Zweites EM-Spiel der U 21:Umbauten für mehr Wumms

Germany U21 - Training & Press Conference

Horst Hrubesch ist gern unter jungen Leuten - manchmal sogar an der Spielkonsole.

(Foto: Bongarts/Getty Images)
  • Nach dem 1:1 gegen Serbien zum Auftakt fahndet Trainer Horst Hrubesch bei seinen DFB-Junioren nach offensivem Potenzial.
  • Leonardo Bittencourt ist für das Spiel gehen Dänemark eine Option - doch auch andere drängen ins Team.

Von Matthias Schmid, Prag

Der Tennislehrer am Mannschaftshotel der deutschen U 21 genießt einen der schönsten Arbeitsplätze Prags. Vom Court aus hat er ständig die vielen Kuppeln und Altbauten im Blick. Das Gelände, auf dem die DFB-Junioren in den Tagen der Europameisterschaft logieren, ist hübsch gelegen und nur über eine Seilbahn zu erreichen. Von den Spielern hat aber noch niemand seinen Schläger ausgepackt, um ein paar Passierbälle zu üben.

In ihrer Freizeit bevorzugen sie andere Möglichkeiten der Zerstreuung - was man heutzutage halt so macht im Alter zwischen 19 und 23: Spielkonsolen. Cheftrainer Horst Hrubesch hat an dieser Form der Freizeitbeschäftigung nichts auszusetzen, im Gegenteil. "Ich wollte mir mal bei Gelegenheit Nachhilfeunterricht bei ihnen holen, damit ich nicht ständig beim Autorennen gegen meine Enkel verliere."

Leonardo Bittencourt ist eine Ausnahme. "Ich bin da der falsche Mann", bekennt der Erstligaspieler von Hannover 96. Er hat im Kreis der Mannschaft ganz andere Qualitäten und Aufgaben. Zum Beispiel kümmert er sich um die Musik in der Kabine, weil er einen Freund hat, der sogar ein Lied für das Team geschrieben und komponiert hat. Doch am liebsten würde Bittencourt Hrubesch auf dem Platz helfen, im Auftaktspiel gegen Serbien (1:1) saß er zunächst auf der Bank.

Erst 13 Minuten vor dem Ende kam der 21-Jährige in die Partie - und war auf der linken offensiven Außenposition gleich auffälligster Spieler. Mit seiner Dynamik, seiner Schnelligkeit und Wendigkeit belebte er das schwerfällige Spiel seiner Kollegen, sein kluges Pässchen auf Kevin Volland hätte sogar beinahe zum Siegtreffer geführt.

Bittencourt ist nicht der einzige, der sich vor dem zweiten Gruppenspiel an diesem Samstag gegen Dänemark (20.45 Uhr im SZ-Liveticker) Hoffnungen auf einen Platz in der Startformation macht. "Jeder, der hier dabei ist, könnte von Beginn an spielen", sagt der Deutsch-Brasilianer. Zum Selbstverständnis vieler DFB-Jungs zählt die Erkenntnis: Nur wenn sie regelmäßig bei der EM zu sehen sind, können sie bei größeren Klubs oder bei Bundestrainer Joachim Löw Begehrlichkeiten wecken. "Das ist das Ziel von uns allen hier, eines Tages in der A-Mannschaft zu spielen", erklärt Bittencourt.

Hrubesch hat sich was ausgedacht

Die Begegnung gegen die im ersten Spiel siegreichen Skandinavier (2:1 gegen Tschechien) hat enorme Bedeutung im Gerangel um einen Platz im Halbfinale. Nur die beiden Gruppenersten kommen ja weiter und haben damit die Olympiateilnahme in Rio 2016 sicher. Hrubesch muss nach der gelb-roten Karte des linken Außenverteidigers Christian Günter seine Anfangsformation in jedem Fall umbauen.

Ob es in der Folge des uninspirierten Auftrittes gegen Serbien zu größeren Korrekturen kommt, wollte der 64-Jährige nicht verraten. "Warten sie bitte ab, was auf dem Zettel steht", sagt Hrubesch lediglich. Sein wissendes Lächeln verriet: Da hat sich einer was ausgedacht. "Wir werden anders rausgehen und in jedem Fall das Gesicht der Mannschaft sehen, das wir von ihr gewohnt sind." Nico Schulz dürfte dabei die besten Aussichten haben, in die erste Elf zu rücken. Der Hertha-Profi hatte schon gegen Serbien hinten links verteidigt, nachdem Günter raus musste.

Ebenso sind Bittencourts Startelfchancen gut. Einen Offensiv-Freigeist wie ihn kann das Team gebrauchen. Er saß am Freitag bei der Abschlusspressekonferenz neben Hrubesch. Falls er tatsächlich spielt, müsste womöglich Philipp Hofmann als Mittelstürmer weichen und dafür Amin Younes von der linken auf den rechten Flügel wechseln, den vakanten Platz in der Spitze würde dann Volland übernehmen.

Neben Bittencourt dürfte auch Joshua Kimmich auflaufen. Der 20-Jährige, der in der neuen Saison für den FC Bayern aktiv sein wird, ersetzte gegen Serbien nach der Pause bereits den wirkungslosen Moritz Leitner im zentralen defensiven Mittelfeld. Kimmich beruhigte das Spiel, ordnete es und brachte mit seinem sicheren Passspiel mehr Präzision in den Spielaufbau.

Hrubesch könnte sich aber auch auf dieser Position für Johannes Geis entscheiden, der schussgewaltige Profi von Mainz 05 war die Entdeckung der abgelaufenen Saison und hat bei der EM noch keine Minute gespielt. Wer am Ende auf dem Zettel von Hrubesch steht, entscheidet nur einer: Hrubesch selbst. "Er ist der Chef und macht die Aufstellung", sagt Bittencourt. Wertvolle Tipps benötigt Horst Hrubesch aber nur an der Spielkonsole.

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