Es gibt viele gute Gründe, das Home-Office dem Büro vorzuziehen. Kaffeemaschine an, Schlafklamotten an, gemütlich an den Schreibtisch setzen und erst mal in Ruhe ein paar Sachen wegarbeiten. Der schöne neue Arbeitsalltag droht jedoch schnell zu scheitern, wenn in der Nachbarwohnung Bohrhämmer mit 5000 Schlägen pro Minute 50 Jahre alten Putz von der Wand sprengen. Wenn arbeiten, schlafen oder überhaupt wohnen wegen Baulärms im Haus nur noch schwer oder mit Ohrstöpseln möglich ist, können Mieter in manchen Fällen zumindest die Miete mindern.
Wer vom Lärm geplagt ist, sollte zuerst mal hören, wo die Geräusche herkommen. Rechtlich macht es nämlich einen großen Unterschied, ob im eigenen Haus oder nebenan gebaut wird. Wird zum Beispiel auf dem Nachbargrundstück eine Baulücke geschlossen, haben Mieter nach der jüngsten Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH) nur geringe Aussichten auf eine Mietminderung (Az. VIII ZR 31/18). Schließlich hat der Vermieter in der Regel wenig Einfluss darauf, was rund um seine Immobilie geschieht. Anders sieht es dagegen aus, wenn der Eigentümer eines Mietshauses eine Wohnung im Gebäude renoviert oder etwa das Dachgeschoss ausbaut. „Wenn der Vermieter den Lärm verursacht, dann steht dem Mieter in der Regel eine Mietminderung zu“, sagt Gerold Happ, Geschäftsführer bei Haus und Grund Deutschland.

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Doch auch wenn schwere Baumaschinen die Wände vibrieren lassen, sollten Mieter nicht zu hastig weniger Geld pro Monat überweisen. Denn es kommt nicht nur darauf an, wo der Lärm herkommt, sondern auch darauf, warum gebohrt und gehämmert wird. Vermieter, die den Verbrauch von Strom und Heizwärme reduzieren wollen, sollen nämlich nach dem Willen des Gesetzgebers nicht durch mögliche Mietminderungen demotiviert werden. Führt der Eigentümer eine energetische Sanierung durch, ist eine Mietminderung daher für die Dauer von drei Monaten ausgeschlossen. „Vermieter müssen diese Arbeiten aber vorher ankündigen und klar benennen“, sagt Happ.
Bei anderen Baumaßnahmen gilt dieser Ausschluss dagegen nicht. Ist der Wohnwert stark beeinträchtigt, dürfen Mieter dann vom ersten Tag der Baumaßnahme an die Miete mindern. Für eine mögliche Beweisführung vor Gericht müssen sie kein Protokoll mit detaillierten Dezibel-Angaben anfertigen – es reicht, den Lärm, Zeitpunkt und die Dauer zu beschreiben.
Wie hoch die Mietminderung ausfallen darf, lässt sich nicht leicht beziffern. „Entscheidend sind die Intensität und Dauer des Lärms“, sagt Happ. Außerdem spiele es eine Rolle, wie laut es im Wohnumfeld ohnehin schon sei. Auch die Uhrzeit kann sich auf die Höhe der Minderung auswirken. Aber: Die vom Eigentümer beauftragten Handwerker müssen sich nicht an die Hausordnung halten, dürfen also zum Beispiel auch mittags arbeiten. Je nach individueller Situation finden sich in den Urteilen der Amtsgerichte Minderungsquoten von etwa fünf bis 80 Prozent bei extremen Beeinträchtigungen durch Lärm und Schmutz.
Streit um Baulärm im Haus landet jedoch vergleichsweise selten vor Gericht – schließlich ist unstrittig, dass und warum es laut ist. „Viele Vermieter gehen daher im Vorfeld solcher Arbeiten auf die Mieter zu“, sagt Happ. So könne man sich einigen, ohne dass es zum Streit komme. Wissen sie vorab Bescheid, können Mieter außerdem rechtzeitig ihr Home-Office verlassen und das Büro ansteuern – in der Hoffnung, dass die dortige Geräuschkulisse weniger nervenaufreibend ist.
