Ladies & Gentlemen:Frack und Franca

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(Foto: Markus Schreiber/AP)

Große Garderobe und keine Influencer: Das Bankett für King Charles III. in Schloss Bellevue war ein festliches Ereignis, wie es in Deutschland selten stattfindet.

Von Max Scharnigg und Julia Werner

Für sie: Bella Figura

Das lustige an echten Top-Events ist, dass da, im Gegensatz zu Fashion-Shows oder sonstigen Marketingveranstaltungen, nie jemand wirklich gut angezogen ist. Bis auf König Charles natürlich, den elegantesten Mann der Welt. Das Top-Event der Woche war das Staatsbankett mit ihm und der Queen Consort. Königinnen sehen bekanntlich immer ein bisschen der Zeit entrückt aus und dürfen das auch, genauso wie die deutschen Damen aus der Gesellschaft, die mal wieder mit ihrer bedingungslosen Liebe zu Seidentaft und Stolas von sich reden machten. Diese rührende Mode-Ahnungslosigkeit ist in Zeiten, in denen man Influencern auf Instagram unentwegt an glamourösen Orten beim Feiern ihrer perversen Luxusgeilheit zuschauen muss, ein großer Trost, genauso wie der typisch deutsche, völlig unexzentrische Hut, den Elke Büdenbender beim Empfang des Königspaars am Brandenburger Tor trug. Aber gleichzeitig freut man sich trotzdem, wenn zumindest ein Gast nicht aussieht wie eine Schippe Pilze. Franca Lehfeldt, die Ehefrau unseres Finanzministers Christian Lindner, erschien zum Dinner im Schloss Bellevue in einer roten Abendrobe, mit einer modernen Chignon-Frisur und angemessener Vorfreude im Gesicht. Die weiße Strickjacke über dem Kleid ist alles andere als perfekt, weil sie der Schleppe ins Gehege kommt. Und deswegen genau richtig: ein Total-Look von einem Designer, ausgesucht von einem Stylisten, wäre ein uneleganter Instagram-Move gewesen. So aber: Zehn von zehn Sternen für die schöne Ministergattin.

Für ihn: Format gesucht

Eine hübsche Gemeinheit des Protokolls war der Dresscode "White Tie" für die Herren beim Staatsbankett anlässlich des königlichen Besuchs. Man wäre zu gerne dabei gewesen, wie den männlichen Gästen angesichts der Einladung dämmerte, dass ihr vorhandener Smoking diesmal eben nicht ausreicht, sondern die Nummer vom Kostümverleih ergoogelt werden muss. Denn einen eigenen Frack dürfte vermutlich nur Präsident Steinmeier im Schrank hängen haben, und derlei kauft man ja auch nicht mal schnell in der nächsten Herrenboutique. Nun gilt gemeinhin der große Gesellschaftsanzug als das Eleganteste, was ein Mann anziehen kann. Er ist eben nicht nur eine edlere Version des Anzugs wie der Smoking, sondern ein ganz eigenständiges Schneider-Konstrukt, für das Fred Astaire immer noch den Weltrekord hält. Mit seiner seltsam weichen Revers-Weste, dem Stehkragen-Hemd, der weit klaffenden Jacke und den doppelten Galons an den Hosenbeinen hält er eine Fülle kurioser Details bereit, und es ist auch ohne Zylinder sicherlich erst mal schwer, sich darin nicht komplett verkleidet vorzukommen. Deutet man den Gesichtsausdruck von Christian Lindner bei der Ankunft richtig, war er hier also noch in der Selbstfindungsphase, und zwar gerade an dem Punkt, an dem man sich benimmt wie ein Zirkusdirektor oder Zauberkünstler. Tatsächlich ist er mit seiner durchtrainierten Figur auch keine ganz ideale Frackgestalt oder besser gesagt: Die Zauberkraft des Fracks entfaltet sich bei mickrigen oder etwas üppigen Männern noch deutlicher. Das war ein Kompliment.

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