Deliciously Ella:Süß, aber bitte ohne Zucker

Lesezeit: 2 min

Ihre drei Kochbücher wurden in 22 Sprachen übersetzt: Ella Mills. (Foto: mauritius images)

Ihre Fans nennen sie nur "Deliciously Ella": Die Britin Ella Mills ist eine der weltweit erfolgreichsten Food-Bloggerinnen. Das hat nicht nur mit ihrer Krankengeschichte zu tun.

Von Lina Paulitsch, München

Aufgeregtes Tuscheln erfüllt die Buchhandlung, Dutzende von Mädchen fixieren ein noch leeres Podium. "Ich bin ja von sonst niemandem so ein großer Fan, von keinem Schauspieler, keinem Sänger. Nur von Ella", flüstert eine junge Besucherin ihrer Freundin zu. In wenigen Minuten wird Ella Mills vor ihr Publikum treten - um ein Kochbuch zu präsentieren.

Ella Mills heißt für ihre Fans nur "Deliciously Ella", sie ist eine der weltweit erfolgreichsten Food-Bloggerinnen. Heißt: Sie präsentiert auf ihrem Internet-Blog Videos und Fotos von Gerichten, die sehr hübsch anzusehen und natürlich total gesund sind. Die Frage, die sich an diesem Mai-Tag im Hugendubel in München aufdrängt, ist: Seit wann sind Kochbuchpräsentationen cool? Wer oder was lockt Horden von jungen Mädchen an, die an klassische Rockband-Groupies erinnern?

Ein paar Stunden zuvor, in einer Hotel-Lobby. Deliciously Ella hebt kaum den Blick, distanzierte Professionalität. Ihr Teint und ihre Augen strahlen, ihre Zähne noch mehr, Ellas Attraktivität macht sie zum perfekten Aushängeschild ihrer nicht minder attraktiven Kochvideos, sie ist stilsicher dezent gekleidet, trägt nicht zu viel Make-up, alles an ihr steht für ihre Botschaft: Wenn du natürlich und vegan isst, ohne Zucker und Schadstoffe, dann kannst du so aussehen wie ich.

Rezepte von Deliciously Ella
:Herrlich süß, aber supergesund

Der Sommer ist da! Dazu passen Wassermelonen-Gurken-Drink und Kokos-Mango-Eis, aber auch fleischloser Braten und Quinoa-Salat. Acht Rezepte von Ella Mills aus ihrem neuen Kochbuch "Deliciously Ella mit Freunden".

Ein filmreifer Lebensweg

Dafür vermarktet sie sich und ihren filmreifen Lebensweg Social-Media-tauglich. "Es ist eine ungewöhnliche und lange Geschichte", sagt Ella Mills dazu. Als 19-Jährige fesselte sie eine seltene Erkrankung des Nervensystems monatelang ans Bett, keine Medikamente vermochten gegen Herzrasen und Blutdruckprobleme zu helfen. Dann stieß sie auf das Buch "Crazy Sexy Diet", in dem die amerikanische Autorin Kris Carr behauptet, ihr Krebsleiden durch gesunde Ernährung überwunden zu haben. Davon angespornt stellte Mills ihre Ernährung um, sie wurde Veganerin und dokumentierte das in einem Blog, angeblich nur aus Langeweile. "Für mich hat die introvertierte Natur von Kochen eine beruhigende Wirkung", sagt Ella Mills. Inzwischen brauche sie keine Medikamente mehr zu nehmen, sagt die heute 26-Jährige.

Wenn sie nicht auf Tour ist, lächelt sie gerne mit Ehemann Matthew Mills und ihrem Hund in die Kameras. Ihr Vater fungierte übrigens als Kuppler, schon nach vier Monaten wurde geheiratet. Ihr Vater könnte womöglich auch der Grund dafür sein, dass aus ihrem Zeitvertreib als Bloggerin etwa fünf Jahre später ein Unternehmen wurde - immerhin ist Shaun Woodward ein bekannter Politiker der Labour Party. Und ihre Mutter ist Camilla Sainsbury, Erbin einer der größten britischen Supermarktketten. Geschäftssinn - und vor allem Startkapital - dürften Ella Mills wohl mit in die Wiege gelegt worden sein.

Drei Millionen Abonnenten auf Instagram

Heute hat sie mehr als eine Million Abonnenten auf Instagram, die Marke Deliciously Ella umfasst drei Restaurants, ihre drei Kochbücher sind allesamt Bestseller und wurden in 22 Sprachen übersetzt, in über 2500 britischen Supermärkten und Starbucks-Cafés werden ihre Produkte vertrieben.

Ella Mills steht damit stellvertretend für ein Phänomen, das seit ein paar Jahren an Wucht gewinnt: Gesundheitsköniginnen, die bloggend den Fernsehköchen den Rang ablaufen. Essen ist längst auch ein Social-Media-Thema, Plattformen wie Facebook sind voll von Fotos mit Tiefenschärfe und Farbkontrast von hübsch angerichteten Mahlzeiten, #foodporn.

Was könnte das alles bedeuten? Bietet es womöglich Orientierung in der schier unüberschaubaren Welt, wenn man Rezepte liest und Gesundheitstipps befolgt? Der Gedanke, den Ella Mills und ihre Kolleginnen transportieren, ist schließlich auch: Wird es einem da draußen zu wild, kann man zumindest seinem Körper etwas Gutes tun und Produkte mit hohem Vitamingehalt in seinen Speiseplan inkludieren. Und sich damit Alltagsstress und Informationsflut entziehen.

© SZ vom 29.05.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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