Ladies & Gentlemen:Vaters Jeanshosen sind wieder in Mode

Jeansmode ist vielen Schwankungen unterworfen. Jetzt sollen sich sehr weite "Dad-Jeans" durchsetzen. Ist also Entspannung in Sicht?

Von Julia Werner und Max Scharnigg

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(Foto: AFP, Hersteller)

Für sie: Wie eine sanfte Umarmung

Mit Jeanstrends ist es wie mit der Weltlage: je erfolgreicher man sie ignoriert, umso besser lebt es sich. Um zu wissen, welches Modell gerade dem Zeitgeist entspricht, muss eine Frau jedenfalls schon sehr sensible Antennen haben. Grundsätzlich lassen sich zwei Gruppen erkennen: Da sind die Fans von Skinny Jeans, die seit ungefähr einem Jahrzehnt nicht mehr in Mode sind. Trotzdem schießen sich die Anhängerinnen frohen Mutes in den unvorteilhaften Schnitt und würden nie darauf kommen, sich selbst als unmodisch zu bezeichnen. Die Seligen!

Die Frau aus der anderen Gruppe ist hingegen ein nervliches Wrack. Sie träumt nachts von Klimawandel, Trump und Bolsonaro. Und als wären diese Sorgen nicht groß genug, versucht sie auch noch, der rasanten Entwicklung der It-Jeans hinterherzukommen. Gut, den einen oder anderen Hype hat sie wahrscheinlich ausgelassen: gekrempelte Boyfriend-Jeans, High-Waist-Denim oder die wiederentdeckte Levi's 501, die sich vor einigen Monaten urplötzlich in die 90er-Jahre- Bootcut-Jeans mit geradem Bein verwandelte. Dieser Frau wünschen wir, dass sie in der neuesten Denim-Reinkarnation endlich ihr Zuhause findet: der Dad Jeans.

Sie muss so aussehen, als wäre sie viel zu groß, wird aber unten keinesfalls gekrempelt, sondern fällt in mehreren Falten auf die Schuhe. Diese lässige Variante von Raey (über matchesfashion.com) hat sogar eine Bundfalte! Und dieser Hosentyp verdient ihren Namen, denn sie fühlt sich an wie die sanfte Umarmung des einzigen Mannes auf der Welt, auf den noch Verlass ist: Papa.

Von Julia Werner

Für ihn: Die Kartoffel unter den Textilien

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(Foto: AFP/Hersteller)

Zu den schlimmsten Elternfloskeln gehört die Behauptung, dass man dieses oder jenes Kleidungsstück nur hätte aufheben müssen, denn jetzt wäre es wieder total in. Das klingt zwar kurzzeitig richtig, bei näherer Betrachtung stimmt es aber nur selten. Denn so sehr Revivals die Mode bestimmen, sie sind doch nahezu nie aus dem Kellerschrank zu bestücken, sondern erfordern Neueroberung durch die aktuellen Träger.

Was nun das Thema Jeans angeht, so handhaben es Männer oft irgendwann ähnlich wie Parfum - einmal Bewährtes wird stoisch fortgetragen. Schließlich sind Jeans für viele nicht mal Bestandteil der Mode, sondern Grundkleidungsmittel, die Kartoffel unter den Textilien sozusagen. An Kartoffelsäcke erinnert auch die liebste Jeanspassform mittelalter Männer, die sich im Spiegel noch nie von hinten betrachtet haben. Dort, am verlängerten Rücken, ist die neuralgische Stelle jeder Hose und gerade bei Jeans trennt sich hier die Spreu vom Hintern.

Zu eng ist genauso entsetzlich wie jene gänzlich unsichtbare, vom Gürtel in Falten gezurrte Gesäßpartie, die gerade bei lockeren Dad-Jeans gerne vorkommt. Diese bequeme, asexuelle Röhre von weit oben bis über die Schuhe, war bisher Markenzeichen der Mir-dochegal-Midlife-Männer. An ihrer mäßigen Attraktivität ändern leider auch die Super-Dad-Cuts auf den Laufstegen nichts, hier etwa bei Dolce & Gabanna. Denn wie gesagt, modischer Zeitgeist lässt sich nicht mal eben als Dreingabe mitnehmen. Er muss kontinuierlich erarbeitet werden.

Von Max Scharnigg

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