und anderen Austragungsorten der neuen Arbeitswelt.

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Quelle:
SZ vom 18.01.2020
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