Zylinderköpfe in der Formel 1:Hamilton schrumpft zum Hämmerchen

Lewis Hamilton sehnt sich nach einem ordentlichen Auto, Nico Rosberg findet alles "mega" - bis auf eine unheimliche Begegnung am Streckenrand. Die Zylinderköpfe der Formel 1.

Von Elmar Brümmer, Singapur

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Chase Carey

Singapore Formula One Grand Prix

Quelle: dpa

Der Antrittsbesuch des neuen Chefvermarkters der Formel 1 hat ein paar der Teamchefs, deren Kontostand künftig von Chase Carey mit abhängt, dann doch überrascht. Der US-Manager, der als perfekte Vorbereitung für seinen ersten Grand Prix in Hollywood Filmgeschäfte gemacht hat, trat gar nicht markig auf. Dann hörte er auch noch zu. Und entschuldigte sich, dass er noch viele Fragen stellen wolle. Das passt zur Investitions-Strategie von Liberty Media: "Wir wollen kein schnelles Geld machen, sondern einen Langzeitwert schaffen." Auf die Frage, ob er jetzt bei Bernie Ecclestone in die Lehre gehen müsse, frotzelte der 62-Jährige zurück: "Dafür bin ich wohl ein bisschen zu alt. Aber vielleicht bringt er mir ein paar Gebrauchtwagenhändler-Tricks bei. Ich hoffe, wir können gut zusammenarbeiten. Ich habe zwar kein Benzin, aber Sport im Blut."

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Nico Rosberg

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Quelle: AFP

Was soll er auch anders sagen als immer wieder "mega". Das dritte Rennen nach der Sommerpause, der dritte Sieg auf einer Rennstrecke, auf der er zuvor noch nie gewonnen hat, mit problematischen Bremsen und abbauenden Reifen den 200. Grand Prix seiner Formel-1-Karriere erfolgreich über die Runden gebracht, und sechs WM-Läufe vor Saisonende mit acht Punkten Vorsprung in der Gesamtwertung vorn. Das ist für den Silberpfeil-Piloten tatsächlich "mega, mega, mega". Über den möglichen Titel verweigert er jedes Wort: "Meine Taktik funktioniert in dieser Hinsicht doch ganz gut ..." Und dann findet er doch noch ein bezeichnenderes Wort, bevor er nach Mitternacht ins Flugzeug zurück nach Europa springt: "Saugenial."

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Sebastian Vettel

Singapore Formula One Grand Prix

Quelle: dpa

Ein schlechter Start kann auch etwas Gutes sein. Weil der Singapur-Rekordsieger nach einem Stabilisatoren-Bruch in der Qualifikation und einem Motorwechsel nur als Letzter losfahren konnte, wurde er nicht zum Opfer der Startkollision. Um sich anschließend mit einem Ferrari, der zu späterer Stunde immer besser wurde, als Kandidat für den Mann des Rennens zu bewerben: Von 22 auf Rang fünf und das auf dieser Rennstrecke - Respekt. "Der Speed war gut, das ist ein Ergebnis, mit dem wir im Endeffekt gut leben können", sagt der Heppenheimer gelassen. Er hat es sich in dieser Saison abgewöhnt, verpassten Ferrari-Chancen nachzutrauern. Stattdessen versucht er unermüdlich, zumindest am mentalen Aufschwung zu arbeiten: "Wenn wir alles hinbekommen, wissen wir, dass wir ein starkes Paket haben. Wir glauben an uns." Die Aggressivität jedenfalls stimmt schon.

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Lewis Hamilton

Singapore Formula One Grand Prix

Quelle: dpa

Mercedes-Technikchef Paddy Lowe beugte allen Ausreden vor: "Wir haben Lewis das ganze Wochenende nicht den fahrbaren Untersatz gegeben, den er sich gewünscht hat." Was heißt hier "Wunsch"? Es ist ein Bedürfnis für den Titelverteidiger, endlich mal wieder ein - technisch - problemfreies Wochenende zu haben. Sonst wird das nichts mit dem WM-Hattrick. Er sehnt sich förmlich danach, dass Nico Rosberg das zu ihm sagen muss, was er auf dem Podium in Singapur eingestand: "Fantastisch. Du hast es völlig verdient." Aber mangels richtiger (Fahrzeug-)Einstellung blieb der Mann, den sie sonst ehrfurchtsvoll den "Hammer" nennen, ein Hämmerchen. Immerhin, es reichte zum Podiumsplatz, den er schon verloren geglaubt hatte. Als Dritter losgefahren, als Dritter im Ziel. Ein neutrales Wochenende. Für einen Champion: zum Vergessen. Auf die 99. Podestplatzierung seiner Karriere war er nicht scharf, jedenfalls nicht so wie auf seinen 50. Sieg.

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Marina Bay Street Circuit

F1 Grand Prix of Singapore

Quelle: Getty Images

Ein Jahr läuft der Vertrag zwischen Singapur und der Formel 1 noch, und wenn die neuen Besitzer nicht über Nacht den Verstand verlieren sollten, dann wird das abendliche Gastspiel auf den Straßen Südostasiens noch häufig wiederholt. Der Marina Bay Street Circuit ist die anstrengendste Strecke im Kalender - gegen den Uhrzeigersinn, uneben, bei Außentemperaturen von 30 Grad und etwa 60 im Cockpit, mit kurzen Geraden und vielen Kurven. Und einer garantierten Safety-Car-Phase, diesmal direkt nach dem Start. Ungebetene Passanten gehören ebenfalls zum Standard, wenn auch unfreiwillig in der Metropole der Perfektionisten: Beim Training kreuzte eine riesige Echse den Weg von Max Verstappen, und auch Nico Rosberg hatte im Rennen eine unheimliche Begegnung. Gerade, als er auf 300 beschleunigte hatte, lief am Rand der engen Piste noch ein Streckenposten entlang.

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Daniel Ricciardo

Singapore Formula One Grand Prix

Quelle: dpa

Das Lächeln war breit wie immer, und gequält war es auch nicht. Dafür war der Australier Daniel Ricciardo einfach zu fertig. In 13 Runden über 20 Sekunden auf einen Silberpfeil gutzumachen, und am Ende nur vier Hundertstel hinter Nico Rosberg, den Spätsommer-Champion der Formel 1, über die Ziellinie ins Feuerwerk zu brausen - das verlangt einem alles ab. "Ich stehe nicht enttäuscht hier oben", sagte der Red-Bull-Pilot tapfer, "es war eng am Ende." Und leider wieder nichts mit seinem ersten Saisonsieg. Gedacht habe er keine Sekunde daran: "Ich war völlig darauf konzentriert, ihn erst mal zu schnappen und nicht, was dann passieren könnte." Man sei zwar nach Singapur gekommen, um die Stärken des wendigen Autos in einen Sieg umzuwandeln, aber: "Immerhin haben wir das Publikum gut unterhalten und können sagen, dass wir alles gegeben haben." Und auch das Publikum lächelte.

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Monisha Kaltenborn

Formula One Grand Prix of India

Quelle: dpa

Vor einem Vierteljahr noch war es fraglich, ob der Schweizer Sauber-Rennstall die Saison würde zu Ende fahren können. Kein Erfolg auf der Piste, mit Gehältern in Verzug. Dann rettete ein Finanzunternehmen, hinter dem schwedische Gönner stehen, das Traditionsunternehmen. Und auch der ersten Teamchefin der Formel-1-Geschichte den Job. So zäh, wie sich Monisha Kaltenborn gegen das Aus gewehrt hat, kämpft sie jetzt für das Auf. Das dauert auf der Strecke noch, es bleibt vorerst bei null Punkten. Aber ansonsten ist sie die begehrteste Anlaufstelle im Fahrerlager: Denn sie hat Jobs zu vergeben. Den eines Technischen Direktors zum Beispiel. Allein in den vergangenen Tagen wurden eine Strategin, ein Renningenieur und ein Aerodynamikchef eingestellt. Arbeit gibt es bestimmt genug.

© SZ.de/ska
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