Mediterrane Küche:Auberginen-Liebe im Sommer

Mediterrane Küche: Verschiedene Auberginen auf einem Schneidebrett, ganz und in Scheiben.

Verschiedene Auberginen auf einem Schneidebrett, ganz und in Scheiben.

(Foto: Craig Holmes/StockFood)

Wenn man ein paar Kniffe kennt, ist die Aubergine als Gemüse einfach unschlagbar. Hier sind vier Rezeptvorschläge.

Von Hans Gerlach

Die Aubergine gehört zu den beliebtesten Gemüsesorten, und doch polarisiert sie. Während die einen sie für das Köstlichste halten, was der Hochsommer zu bieten hat, sind andere abgestoßen von ihrem bitteren Renommee und ihrer mitunter schwammigen bis gummiartigen Konsistenz. Doch dem lässt sich begegnen. Denn wenn die Aubergine als unschön vollgesogenes Kissen in Eintöpfen und Salaten lagert, dann ist sie in der Regel vor allem eines: falsch zubereitet.

Einige Dinge muss man beachten, nicht ohne Grund widmen Köchinnen wie die Italienspezialistin Marcella Hazan schon der Vorbereitung der Aubergine mehrere Kochbuchseiten. Andererseits: Kompliziert ist es nicht. Und manche Dinge ändern sich: Hat man früher Auberginen eingesalzen, um ihnen mit dem Wasser die unangenehmen Bitterstoffe zu entziehen, so ist dieser Tipp überholt, weil heutige Sorten kaum noch bitter sind. Eingesalzen wird eher wegen der Konsistenz und dem Aroma.

Die Aubergine stammt aus Indien, nicht aus Südamerika wie ihre Verwandten, die großen Nachtschattengewächse Tomate, Kartoffel und Paprika. In ihrer Heimat schätzte man die Aubergine schon früh wegen ihrer medizinischen Wirkung, der Sanskrit-Name für die Frucht, "Vatinganah", bedeutet: "Gemüse welches Wind-Störungen kuriert". Arabische Händler brachten die Pflanze als "Al-Badinjan" im Mittelalter aus Indien über Spanien nach Europa. Doch hier galt die Frucht zunächst als malum insanum - also ungesunder Apfel, ein Ursprung für manches spätere Vorurteil. Man dachte, der Genuss von Auberginen stünde im Zusammenhang mit Ausbrüchen von Wahnsinn. Im Laufe der Zeit stellte sich zum Glück heraus, dass sie völlig bedenkenlos gegessen werden können - auch wenn vor allem Kinder manchmal heute noch anderer Meinung sind.

Salzen, um das Wasser zu entziehen

Alle aktuellen Auberginensorten schmecken, wenn sie reif sind, eher süß als bitter - mit Ausnahme von asiatischen Sorten, die wahrscheinlich Wildformen noch näher stehen. Trotzdem gibt es Anwendungen, für die man die Früchte länger salzen sollte und zwar immer, wenn man dem Gemüse Wasser entziehen will, was für viele Rezepte wichtig ist. Zum Beispiel bevor die Auberginen frittiert werden, oder für Klassiker wie Melanzane alla Parmigiana, Moussaka oder roh eingelegte sizilianische Antipasti-Auberginen (siehe Rezept).

Ebenso wichtig wie der Wasserentzug ist das richtige Garen, für das es zwei Grundmethoden gibt: braten (grillen) oder backen.

1. Braten: Wer zum ersten Mal versucht Auberginen anzubraten, nimmt fast immer zu viel Öl. Das Öl wird sofort aufgesogen, man gibt noch mehr dazu, und noch mehr und noch mehr. Dabei wäre es so einfach: Die Auberginen in Scheiben schneiden oder würfeln und in einer beschichteten Pfanne oder in einer gut eingebratenen Eisenpfanne braten und zwar ganz ohne Öl. Sobald die Stücke dann schön braun und weich sind, kollabieren die unzähligen Luftkammern in der Aubergine, dadurch verliert sie ihre Schwamm-Eigenschaften. Jetzt man kann die Stücke als Vorspeise mit Kräutersaucen marinieren, ohne dass sie die Marinade aufsaugen. Auch gegrillte Auberginenscheiben werden besonders aromatisch und zart, wenn man nur die Grillstäbe leicht ölt und die Scheiben ganz unbehandelt auf den Rost legt. Am besten gelingen gegrillte Auberginenscheiben sogar in einem Klappgrill - dann drückt der obere Teil des Grills sanft auf die Scheiben, so garen sie besonders gleichmäßig.

2. Backen: Für Auberginen-Dips und Salate braucht man oft das weiche Fruchtfleisch der ganzen Frucht. Dafür sollte man die Auberginen längs halbieren, die Schnittflächen im Abstand von zwei Zentimetern kreuzweise zwei Zentimeter tief einschneiden. Dann die Auberginen auf einem Gitterrost 90 Minuten bei 180 Grad Umluft garen. Ab und zu den Ofen kurz öffnen, damit etwas Feuchtigkeit entweichen kann. Das Fruchtfleisch aus der Schale löffeln und pürieren. Für ein Auberginenpüree mit original griechisch-türkisch-libanesischem Raucharoma sollte man die ganzen Auberginen mit einer Gabel ein paar Mal einstechen, dann mitten in eine reife Holzkohlen-Glut legen und mit den heißen Kohlen bedecken. Genau richtig ist die Glut, wenn sich schon eine leichte, weiße Ascheschicht an der Oberfläche der glühenden Kohlen gebildet hat. Nach gut 20 Minuten die perfekt gegarten Auberginen wieder ausgraben, etwas abkühlen lassen und dann längs halbieren. Das weiche Fruchtfleisch auslöffeln, mit einer Gabel zerdrücken und mit Tahin (Sesampaste), Knoblauch, Zitrone, Minze, Olivenöl und Sumachpulver zu Baba Ganoush mischen - ein wunderbarer Dip zu Röstbrot oder Grillgerichten. Die Auberginen aus der Asche schmecken aber auch pur - mit ein paar Tropfen Zitronensaft, Salz und Olivenöl.

Die Rezepte

Antipasti-Auberginen

Rezept: Die knackigsten, drallsten Auberginen mit dem süßesten Geschmack und einem strahlend hellen Lila sind im Handel oft als "Melanzane" erhältlich, auch wenn sie aus Griechenland oder Spanien stammen. Dabei bezeichnet Melanzane - Italienisch für Auberginen - eigentlich keine spezielle Sorte. Doch sind die besten Früchte besonders gut als Vorspeise geeignet.

Zutaten: 1 Kilo feste lila Melanzane, 2 Selleriestängel, 1 Möhre, nach Geschmack 1-3 scharfe Peperoncino-Schoten, 2 Zitronen, 100 g grobes Salz, 100 ml Weinessig, 4 Thymianzweige, etwa 200 ml gutes Olivenöl, 12 frische Lorbeerblätter

Zubereitung: Auberginen waschen, den Stielansatz entfernen, die Früchte zuerst in zirka 3-4 mm dicke Scheiben, dann in 3-4 mm breite Streifen schneiden. Selleriestängel und Peperoncini waschen, Möhren schälen, alles zusammen ebenfalls fein schneiden. Mit Auberginen und Salz in einer Schüssel mischen. Die Zitronen in dünne Scheiben schneiden, mit den Scheiben die gesalzenen Auberginen belegen, mit einem Teller zudecken und alles mit einem schweren Gewicht beschweren, sodass die Auberginen nach wenigen Minuten in ihrem eigenen Saft liegen. Dann für 24 Stunden im Kühlschrank ziehen lassen.

Danach die Zitrone entfernen, die Auberginenstreifen in einem Nudelsieb kurz abspülen um grobe Salzreste zu entfernen, gut abtropfen, dann in einem Küchentuch auspressen. Das Gemüse in einer Schüssel mit dem Essig mischen, kurz stehen lassen und noch einmal sanft auspressen.

Thymian waschen, gründlich trockenschütteln und mit dem Gemüse in ein oder zwei Gläser schichten, zuletzt die Auberginen fest ins Glas drücken, mit einer Schicht Lorbeerblätter belegen und mit Öl aufgießen, etwas rütteln, damit keine Luftblasen im Gemüse bleiben. Die Lorbeerblätter eventuell mit einem flachen, sauberen und säurefesten Stein beschweren (Quarz oder Granit sind geeignet, Isarkiesel aus Kalk eher nicht), die Gläser verschließen und mindestens 6 Wochen an einem kühlen dunklen Ort durchziehen lassen. Zusammen mit anderen Antipasti, Tomaten und Weißbrot servieren.

Gegrillte Auberginen mit Melone und Schafskäse

Rezept: Gegrillte Auberginenscheiben gehören unbedingt ins Repertoire! Eine fruchtige Begleitung ergänzt das cremig-süße Gemüse. Und Nüsse, besonders leicht bittere Walnüsse, passen gut dazu. Das Rezept lässt sich je nach Früchteangebot variieren, und wenn keine Minze greifbar ist schmeckt der Salat auch mit Dill, Petersilie oder anderen Sommerkräutern.

Zutaten: 1 Kilo Auberginen, Salz, 3 EL Walnusskerne, 1 TL Koriandersaat, 1/2 TL Chiliflocken (oder Cayenne-Pfeffer), 1 Zitrone, 1 EL Tahini (Sesampaste), 1 TL Aprikosenkonfitüre, 100 ml Rapsöl, 1/2 süße Melone (400 g), 200 g Fetakäse, 1/2 Bund Minze

Zubereitung: Auberginen waschen und in knapp 1 cm dicke Scheiben schneiden. Walnusskerne in einer Pfanne ohne Fett rösten bis sie duften, Koriandersamen kurz mitrösten. Die Nussmischung abkühlen lassen, im Blitzhacker zerkleinern. Leicht salzen, Chiliflocken unterrühren. Für das Dressing die Zitrone auspressen, den Saft mit Sesampaste, Aprikosenkonfitüre und 2 EL Wasser in ein hohes Gefäß geben. 100 ml Rapsöl unterschlagen - etwa mit dem Pürierstab. Sauce mit Salz und Pfeffer abschmecken. Melone entkernen, in Spalten schneiden, schälen und quer in dünne Scheiben schneiden. Schafskäse grob zerbröseln. Minzblättchen zerzupfen.

Auberginenscheiben in einer leicht geölten Grillpfanne oder auf dem Grill bei mittlerer Temperatur 8 Minuten grillen, dabei einmal wenden. Die Auberginenscheiben sollen dann nicht mehr bissfest sondern weich sein. Anschließend auf einer Servierplatte arrangieren, mit dem Dressing beträufeln. Melone, Schafskäse, Walnuss-Mischung und Minze darüber streuen.

Penne alla Norma

Rezept: Penne alla Norma sind wahrscheinlich das wichtigste Pastagericht aus Sizilien. Auf der Insel wird wenig Parmesan verwendet, kein Wunder, denn der stammt aus Norditalien. Stattdessen backen sizilianische Käsereien Ricotta im Ofen bis er außen braun und innen so fest ist, dass man ihn reiben kann, zum Beispiel über Nudeln. In Deutschland ist "Ricotta infornata" wenig verbreitet, aber ab und zu findet man ihn bei guten Käsehändlern - oder online (etwa bei nebros.it).

Zutaten: 125 g Ricotta infornata oder ein anderer Reibekäse für Pasta, 1 große lila Aubergine, 800 g Tomaten, 400 g Penne rigate, 3 Knoblauchzehen, 4 EL Olivenöl, Salz, Pfeffer, 1/2 Bund Basilikum

Zubereitung: Die Aubergine klein würfeln und unter Rühren in einer beschichteten Pfanne 8 bis 10 Minuten rösten. Tomaten würfeln, im Topf um die Hälfte einkochen. Penne kochen. Knoblauchzehen schälen und schneiden, mit Olivenöl kurz anbraten, Auberginen und Tomaten zugeben, salzen und pfeffern. 6 EL Ricotta infornata raspeln, ungefähr die Hälfte davon unter die Sauce rühren. Penne und Tomaten-Auberginen-Sauce mischen, kurz aufkochen, anrichten und mit reichlich Ricotta und Basilikumblättchen bestreuen.

Auberginen-Törtchen

Rezept: Diese Törtchen erleichtern die Planung, denn man kann sie sehr gut vorbereiten und zimmerwarm servieren oder im Ofen bei 180 Grad 5 Minuten aufwärmen.

Zutaten: 750 g Auberginen, 2 kleine Zwiebeln, 800 g reife, aromatische Flaschen-Tomaten, 125 ml Olivenöl, Salz, 5 Salbeizweige, 100 g (frischer) Ricotta, 3 Eier (M), 70 g Semmelbrösel und Brösel für die Formen, Pfeffer, 2 EL zimmerwarme Butter, 1 Knoblauchzehe, 1 TL getrockneter Oregano oder einige Blätter Basilikum, außerdem 8 Timbale- oder Souffléeförmchen für je 100 ml

Zubereitung: Ofen auf 220 Grad vorheizen (200 Grad Umluft). Auberginen und Zwiebeln schälen. Auberginen in etwa 4 cm große Würfel schneiden, die Zwiebeln achteln. 350 g Tomaten waschen und grob zerkleinern, den Stielansatz entfernen. Ein Backblech mit Backpapier auslegen und das Gemüse darauf verteilen. Mit 4 EL Olivenöl beträufeln und salzen. Etwa 1 Stunde backen, bis es weich und stark gebräunt ist. Gelegentlich umrühren und zusammenschieben. Das Tomatengemüse aus dem Ofen nehmen und abkühlen lassen.

Die Hitze auf 180 Grad reduzieren (160 Grad Umluft). Salbeiblätter waschen. Das Ofengemüse dann mit Ricotta, Eiern und Salbei pürieren. Die Masse mit Semmelbröseln vermischen und mit Salz und Pfeffer abschmecken. Förmchen buttern und mit Semmelbröseln ausstreuen. 1-2 Liter Wasser aufkochen. Die Gemüse-Ricottamasse in die Förmchen füllen und in eine ofenfeste Form stellen. Das heiße Wasser in die Form gießen, sodass die Förmchen gut zur Hälfte im Wasser stehen. 45 Minuten auf der mittleren Schiene im Ofen backen.

Die restlichen Tomaten waschen und klein würfeln, dabei Stielansatz und Kerne entfernen. Knoblauchzehe schälen, in dünne Scheiben schneiden und mit den Tomaten und dem restlichen Olivenöl mischen. Diesen Tomatensalat mit getrocknetem Oregano, Salz, Pfeffer würzen. Auberginen-Zucchini-Törtchen aus dem Ofen nehmen, vorsichtig stürzen und mit dem Salat anrichten.

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