Brustbeutel:Neues Beutelschema

Stil Brustbeutel

Für die Frau ein Begleiter für die Nacht und für den Mann etwas fürs Abenteuer: Der Brustbeutel

(Foto: AFP; PR)

Einst trugen ihn Kinder auf dem Klassenausflug, jetzt haben Designer den Brustbeutel entdeckt. Und wer die verhassten Umhängebeutel mit Abstand zum Elternhaus betrachtet, könnte sie nun lieben.

Von Julia Werner und Max Scharnigg

Für ihn: Neues Beutelschema

Brustbeutel, Brotdose und klobige Trinkflasche mit Hagebuttentee, das war mal die heilige Dreifaltigkeit des Klassenausflugs. Erst mit diesen Accessoires wurde man von den Eltern für schullandheimtauglich erachtet, und selbst als man schon mit Gitarre und Filzhaaren zum Interrail-Trip aufbrach, kam Mama noch mit dem Brustbeutel und warmen Worten ums Eck. Schließlich: Der ist gut gegen Langfinger!

Etwas, das derart einstimmig als Spießer-Accessoire verschrien war, musste natürlich irgendwann auf den Laufstegen wiedergeboren werden. So erlebten es ja in den letzten Jahren auch fiese Sportsocken, Badeschuhe, Adiletten und Kakteen. So bad it's good - diesen Würgereflex liebt die Mode eben. Im Falle des Brustbeutels ist das, wie man hier bei Raf Simons aktueller Sommerkollektion sieht, gar nicht so schlimm. Zumindest waren die Beutel bei den gezeigten Outfits bestimmt nicht die merkwürdigsten Bestandteile. Und mit etwas Abstand zum Elternhaus betrachtet, sind die Umhängetaschen eigentlich gar nicht so schrecklich. Die Vorstellung zum Beispiel, das Smartphone darin nah am Herzen baumeln zu haben, scheint jedenfalls heutzutage durchaus mehrheitsfähig.

Was den Diebstahlschutz angeht, so tun sich natürlich neue Probleme auf. Wenn der Brustbeutel schon mehr kostet als der ganze Klassenausflug, eignet er sich nicht mehr so recht als tragbare Sicherung. Und als Elternberuhiger schon gar nicht. Tja, diesen neuen Brustbeutel müssen Kinder den Eltern schmackhaft machen. Verkehrte Welt!

Für Sie: Jederzeit startbereit

Früher legte man dem Kind einen Brustbeutel um, damit es immer genau wusste, wo seine wichtigsten Habseligkeiten zu finden waren. Genauer gesagt das Geld, mit dem es einen öffentlichen Fernsprecher benutzen und die Eltern zur Rettung rufen konnte. Aus dieser praktischen Sicherheitsvorkehrung haben Designer jetzt ein modisches Accessoire gemacht. Statt langer Goldkette sollen wir ab sofort eine Art Portemonnaie am Lederband über dem Kaschmirpulli oder T-Shirt tragen.

Vom französischen Shootingstar Simon Porte Jacquemus gibt es eine kleine runde Version oder gleich den vor der Brust getragenen Mini-Rucksack. Modeleute werden auf diesen Trend natürlich aufspringen wie geübte Turner auf den Schwebebalken - ist schließlich neu und irgendwie so viel zeitgemäßer als jeder über dem Busen baumelnde Hippieschmuck!

Auf Außenstehende allerdings mag die eigentlich erwachsene und ganz und gar nicht hilflose Frau mit Brustbeutel etwas infantil wirken. Allerdings spricht das innere Kind in uns ja immer die Wahrheit: Die ganze Welt ist voller Schurken, und die Frau, die Ausweis, Schlüssel und Kreditkarte so nah am Herzen trägt, ist damit besser davor geschützt, ihrer Identität beraubt zu werden, denn was ist der Mensch schon ohne diese offiziellen Beweise seiner Existenz? Und wenn es plötzlich apokalyptisch wird, hat ja keine Frau mehr den Nerv, noch nach ihrer Tasche zu greifen! Wie man sieht, ist die gut angezogene Frau allen anderen doch wirklich immer einen Schritt voraus.

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