Bildband:Einblicke in die elitäre Welt der Yachtklubs

New York Yacht Club

Edles Ambiente, große Geschichte: Der Hauptsitz des New York Yacht Club liegt mitten in Manhattan.

(Foto: Dan Nerney; NYYC/Dan Nerney)

Schlösser als Klubheime: In Yachtklubs kommt auch ein Segler nicht einfach so rein.

Von Karl Forster

Die Ranger glitt langsam in die Bucht von St. Barth. Und damit war es um die deutsche Crew der Swan 42 namens Atlantis II geschehen. Zu Hause im fernen Mittelmeer war man ja oft Mittelpunkt des Interesses, eine Swan gilt schließlich als der Porsche unter den Segelschiffen.

Aber hier, vor einer jener karibischen Inseln auf Reede liegend, in deren Kneipen ein "shot of rum" schon mal 20 Dollar kostet, und mit einem Nachbar nebendran, der, um bei Automobilvergleich zu bleiben, mindestens der Summe aus Ferrari, Bugatti und Aston Martin entspricht, da fühlten sich die sonst so stolzen Swan-Segler dann doch recht klein. Und einer scherzte leise: "Zur Ranger sind wir doch nur ein Beiboot."

Diese Ranger gehört zur exklusiven Klasse der J-Yachten, das sind nicht mal zehn Segelschiffe, meist Repliken alter America's-Cupper, die sich in den schönsten Revieren der Welt immer wieder treffen, um gegeneinander zu segeln. Und sie sind in den edelsten Häfen und Yachtklubs zu Hause, die Ranger etwa in dem von New York, dessen Prachtbau in Manhattan man gerne "Kathedrale des Segelsports" nennt. Und genau dieser Klub eröffnet die Reihe der zehn "exklusiven Yachtklubs" in einem imposanten Bildband des Verlags Delius Klasing. Wer wissen will, wo sich Eigner wie der Besitzer der Ranger vom Segelstress erholen, hier ist er richtig.

Was unterscheidet einen Yachtklub von, sagen wir, einem Golfklub? Beide sind, je nach Berühmtheit, elitär, sehr elitär oder ganz fürchterlich elitär. Beide sind, je nach Alter, traditionsbewusst mit ähnlicher Steigerung. Bei beiden handelt es sich, je nach Neigung der Mitglieder, um Sportklubs mit entsprechendem Ambiente. Der entscheidende Unterschied aber ist das Sportgerät.

Wer ein anständiges Golfset erwerben möchte, ist mit 500 bis 1000 Euro schon in der oberen Kategorie unterwegs. Für eine Maxi-Yacht aus der monegassischen Edelwerft Wally legt man gerne 3,5 Millionen Euro hin - nach oben keine Grenzen. Und wenn man hört, dass allein der monatliche Unterhalt solcher Schiffe um die 50 000 Euro aufwärts kostet, je nach Hafengebühren und Champagnereinkaufspreis, dann kommt der Golfer schon ins Grübeln, ob er wirklich umsteigen soll.

Es wird vor allem Gin Tonic getrunken oder irgendetwas mit Rum aus der Karibik

Swante Domizlaff, der Autor des Bandes, hat zehn Segelklubs ausgewählt, was natürlich den Zwang zur Subjektivität mit sich brachte. Aber im Prinzip sind sich ja all diese und auch die nicht genannten Vereine recht ähnlich. Es wird vornehmlich Gin Tonic getrunken oder etwas mit Rum, man legt dabei Wert auf eine exklusive Provenienz der Alkoholika. Ein Hendrick's Gin mit leichtem Gewürzgeschmack ist das Mindeste. Der Bombay Sapphire passt schon der blauen Flasche wegen zu den edlen Ledersesseln des New York Yacht Clubs. Beim Rum ist die Karibik als Ursprungsgegend obligat; der im Eichenfass auf Guadeloupe gereifte Alambic Classique Bellevue "Flamme d' Or" liegt da gut im Rennen, vor allem der Jahrgang 1998.

Wichtig waren Domizlaff nicht nur Getränke, sondern auch die gesellschaftliche Relevanz der Klubs und die von ihnen betriebenen sportlichen Großveranstaltungen, sprich: Regatten. Und der Satz, dass, wer ein "true yachtsman" sei, in jedem dieser Klubs willkommen sei, mag dieser auch noch so exklusiv wirken. Damit soll wohl der Unnahbarkeit all dieser noblen Häuser das Abschreckende genommen werden. Ob's hilft, bleibt fraglich. Denn die zehn Klubs haben einiges gemeinsam: endlose Wartelisten von Aspiranten und eine respektable Menge von Milliardären als Mitglieder. Und bis auf den Klub von Monte Carlo eine Historie, die oft bis in jene Zeit zurückreicht, in der Segelschiffe alleine die Weltmeere und so auch die Welt beherrschten.

Bildband: Die Dependance des NYYC mit Klubhaus in Newport, Rhode Island.

Die Dependance des NYYC mit Klubhaus in Newport, Rhode Island.

(Foto: NYYC/Dan Nerney)

Aufnahmeprozedur dauert zwei Jahre

In der sie also zu jenem Material gehörten, mit dem man Kriege führte. Was nun das Militärische im Klubleben angeht, ist England, das einstige Weltreich, natürlich führend. Der Royal Racing Club, die Royal Yacht Squadron und der Royal Thames Yacht Club, sie alle pflegen ein intensives Verhältnis zur Marine, und sei es, wie beim königlichen Renn-Club, nur dergestalt, dass man hier sein frühabendliches Ale auf Barhockern genießt, die einst zum Mobiliar des Schlachtschiffes HMS Iron Duke gehörten. Dieses war bei der berühmten Seeschlacht vom Skagerrak das Flaggschiff der britischen "Grand Fleet". Der Klub hat 3300 Mitglieder, das sind ungewöhnlich viele, aus 65 Nationen. Dass auch 300 Frauen dabei sind, schien dem Autor erwähnenswert. Der Jahresbeitrag von 288 Pfund ist fast schon plebejisch günstig. Allerdings soll der Aspirant wenigstens eine große Regatta absolviert haben, am besten die um den Fastnet-Felsen vor Irland, bei dem 21 Menschen im Jahr 1979 ertranken.

Apropos Mitglieder: Bei der Royal Yacht Squadron kann man sich gar nicht bewerben. Wer in den edlen Kreis der konstant 535 Klubmitglieder kommen will, muss "eingeladen" werden. Die Aufnahmeprozedur dauert, wenn ein Platz durch Todesfall frei geworden ist, zwei Jahre.

Klar, ähnlich elitäre Bräuche sind auch in anderen Klubs en vogue, das ist bei den Golfspielern nicht anders. Wer zum Beispiel auf dem Pebble-Beach-Golfplatz von Carmel spielen möchte, um das legendäre Loch 7 zu bewältigen, legt für die Runde schon mal 495 Dollar hin. Er darf aber dann auch nach dem 18. das 19. Loch besuchen, also die Bar im Klubhaus. Anders ist das bei den Seglern. Wer mit seiner Yacht, und sei sie noch so groß, in, sagen wir, Monte Carlo, einläuft, kann hier zwar die großzügig angelegten Facilities benützen, in den Yacht Club de Monaco kommt er aber nicht ohne Weiteres rein. Da achten, wie es so dezent in Domizlaffs Kapitel über diesen architektonisch wohl verrücktesten Yachtklub der Welt steht, freundliche Damen am Empfangstresen darauf, dass das mit dem Zugang "seine Ordnung hat". Norman Foster hat das einem Luxusliner nachempfundene Gebäude entworfen, das 2014 fertiggestellt wurde. Und man sagt stolz von sich, ein Viertel der hundert größten Luxusyachten der Welt führe den Wimpel des Yacht Club de Monaco im Masttopp.

Ambiente und Rituale solcher Klubs unterscheiden sich dennoch nur unwesentlich von denen in ganz normalen Seglervereinigungen, das gilt vom Chiemsee Yacht Club (einst Heimat von Deutschlands berühmtem Weltumsegler Bobby Schenk) bis zum Royal Hong Kong Yacht Club oder dem Nautikos Omilos Palaiou Falirou von Piräus, einem der vornehmsten griechischen Klubs, der früher sogar ein königlicher war. Eine Geschichte erzählt man dem deutschen Gast immer noch gerne: Man schrieb das Jahr 1977, als Deutschlands damals führender und - weil hauptberuflich Lufthansa-Kapitän - angesehenster Segler, der gebürtige Berliner Willy Kuhweide, missmutig einsam einen Lobster verspeiste. Missmutig deshalb, weil ihm gerade eine bayerische Crew im letzten Rennen die Europameisterschaft in der Solingklasse vor der Nase weggeschnappt hatte. Diese feierte den Sieg in Sicht- und Hörweite lautstark und ganz unyachtklubmäßig mit mitgebrachtem Weißbier und Leberkäs.

Und noch eine Ähnlichkeit: Egal ob bei Gin Tonic, Planter's Punch oder Weißbier, bei der abendlichen Runde im Yachtklub wachsen die Wellen zu meterhohen Ungetümen, und drei Beaufort Windstärke werden zum Orkan. Und man erzählt immer wieder alte Heldengeschichten, natürlich nur von Klubmitgliedern. Etwa im Harbour Club, der meernahen Dependance des New York Yacht Club auf Rhode Island, oder in dessen edlem Hauptsitz in einem Belle-Époque-Palais mitten in Manhattan, in der 37 West 44th Street. Über dessen Eingangstür prangt die Inschrift "Nos agimur tumidis velis" (Volle Segel treiben uns voran). Dort wird gerne auf die phänomenale Leistung des Klubmitglieds Charlie Barr verwiesen, der 1905 seinen Dreimast-Schoner Atlantic in zwölf Tagen und vier Stunden, einer Minute und 19 Sekunden 2925 Seemeilen über das namensgebende Meer prügelte und so einen mehr als 100 Jahre lang geltenden Rekord aufstellte.

Yacht Club de Cannes - das klingt beinahe wie CYC: Chiemsee Yacht Club

Dass man aber nicht unbedingt eine dicke Yacht und einen noch dickeren Geldbeutel braucht, um zumindest für kurze Zeit die Annehmlichkeiten eines edlen Yachtklubs genießen zu können, bewiesen drei junge Chiemsee-Segler vor vielen Jahren. Sie waren mit einem Citroën 2 CV nach Cannes gefahren, ihre erste Auslandsreise, und sahen am Hafen ein Gebäude mit der Aufschrift "Yacht Club de Cannes". Sie kannten die Initialen, nur in anderer Reihenfolge: CYC stand für ihren "Chiemsee Yacht Club". Gerade war eine große Sause gestartet, mit Rosé und Champagner, Canapés und anderen Feinheiten. Es herrschte größeres Gedränge, sie stellten sich einfach dazu und fingen an zu speisen und zu trinken. Als sie ein Mann in blauem Yachtjackett fragte, welcher Art ihr Schiff denn sei und wo es liege, sagte jener der drei, der etwas Französisch konnte, es handle sich um eine Swan namens "Marina", sie liege in Monte Carlo. Leider sei die Maschine kaputt. Da lachte der Mann in Blau und meinte, dass sie, wenn der Schaden behoben sei, gerne hier einen Platz finden würden als Gäste. Und wünschte "bonne chance!"

Diese Geschichte allerdings steht nicht in Svante Domizlaffs Buch.

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