Zweitligist TSV 1860 München:Passiver neuer Ober-Löwe

TSV 1860 München - Monatzeder und Steiner

Bald neuer Ober-Löwe: Hep Monatzeder (rechts). 

(Foto: dpa)

Hep Monatzeder, bald Präsident von Zweitligist 1860 München, will weniger ins operative Geschäft eingreifen als sein Vorgänger. Monatzeder erwartet einen entspannten Umgang mit Investor Hasan Ismaik - die Zukunft des Sportchefs ist weiter ungeklärt.

Von Sven Haist und Philipp Schneider

Sie betraten den Raum durch die Hintertür, der Aufsichtsratschef und sein Kandidat, dann rückten sie Stühle und nahmen Platz hinter Schildern, die ihre Namen trugen. "Otto Steiner" und "Hep Monatzeder" stand auf ihnen also geschrieben, das war alles ziemlich erwartbar gewesen, doch ganz links außen in der Reihe saß noch Robert Schäfer, der Geschäftsführer der Profifußball-Abteilung, der offenbar kein Namensschild mehr nötig hatte. Klar, man kennt ihn ja inzwischen. Warum aber, so fragten sich die Menschen, warum nur war er überhaupt anwesend? Das klärte sich später.

Wenn Politiker ihre Kandidatur für ein Amt bekanntgeben, in das sie erst noch gewählt werden müssen, wenn sie dann noch eine Rede halten, um ihre politische Linie bekannt zu geben, dann erwarten die Zuhörer mitreißende Worte, flammende Sätze, zumindest aber: Inhalt. Nur der Politiker Monatzeder hatte das nicht nötig. Er wird ja Präsident eines TSV 1860 werden, wo die Mitglieder den einzigen Kandidaten wählen, der ihnen geboten wird. Also musste er nicht einmal seine Stellvertreter verraten ("ich weiß, wie es aussieht, sage es aber erst dann, wenn ich es sagen will"). Hep Monatzeder, 61, ließ lieber Floskeln regnen.

Er sehe sich nun als "Teamspieler, der die Kapitänsbinde trägt", verkündete er, denn auch der "Topspieler gewinnt keine Spiele alleine". Der Grünen-Politiker und dritte Bürgermeister der Stadt München hatte am Donnerstag eigens eine mehrseitige Rede vorbereitet, die verlas er nun im freudigsten Tonfall. "Vielleicht wird der eine oder andere Pass nicht ankommen", entschuldigte er sich vorab, "oder der Ball auch mal verstolpert werden." Klar sei jedenfalls, "Hep Monatzeder ist kein Mensch, der einfach mal so sagt: Oh, das ist ein toller Job, den mache ich jetzt." Das klang auch schon wieder toll.

Nur hätte man gerne erfahren: Was will er eigentlich besser gestalten als sein Vorgänger Dieter Schneider, der vom Aufsichtsrat des Vereins nicht mehr nominiert wurde. Weil er angeblich keine Antworten auf die "wesentlichen strategischen Überlegungen für die Zukunft des Vereins" gehabt habe, wie Aufsichtsratschef Steiner präzisierte. Obwohl Schneider mit der Sanierung der Klubfinanzen überhaupt erst begonnen hatte - und Steiner die finanzielle Konsolidierung ausdrücklich aufzählte als einen Punkt seiner "strategischen Überlegungen".

Überhaupt sei Schneider allein für das gestörte Verhältnis zum launigen Vereins-Investor Hasan Ismaik verantwortlich. "Die Stagnation im Verhältnis zum Investor hat für uns eine entscheidende Rolle gespielt", sagte er: "Wir hatten das Gefühl, dass es an gewissen Punkten nicht mehr weiterging. Wir dürfen uns aber nicht weiterhin im Kreis drehen." Wie genau wird denn nun Monatzeders Agenda aussehen? "Ich werde so oft wie nötig zu unserem Investor nach Abu Dhabi fliegen", versprach er. Und Steiner sagte: "Der Investor hat sich nicht eingebunden gefühlt. Es muss in einer Partnerschaft Menschen geben, die Verträge leben", und so weiter.

Was wird aus Hinterberger?

Hasan Ismaik musste nicht anwesend sein, Steiner und Monatzeder sprachen für ihn. Und sie gaben sich keine Mühe zu verbergen, dass des Investors Wille der alleinige Grund für die Absetzung des Präsidenten eines autonomen e.V. war. Erst in der anschließenden Fragerunde näherte man sich nach kräfteraubenden Frage- und Antwortspielchen jener maximalen Pointe der Inthronisierung Monatzeders. Denn wer den eskalierenden Streit mit Ismaik verfolgt hat, weiß auch, dass der Geschäftsmann seine Überweisung der zur Deckung des defizitären Haushalts nötigen Millionen stets an Forderungen (vor allem den Rücktritt Schneiders) gekoppelt hat.

Weil Sechzig im Sommer versäumt hatte, eine Zahlungsgarantie zu fixieren. Und nun, hoppla, ist dies offenbar noch immer nicht geschehen. Obwohl Monatzeder zweimal zu Besuch war in Abu Dhabi, obwohl schon an diesem Freitag Sechzigs Lizenzierung bei der Deutschen Fußball-Liga beantragt werden muss und Ismaiks sehnlichster Wunsch in Erfüllung ging, sagte der künftige Präsident: "Ich gehe davon aus, dass das Geld fließen wird." Welch Fortschritt!

Gleichwohl besteht Hoffnung, dass Monatzeder dieses Problem bald anzugehen gedenkt. Bei ihm gelte, "dass ich zuerst hinschaue auf ein Problem, dann analysiere, im Anschluss entscheide, dann erst informiere". Das klang auch schon wieder gut, leitete zudem fein über zu weiteren ungeklärten Problemen: Im Januar wurde ein sogenanntes "Memorandum of Understanding" verabschiedet, das neben der Installierung von Trainer Sven-Göran Eriksson auch die Ablösung von Sportchef Florian Hinterberger beinhaltete. Das Papier wurde nun "leicht modifiziert und der Name Eriksson gestrichen", verriet Steiner.

Hinterbergers Demission dürfte also weiter beschlossen sein. Allein, wer plant dann den Kader der Zukunft? "Was in München immer schon alles passiert sein muss", sagte ein leicht genervter Geschäftsführer Schäfer, angesprochen auf die ungeklärten Personalien. Schäfer, der noch zum Profiteur des Sturzes Schneiders geraten dürfte. Denn Monatzeder will seine Regentschaft passiver bestreiten als sein Vorgänger. "Für das operative Geschäft gibt es einen Geschäftsführer", sagte er: "Ich bin auch nicht von Montag in der Früh bis Freitag um 16 Uhr in der Geschäftsstelle."

Das wird auch Ismaik mit Wohlwollen vernehmen, der sich einen weniger präsenten Präsidenten stets wünschte. "Wir werden keinen Neuanfang erleben", sprach Schäfer, "an den Fakten und Investitionen des Vereins ändert sich nichts." Und da auch Monatzeder findet, dass mit ihm "keine neue Zeitrechnung" beginnt, sondern "das fortgesetzt wird, was in letzter Zeit angegangen wurde", stellte sich die Sinnfrage des Sturzes. Zumal Josef Monatzeder erst am Anfang der Probleme steht, die seinen Vorgänger plagten. Garantien hat er keine.

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