Berühmte Torte:Sacher selbstgemacht

Lesezeit: 4 min

Berühmte Leckerei: Chef-Patissière Beate Wöllstein betrachtet ihre Sachertorte. (Foto: Christian Verlag/Anja Prestel)

In diesem Jahr wäre Franz Sacher, der Erfinder der berühmtesten Torte der Welt, 200 Jahre alt geworden. So lässt sich sein Meisterwerk nachbacken.

Von Juri Auel

Ausgerechnet jetzt. Der Küchenchef im Hause Metternich liegt krank im Bett - und just in diesem Moment verlangt es den Fürsten und Staatsmann nach einem ganz besonderen Dessert, um seine Gäste zu beeindrucken. Der einzige, der ihm in dieser Situation helfen kann, ist Franz Sacher, der 16-jährige Koch-Azubi im zweiten Lehrjahr. "Dass er mir aber keine Schand' macht, heut' Abend!", soll ihm der alte Metternich noch hinterhergerufen haben.

Sacher, so geht die Legende, erfand noch am selben Tag im Jahr 1832 die Grundform der Süßigkeit, die später zum Wahrzeichen einer ganzen Stadt werden sollte. In diesem Jahr am 19. Dezember wäre der Wiener Konditor 200 Jahre alt geworden. Wer Wien besucht, ohne im Hotel Sacher für eine Portion der Schokoladentorte mit Schlagobers eingekehrt zu sein, ist nie wirklich da gewesen. Verpackt in Holzschächtelchen reist sie als Souvenir um die ganze Welt. 360 000 Torten stellt die Manufaktur des Hotels nach eigener Aussage jährlich in Handarbeit her. Ein Großteil davon wird übers Netz verkauft und geht in den Export.

Sacher ist Mythos und Marke zugleich. Das Originalrezept ist bis heute streng geheim und soll sich hinter der dicken Tür eines Safes im Hotel befinden. Viele Menschen haben versucht, die Rezeptur nachzuahmen. Menschen wie Beate Wöllstein, Chef-Patissière des Wöllsteins Desserthaus in München. Die Expertin ist sich sicher: Die Geheimniskrämerei um das Originalrezept hat maßgeblich zum Erfolg der Süßspeise beigetragen.

Trotz der Top-Secret-Einstufung dürfe jeder Sachertorte herstellen und verkaufen, sagt Wöllstein. Wichtig sei nur, dass er das Produkt nicht "Original Sachertorte" nenne - das dürfe nämlich nur das Hotel Sacher.

Wöllstein entwickelte ihr eigenes Sacher-Rezept vor gut 20 Jahren. Inzwischen gibt sie in ihrem Desserthaus sogar Back-Kurse, in denen sie ihren Teilnehmern beibringt, wie die Wiener Spezialität im eigenen Backofen gelingt. "Es gibt bei der Sacher einige Schwierigkeiten zu beachten", sagt die Expertin. Ein gewisses backhandwerkliches Geschick sei Voraussetzung, damit die Torte gelingt - genau wie ein wenig Profiausrüstung. Ihr Rezept hat Wöllstein mit vielen anderen kürzlich in ihrem eigenen Backbuch "Die große Backschule" (Christian Verlag) veröffentlicht .

Zutaten:

Für den Sacherboden:

50 g Mehl (Type 405)

120 g Mandeln, gerieben

100 g zimmerwarme Süßrahmbutter, mehr für den Backring

110 g Puderzucker

Mark von ½ Vanilleschote

100 g Eigelb

125 g bittere Kuvertüre (möglichst eine Schokolade mit 66 Prozent Kakaoanteil)

120 g Eiweiß

Für die Aprikotur

125 g Aprikosenkonfitüre

30 g Wasser

Für die Schokoladenglasur

70 g bittere Kuvertüre (möglichst eine Schokolade mit 66 Prozent Kakaoanteil)

210 g Zucker

45 g Kakaopulver

85 g Wasser

Für die Dekoration

Schokoladendekor nach Wahl

Vorbereitung

"Ich empfehle, aus hygienischen Gründen auf Springformen mit Boden zu verzichten und stattdessen Backringe und Backpapier zu verwenden. Die Ringe sind wesentlich leichter zu reinigen", sagt Wöllstein. Dazu wird eine Fläche des Rings auf das Papier gestellt, welches dann so um den Rand des Rings herumgefaltet wird, dass eine gewisse Spannung entsteht. "Ähnlich wie bei einer Trommel." Anschließend den Ring innen mit Butter einfetten.

Eine Seite des Backrings mit Backpapier einschlagen und straff ziehen, um so einen Boden für die Form zu gestalten. (Foto: Christian Verlag/Anja Prestel)

Mehl in eine Schüssel sieben, mit den Mandeln mischen und beiseite stellen. Anschließend in einer anderen Schüssel Butter, 35 g Puderzucker und das Vanillemark mit einem Handmixer aufschlagen. Nach und nach das Eigelb dazu geben und die Masse schaumig schlagen. Anschließend muss die Kuvertüre geschmolzen werden. Das geht am besten in der Mikrowelle und sollte in durch Umrühren unterbrochenen 40-Sekunden-Intervallen geschehen, damit die Masse nicht anbrennt.

Die geschmolzene Kuvertüre in die Schüssel geben und verrühren. In einer weiteren Schüssel das Eiweiß mit dem restlichen Puderzucker steif schlagen, dann mit einem Gummispatel vorsichtig unter die Buttermasse heben. Die Mehl-Mandel-Mischung dazugeben und mit dem Gummispartel vorsichtig unterrühren. "Aufpassen, dass die Masse dabei nicht zusammenfällt", sagt Wöllstein.

Aus einem Boden werden später zwei. (Foto: Christian Verlag/Anja Prestel)

Die Masse in den vorbereiteten Backring geben und im vorgeheizten Ofen bei 175 Grad etwa eine Stunde backen. Herausnehmen und auskühlen lassen, dann mit einem glatten Messer aus dem Ring lösen. Mit einem scharfen Sägemesser waagerecht halbieren und die beiden Böden zum Befüllen aufklappen.

Zunächst muss die Aprikotur zubereitet werden. Dazu die 125 g Aprikosenkonfitüre mit den 30 g Wasser aufkochen, mit einem Pürierstab bearbeiten und erneut kurz aufkochen. "Wichtig ist, dass die Mischung wirklich richtig aufgekocht wird, bis sie schäumt. Sonst rutscht die Schokoglasur später runter", sagt Wöllstein. Mit einer Schöpfkelle die Hälfte davon als Füllung auf den unteren Biskuitboden geben und mit einer Palette glatt streichen. Den zweiten Biskuittboden auflegen. Die Torte rundum mit der restlichen Aprikotur bestreichen und für etwa drei Stunden im Kühlschrank trocknen lassen.

Die Aprikotur wird vorsichtig auf den Boden gestrichen, nachdem sie bis zum Aufschäumen gekocht wurde. (Foto: Christian Verlag/Anja Prestel)

"Es empfiehlt sich, den Boden schon einen Tag vorher zu backen, dann ist er stabiler", sagt die Expertin. "Man kann die Torte dann auch gleich mit der Aprikosenglasur bestreichen und über Nacht trocknen lassen, bevor es an die Schokoglasur geht."

Dieser Schritt gilt als besonders knifflig. "Die Schokoglasur ist eine echte Herausforderung für meine Gäste in meinen Kursen", sagt Wöllstein. Damit das Vorhaben gelingt, ist Präzision gefragt. Die Kuvertüre, den Zucker und das Kakaopulver in einen kleinen Topf geben. Anschließend das Wasser einrühren und danach die am Rand klebende Masse mit einem feuchten Pinsel zurück in den Topf waschen, damit die Glasur nicht zu früh auskristalisiert. Das Gemisch dann auf 105 Grad erhitzen. Tipp der Expertin: "Messen Sie mit einem Thermometer nach. Bei höheren Temperaturen besteht die Gefahr, dass die Mischung anbrennt."

Den Topf vom Herd nehmen und zu zwei Dritteln auf eine steinerne Arbeitsplatte gießen. "Es braucht dafür wirklich einen Untergrund aus Marmor oder einem anderen Stein, damit die Fläche kalt genug ist und die Masse gut auskühlt", sagt Wöllstein.

Für das Abkühlen der Schokoladenmasse braucht es umbedingt einen Untergrund aus Stein, sagt die Experin. (Foto: Christian Verlag/Anja Prestel)

Mit einem Spatel die Masse permanent bewegen und durch das Unterheben von Luft abkühlen, bis sie zäh wird. Anschließend die abgekühlte Glasur zum restlichen, noch warmen Drittel im Topf geben und gut umrühren - dadurch bekommt die Masse genau die richtige Temperatur.

Sobald die Glasur zähfließend ist, die Sachertorte aus dem Kühlschrank nehmen, auf ein Kuchengitter stellen und die Glasur darüber gießen. "Am besten eine volle Kelle mit Schwung darübergießen, damit eine komplette Schicht direkt an der Torte herunter rinnt." Mit einer Palette glatt streichen und abtropfen lassen, anschließend das Gitter an einer Seite anheben und leicht auf die Tischplatte klopfen - durch das "Abklopfen" soll überschüssige Schokolade abfließen. Anschließend die Torte mit einer Palette vorsichtig vom Gitter auf eine Tortenplatte schieben.

Zum Schluss lässt sich die Torte mit Schokoladendekor nach Wahl verzieren.

"Traditionell", so sagt Wöllstein, "isst man die Sachertorte mit einer Portion Schlagobers zu Wiener Kaffeespezialitäten wie Melange, großer Brauner oder Einspänner."

© SZ.de - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: