Champagner:Das Vermächtnis der Witwe Clicquot

Barbe-Nicole Clicquot-Ponsardin

Die Witwe Clicquot ließ sich nicht gerne malen. Von ihr existieren nur zwei Porträts - dieses ist eines davon. Es ist wohl zwischen 1860 und 1862 entstanden.

(Foto: Denys via www.commons.wiki.org)

Ohne Madame Clicquot würde es Champagner in seiner heutigen Form nicht geben. Denn sie erfand eine spezielle Technik.

Von Jana Stegemann

Der Aufstieg von Barbe-Nicole Clicquot-Ponsardin zu einer der erfolgreichsten und vermögendsten Unternehmerinnen des 19. Jahrhunderts beginnt mit dem Tod ihres Mannes. Die unscheinbare Französin aus Reims - von Historikern als klein, rundlich, pausbäckig und rübennasig beschrieben - ist 27 Jahre alt, als sie die Witwe Clicquot ("Veuve Clicquot") wird.

Aus der siebenjährigen Ehe bleibt ihr ein kleiner Champagner-Betrieb, den der Vater ihres Mannes 1772 gegründet hat.

1805, als sie die Leitung des Unternehmens übernimmt, verkaufen die Clicquots jährlich etwa 100.000 Flaschen. Bei ihrem Tod 1866 hinterlässt sie ein europaweit operierendes Unternehmen mit einem jährlichen Absatz von 750.000 Flaschen und eine starke Marke, die heute zum Luxuskonzern LVMH gehört.

Die entscheidende Eingebung der Witwe

Die Witwe Clicquot war die erste Frau, die ein Champagnerhaus leitete. Sie ebnete den Weg für andere Frauen - und sie machte den Champagner zu dem, was er heute ist. Denn der Unternehmerin, die Zeit ihres Lebens zwar gerne Champagner trank, aber Partys ablehnte und penibel Listen erstellte, wem sie wie viel Geld geliehen hatte, ist es zu verdanken, dass der französische Schaumwein heute klar und perlend ist.

Barbe-Nicole Clicquot

Bis heute ist die Witwe Clicquot auf den Korken des Champagnerhauses Clicquot aus Reims zu sehen.

(Foto: picture alliance / AP Photo)

Die Witwe hatte eine entscheidende Eingebung: Sie erfand das Rütteln der Champagnerflaschen auf den sogenannten Rüttelpulten ("le remuage"). Bei diesem Vorgang werden die kopfüber stehenden Flaschen etwa drei Wochen lang täglich so bewegt, dass die darin enthaltene Hefe sich langsam Richtung Flaschenhals absetzt und nach einiger Zeit entfernt werden kann ("Degorgieren"). Eine Wohltat im Gegensatz zu der trüben Brühe, die die Winzer seit dem 17. Jahrhundert herstellten.

Darum wird Champagner drei Wochen gerüttelt

Im Prinzip machen es die großen Champagnerhäuser noch heute so wie Madame Clicquot es vor zweihundert Jahren ersonnen hat. Mit Maschinen werden die in Gitterboxen gestellten Champagnerflaschen gedreht und täglich leicht bewegt, sodass sich die Hefe am Kronenkork absetzen kann. Nach und nach werden die Flaschen immer weiter auf den Kopf gestellt. Durch das Eintauchen des Flaschenhalses in ein Eisbad gefriert die Hefe als Pfropfen und kann entfernt werden.

Handgerüttelt wird heute übrigens nur noch bei besten Qualitäten und häufig bei kleinen Betrieben, die die sogenannten Winzerchampagner herstellen. In den Großbetrieben der berühmten Marken übernehmen längst die Roboter diesen Vorgang.

Die drei legendären Champagner-Witwen

Bei ihrem Tod wurde die Witwe bereits "Grande Dame de la Champagne" genannt. Sie entwarf die ersten Flaschenetiketten, erfand den Rosé-Champagner und ihr gelang es nach den Napoleonischen Kriegen als erste, eine Schiffsladung Champagner an den russischen Zarenhof zu schicken. Sie ist bis heute die bekannteste der Champagner-Witwen.

1860, sechs Jahre vor Clicquots Tod, übernam die Witwe Louise Pommery in Reims den gleichnamigen Champagnerproduzenten. Und das in einer Zeit, in der Frauen eigentlich nicht mal ein eigenes Bankkonto besitzen, geschweigen denn arbeiten durften.

Die Dritte der legendären Champagner-Witwen war Mathilde Emilie Perrier. Nach dem Tod ihres Mannes 1887 stieg sie in das Geschäft ein und nahm eine der ersten Fusionen von Champagnerhäusern vor, womit sie die Grundlage für das Traditionshaus Laurent-Perrier legte.

Lily Bollinger über Champagner

"Ich trinke Champagner, wenn ich froh bin, und wenn ich traurig bin. Manchmal trinke ich davon, wenn ich alleine bin; und wenn ich Gesellschaft habe, dann darf er nicht fehlen. Wenn ich keinen Hunger habe, mache ich mir mit ihm Appetit, und wenn ich hungrig bin, lasse ich ihn mir schmecken. Sonst aber rühre ich ihn nicht an, außer wenn ich Durst habe."

Lily Bollingers Gatte starb im Zweiten Weltkrieg und seitdem führte sie den Betrieb fort. Bereits im Buch "Diamands are for ever" (1956) erwähnt Ian Fleming den Bollinger-Schaumwein. Schließlich gilt dieser da längst als der britischste aller Champagner - und wird auch von Fleming persönlich gerne getrunken.

Bis heute ist der Einfluss von Frauen auf die Champagnerindustrie und -entwicklung ungebrochen: Noch immer werden einige bedeutende Champagnerhäuser - wie Taittinger (Vitalie Taittinger), Pommery (Nathalie Vranken) und Duval-Leroy (Carol Duval-Leroy) - von Frauen geleitet.

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