Denkmäler:Nicht die höchste Form künstlerischer Würdigung

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Schiefes Abbild: Eine Büste von Fußballer Cristiano Ronaldo auf der Insel Madeira. (Foto: REUTERS)

Straßenkehrer, Sexualforscherin oder Zuchthengst: Kommunale Persönlichkeitsdenkmäler sind dieser Tage eine beliebte Form der Ehrung. Sie kommen aber nicht überall gut an.

Von Martin Zips

Am Karfreitag jährt sich zum dritten Mal der Todestag des Filmemachers Helmut Dietl. München hat ihm viel zu verdanken. Niemand dürfte in den vergangenen Jahren das Bild, das der Rest der Republik vom Lebensgefühl der bayerischen Landeshauptstadt zu haben glaubt, mehr geprägt haben als der Regisseur von Serien wie "Kir Royal" und Filmen wie "Rossini".

Nun ist Dietls Name auf einer Vorlage für die Sitzung des Münchner Kulturausschusses am 12. April 2018 gelandet. Es geht darum, ob ihn die Stadt mit einer Skulptur ehren soll - oder nicht. Infrage kommt ein Platz in Schwabing, auf dem schon Schauspieler Helmut Fischer, mit dem Dietl "Monaco Franze" drehte, in Bronze verewigt ist. Gleich am Café Münchner Freiheit, in dem Dietl oft mit Fischer saß. Im Behördenpapier wird allerdings betont, dass "die persönliche Ehrung von Helmut Dietl in München in unterschiedlicher Weise" schon "gegeben" sei. Der Regisseur finde bereits in einem Tourismus-Heftlein aus dem Jahr 2009 Erwähnung und sei schon mit einer Ausstellung gewürdigt worden.

Zudem sei er Namensgeber einer Straße im Münchner Osten. Ein "Antrag auf Realisierung" der Skulptur sei daher abzulehnen. "Dietl kommt", versichert indes der von privater Seite angefragte Münchner Künstler Nicolai Tregor, der schon den Bronze-Fischer schuf. Den Kopf will Tregor daheim formen, den Körper im Atelier. Dietls Witwe Tamara und die Café-Besitzer unterstützen die Idee. Eine lokalpolitische Initiative glaubt, genug Sponsoren zu finden.

Kommunale "Persönlichkeitsdenkmäler" sind dieser Tage eine besonders beliebte Form der Ehrung von Verstorbenen. So findet sich seit zehn Jahren im hessischen Idstein eine lebensgroße Statue des im Juli 2005 verblichenen Straßenkehrers Harry Seegebarth, genannt "Harry von de Gass". Wuppertal wiederum erinnert seit vier Jahren mit einem Denkmal an die von dort stammende "Sexualreformerin Helene Stöcker". Brandenburg an der Havel gedenkt mit Bronze-Möpsen an den hier geborenen Satiriker Loriot, und Oldenburg widmet in seiner Fußgängerzone eine Statue dem 2002 an Darmvergiftung verstorbenen Zuchthengst "Donnerhall".

Fauler Mops: Die Stadt Brandenburg an der Havel gedenkt mit dem "Waldmops" an den hier geborenen Satiriker Loriot. (Foto: Ralf Hirschberger/dpa)

Kunstkritiker und -soziologe Walter Grasskamp meint, dass "die Form der fast fotografischen Ehrung durch eine möglichst lebensgetreue Figur" posthum natürlich nicht unbedingt die höchste Form künstlerischer Würdigung darstellt. Das simple Bronze-Abbild des Fußballers Cristiano Ronaldo auf Madeira, Elvis Presley als Figur vor seinem Geburtshaus in Tupelo - da geht noch was. "Sehen Sie sich Rainer Fettings Willy-Brandt-Skulptur in der SPD-Zentrale in Berlin an", schwärmt Grasskamp. "Die ist gleichzeitig zeitgemäß und erkennbar. So wird was Besonderes draus."

Diese Mischung freilich traut sich auch Nicolai Tregor für seinen Dietl zu. Eine von Tregor gegossene Sophie Scholl erinnert im Lichthof der Münchner Universität an den Widerstand der Weißen Rose, im Kulturzentrum Gasteig findet sich seine Büste des Dirigenten Sergiu Celibidache. Nur seinen Dietl will die Stadt eher nicht. Das erzürnt auch Dietls Witwe Tamara: "Es würde mich echt freuen, wenn sich München endlich zu seinem großen Sohn bekennen würde."

© SZ vom 23.03.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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