Süddeutsche Zeitung

Berliner Designerin:Stilvoll und "ökofair"

Nachhaltige, faire Mode, die auch noch gut aussieht: Die junge Designerin Magdalena Schaffrin schafft in Berlin das, was so viele große Labels krampfhaft vorzugeben versuchen - eine Bühne für "ökofaire" Mode. Für ihr Engagement musste sie allerdings einen hohen Preis zahlen.

Von Elisabeth Dostert

Berlin, Kreuzberg. Engelbecken Hof steht in goldenen Buchstaben über dem Tor des mehr als 100 Jahre alten Gebäudes. Ein typischer Gewerbehof der Belle Époque: sechs Höfe, weiß und grün glasierte Klinker. Ein Denkmal. Früher wurden hier Fahrräder, Lederwaren und Kunstblumen hergestellt. Die Geschichten der wechselnden Mieter kennt Magdalena Schaffrin, 34, nicht. Sie ist Modedesignerin, lebt sehr in der Gegenwart. Ihre Firma ist jung - wie viele andere im Engelbecken-Hof.

Schaffrin trägt Teile aus ihrer eigenen Kollektion: schwarze Hose, weißes Herrenhemd. Es spannt über dem Bauch. Schaffrin ist schwanger. In ein paar Wochen bringt sie ihr erstes Kind zur Welt. Menschen wie sie tragen dazu bei, dass die Welt, in der es leben wird, ein wenig achtsamer wird. Die 34-Jährige macht "ökofaire Mode". "Ich will so leben und arbeiten, dass weder die Umwelt noch andere Menschen dadurch belastet werden." Aus dem Mund von Schaffrin klingen selbst so gewichtige Sätze leicht und freundlich.

Mehr oder weniger grün geben sie sich alle

Schaffrin macht nicht nur Mode, sie schafft auch eine Bühne für andere. Zusammen mit der Designerin Jana Keller hat sie 2009 den Greenshowroom gegründet, den die beiden 2011 an die Messe Frankfurt verkauft haben. Sie organisieren ihn aber weiter. 2012 hat Schaffrin mit der Messe Frankfurt die Ethical Fashion Show nach Berlin gebracht. Auf den beiden Veranstaltungen, die in dieser Woche gleichzeitig mit der Mercedes-Benz Fashion Week stattfinden, zeigen rund 100 Anbieter ihre faire Mode, meist junge Firmen mit Namen wie Botschaften: Studio Jux, Livinggreen, Fukushima oder Lebenskleidung - mit dem Stoffhändler und dem Vertreter von Lemonaid teilt sich Schaffrin das Büro.

Mehr oder weniger grün geben sich dieses Jahr viele der Berliner Mode-Messen. "Die meisten Großen tun das nicht aus Überzeugung", glaubt Schaffrin. "Sie fürchten den Imageschaden, der durch Berichte über Katastrophen und Zustände in Lohnbetrieben in Bangladesch oder anderen Billiglohnländern droht." Selbst die Zuliefermesse mit dem so unschuldig klingenden Namen White Label, auf der sich vornehmlich Firmen aus Asien andienen, hat sich drei neue Kennzeichen - Green, Fair und Friendly - verpasst, mit denen sich Aussteller schmücken dürfen, so sie bestimmte Zertifikate tragen, etwa den Blauen Engel, den Oekotex Standard 100 oder Fair Trade. Es gibt Dutzende davon.

"Für die Verbraucher sind die vielen Labels kaum zu durchschauen", sagt Schaffrin. Die einen erfüllen nur ökologische Kriterien wie etwa das Verbot chemischer Pflanzenschutzmittel, die anderen legen stärker Wert auf die Arbeitsbedingungen in der Produktion. Nur wenige wie etwa GOTS berücksichtigen sowohl ökologische und soziale Kriterien. Darauf legt auch Schaffrin bei ihren Ausstellern wert.

Keine halben Sachen

Selbst sie tat sich schwer, als sie 2007 unter ihrem Namen ihre Marke gründete und Lieferanten suchte. "Vielleicht war ich ein wenig naiv", sagt Schaffrin. Sie hat sich in das Thema Nachhaltigkeit "reingefuchst", obwohl sie damit aufwuchs. Das war in Konstanz. Ihr Vater lehrte dort an der Hochschule "Erneuerbare Energien". "Bei uns zu Hause lagen ständig Kataloge von Waschbär und Hess Natur", so Schaffrin. "Zipfelmode" war das. Die musste sie tragen, obwohl sie wie alle Teenager für H&M schwärmte. Schaffrin wollte keine "Zipfelmode" machen, sondern Sachen, denen man die Nachhaltigkeit nicht ansieht, gehobene Mode, eher fürs Geschäft als die Freizeit. Auch deshalb haben sich Jana Keller und sie für den Greenshowroom gleich eine feine Adresse gesucht; das Hotel Adlon.

Die Messen kosten viel Zeit. Deshalb hat Schaffrin ihre Marke aufgegeben. Das ist ihr nicht leichtgefallen. Aber sie macht keine halben Sachen.

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Quelle:
SZ vom 01.07.2013/mer
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