Süddeutsche Zeitung

Ladies & Gentlemen:Show mal!

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Jeff Goldblum als Mantelwesen und Charlotte Casiraghi mit ihrem Haustier: Zwei Highlights von den Modewochen in Mailand und Paris in der Stilkritik.

Von Max Scharnigg und Julia Werner

Mit Pferd: Charlotte Casiraghi

Gerade sind Haute-Couture-Schauen in Paris, und die schöne Prinzessin Charlotte Casiraghi ist mit ihrem fast noch schöneren Pferd Kuskus über den Laufsteg von Chanel geritten. Warum eine Prinzessin sich zu so einer Zirkusveranstaltung herablässt, ist hier gar nicht relevant (wahrscheinlich Langeweile), auch nicht, ob das jetzt eine Riesenqual für das anmutige Tier war (nein, war es nicht, der Ritt war ein Paradebeispiel für das Vertrauen zwischen Reiter und Pferd). Die Frage lautet, warum sofort Videos mit maßlosen Begeisterungsstürmen um die Instagram-Welt gingen (#OMG!). Denn was folgte, waren Chanel-Looks, die mit Pferden und Reiten ja gar nichts zu tun hatten (die Designerin Virginie Viard gab die Zwanzigerjahre als Inspiration an). Schwer vermisste man den großen Master of Camp, Karl Lagerfeld, der aus seinen Shows stets ganze Themenparks gemacht hatte, vom Supermarkt bis zur Raumstation. Was man da alles zu sehen bekommen hätte: Chanel-Trensen, Chanel-Sattel, Chanel-Putzzeug und Chanel-Schleifen in der Pferdemähne, vielleicht sogar als Doppel-C-gestanzte Pferdeäpfel! Aber offensichtlich muss man sich als Modehaus heute gar keine Mühe in Sachen Narrativ mehr geben. Nüchtern vorm Bildschirm betrachtet wirkte das Ganze wie die Vorführung einer Vierzehnjährigen vor den stolzen Großeltern. Das Kind kann versammelten Schritt, und es kann Galopp! So gesehen sind heutige Fashion-Show-Zuschauer die gut angezogene Version der Eltern, die ihren Sprösslingen für bloßes Rutsche-Runterrutschen tosenden Applaus spenden. Die Leute sind heutzutage so wahnsinnig leicht zu beeindrucken.

Mit Pouf: Jeff Goldblum

Es ist eher selten, dass man sich als Gast einer Runway-Show das Lachen verkneifen muss, meistens sorgen das Dargebotene und die Umgebung schon für den nötigen Respekt - vor allem bei Prada, da ist die heftigste Gemütsregung normalerweise distanziertes Wohlwollen. Als aber vergangene Woche bei der Prada-Show plötzlich der Schauspieler Jeff Goldblum aufmarschierte, dachte man schon kurz an einen Sketch oder dass jemand eine Wette verloren hätte. Er trug einen der langen dunklen Mäntel, die diese Kollektion auszeichnen, der allerdings in Goldblums Fall noch um dicke Kunstfell-Pompons an Armen und Beinen ergänzt worden war. Das wirkte ulkig, vor allem auch, weil sich Goldblum trotz der zotteligen Riesenmarshmallows an seinen Gliedmaßen bemühte, professionell pradamäßig dreinzuschauen. Und auch weil er dabei seine Arme, eben wegen der dicken Pouf-Manschetten, leicht abgewinkelt und starr halten musste, als wären es Stöcke, die ihm erst kurz vorher angeschraubt worden waren. Im Grunde sah er aus wie eine Actionheld-Spielfigur, und zwar eher eine, die mit der dunklen Seite der Macht flirtet: Evil Schwimmflügel Man! Bajuwarisch sozialisierte Menschen fühlen sich bei einem derartigen dicken Wadenbesatz vermutlich an die sogenannten "Loferl" erinnert, also jene rustikalen Wadenumpuschelungen, die auf jedem Oktoberfest an akribischen Trachtenheinzen zu beobachten sind. Freilich, die trägt man nur effektvoll auf nackter Haut. Das wäre aber eine Zuspitzung gewesen, auf die Raf Simons und Miuccia Prada zum Wohle des Schauspielers Goldblum verzichtet haben.

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