Für sie: Deep Diva
Modisches Fazit nach den Filmfestspielen in Venedig: Die Diva ist ein altmodisches Konzept, das langsam ein Update bräuchte. Schulterstolen, Kurven, Sonnenbrillen und dieses Winken, bei dem sich nur drei Finger bewegen, all das boten uns Monica Bellucci, Angelina Jolie, Cate Blanchett und Nicole Kidman in Perfektion, wobei Letztere auch noch so aussah, als sei sie eine Barbiepuppe, bei der man den perfekten Kopf um 180 Grad drehen kann. Wo ist sie also, die moderne Diva? In der Jury! Isabelle Huppert gewinnt in diesem Jahr den Modepreis, und zwar nicht wegen ihrer makellosen Auftritte auf dem roten Teppich (Highlight: ein halbtransparentes Paillettenkleid von Armani mit passendem Beret).
Es gibt ja noch diesen anderen Moment in Venedig, in dem die Stars aus Wassertaxis steigen. Traditionell sind diese Looks immer casual, man hat Arbeit, zum Beispiel Pressekonferenzen. Und was macht die 71-Jährige? Verkleidet sich als junger Star. Einmal trug sie einen Jeanslook in Acid-Wash-Färbung, hier einen Jogginganzug, der an die Juicy-Couture-Modelle der Nullerjahre erinnert, zusammen mit Designertasche, Cap und überdimensionalem Kaffeebecher. Das alles ist von Balenciaga, genauer aus der Hollywood-Kollektion, die den Starkult auf die Schippe nimmt. Aber an Models sah das bisher alles viel zu ernst aus – die Idee findet erst an Huppert ihre Vollendung. Das Divenupdate also wäre schlicht ein bisschen Humor, aber vielleicht geht der nur, wenn man in das Alter kommt, in dem man seinen Kopf manchmal wirklich nicht mehr drehen kann.
Für ihn: Hair Majesty
Um der Wahrheit die Ehre zu geben – viele gestandene Männer ziehen sich heute ganz ordentlich an, sogar im Urlaub. Schließlich sind mittlerweile ja alle irgendwie Genussreisende und wissen, dass es angebracht ist, als Gast in einer schönen Landschaft oder Stadt nicht unrühmlich aufzufallen. Deshalb sehen heute Familienväter in kulturell und touristisch aufgeladenen Städten wie Salzburg, Barcelona oder eben Venedig so aus wie Daniel Craig bei den Filmfestspielen: Hemd ja, aber mit aufgerollten Ärmeln und offenem Kragen wegen Urlaub. Dazu Jeans und Sneakers, schließlich muss man viel rumlaufen.
Craig, Jahrgang 1968, macht mit seiner Jeans auch deutlich, was nahezu alle Ü-40 Menschen nicht mehr hinkriegen – der aktuellen Jeansmode Genüge zu tun. Stattdessen trägt man von einem gewissen Alter an stoisch das Jeansmodell, mit dem man seine schönste Lebenszeit verbindet, so ähnlich also, wie man auch die Musik aus dieser Zeit weiterhin hört. Bei Craig ist es die End-90er-Straight-Fit-Stonewashed-Jeans und damit befindet er sich in guter Mehrheitsgesellschaft mit Männern seines Alters, diese Hose dürfte bei den anstehenden Oasis-Konzerten oft zu sehen sein. Das wichtigste Statement dieses Casual- Tagestouristen-Looks sind aber natürlich Craigs Haare. Sich mit 56 die Haare noch mal lang wachsen zu lassen, ist ja eine beachtliche Testosteron-Botschaft, schließlich gehen ringsherum in diesem Alter eigentlich endgültig die Haare aus. Daniel Craig aber hat mit der Mähne wohl endgültig mit James Bond abgeschlossen, so fuzzy steht man nicht im Dienste Seiner Majestät. Und Bond würde in Venedig natürlich auch niemals mit Jeans und Turnschuhen ankommen.