Zweite Liga:Kaiserslautern fürchtet den Untergang

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Wie soll es mit dem 1. FC Kaiserslautern weitergehen? (Foto: Andreas Schlichter/Getty Images)
  • Der 1. FC Kaiserslautern startet gegen Darmstadt in die Rückrunde der zweiten Bundesliga.
  • Der Klub braucht eine außergewöhnliche Siegesquote, um den Klassenerhalt noch zu schaffen.
  • Bei einem Abstieg in die dritte Liga würde alles in Frage stehen - nur ein Investor könnte die Pfälzer wohl retten.

Von Tobias Schächter, Kaiserslautern

Er sehe die Chancen, nicht die Risiken, sagt der Mann mit einem der schönsten Namen im deutschen Profifußball. Das ehrt Jan-Ingwer Callsen-Bracker, der vor acht Tagen vom Erstliga-Achten FC Augsburg zum Zweitliga-Letzten nach Kaiserslautern gewechselt ist. Plötzlich ist dieser 33 Jahre alte Verteidiger, in dieser Saison noch ohne Bundesliga-Einsatz, einer der Hoffnungsträger des FCK. In einer schier hoffnungslosen Situation.

Der 1. FC Kaiserslautern liegt mit nur zwölf Punkten am Tabellenende, ein Sieg bei Darmstadt 98 an diesem Mittwoch im ersten Spiel nach der Winterpause ist beinahe Pflicht. Darmstadt liegt bereits sieben Punkte entfernt auf Relegationsrang 16, Heidenheim auf dem ersten Nichtabstiegs-Platz hat schon zehn Punkte Vorsprung auf den FCK. Und die vor der Saison als Abstiegskandidaten gehandelten Klubs wie Aue (23 Punkte), Regensburg, Bielefeld (je 25) oder Duisburg (26) scheinen bereits nach 18 Spieltagen uneinholbar enteilt. Ausgerechnet in jener Saison, in der der FCK die schlechteste Vorrunde seiner stolzen Vereinsgeschichte hinlegt, spielen die vermeintlichen Underdogs so stark, wie kein Experte es erwartet hat.

"Wir haben 16 Endspiele, nicht eins oder zwei"

Trainer Jeff Strasser hat gerade vorgerechnet, dass seine Elf nun wohl jedes zweite Spiel gewinnen müsse. "Wir haben 16 Endspiele, nicht eins oder zwei", sagt Strasser. Aber egal, was der Trainer, was Sportdirektor Boris Notzon oder Spieler wie Callsen-Bracker sagen: Es droht ihnen als Durchhalteparole ausgelegt zu werden.

Strasser, 41, war in den guten Zeiten Publikumsliebling "uffm Betze". Vielleicht sieht man dem Luxemburger deshalb das Leiden beim Coaching während der Spiele an der Linie so an. Zehn Punkte aus zehn Spielen holte der Nachfolger des in der Pfalz deplatzierten Kauzes Norbert Meier. Trainer und Spieler brauchen nun mehr Mut und mehr Tore, um den Untergang dieses großen Klubs noch zu verhindern.

Der FCK ist der Klub Fritz Walters, der Deutschland 1954 mit vier weiteren Spielern aus Kaiserslautern zum Weltmeistertitel führte. Einer der Helden der Walter-Elf, Horst Eckel, lebt noch, er geht noch regelmäßig im Stadion und sieht dort zumeist Trauerspiele vor nur noch etwas mehr als 20 000 Fans. Schlimm sei der Niedergang für ihn, sagte der 85-Jährige jüngst verzweifelt. Ob dieser ehrwürdige Traditionsklub nun bald in den Niederungen verschwinden muss, das ist eine der großen Geschichten der Zweitliga-Rückrunde.

Seit dem Gewinn der letzten von vier deutschen Meisterschaften 1998 geht es am Betzenberg bergab. Immer wieder schwächte sich der Klub durch Grabenkämpfe selbst, keine Ikone, die am Ende ihrer Zeit in verantwortlicher Rolle nicht vom Berg hinunter gejagt wurde. Zuletzt Stefan Kuntz, nach acht Jahren als Vorstandsvorsitzender Anfang 2016. Mit Kuntz, dem seine Kritiker Misswirtschaft vorwerfen, ging die sportliche Kompetenz auf der Führungsebene. Und seither geht es noch viel rasanter abwärts, der Verschleiß an Führungskräften ist atemberaubend.

Strasser ist der dritte Trainer in den vergangenen zwölf Monaten, Sportdirektor Uwe Stöver (mittlerweile St. Pauli) warf im Sommer hin, weil er sich vom damaligen Aufsichtsrat hintergangen fühlte, Chefscout Notzon wurde zum Sportchef befördert. Seit Dezember gibt es einen neuen Aufsichtsrat, der nun einen neuen Vorstand mit Sportkompetenz sucht. Der mit der Führungsrolle überforderte Marketingvorstand Thomas Gries trat zum Jahreswechsel zurück. Bleibt als einzige Konstante Finanzvorstand Michael Klatt, der in Bezug auf die Zukunft des Klubs einmal sagte: "Bundesliga oder Regionalliga."

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Die Altlast des Stadionausbaus hängt wie ein Damoklesschwert über dem Klub. Seit 2003 gehört das Stadion einer städtischen Betreibergesellschaft, der FCK zahlt Miete und die Instandhaltungskosten, insgesamt zehn Millionen Euro im Jahr. Die Stadt kam dem Klub in der Vergangenheit immer wieder mit Mietminderungen entgegen. Statt der vereinbarten Mindestpacht von 3,2 Millionen Euro, kann der FCK künftig aber nur noch 2,4 Millionen zahlen, in der dritten Liga sogar nur noch 425 000. Wer übernimmt die Differenz? Anfang der Woche tagten die Stadtpolitiker erneut, um die Causa zu besprechen.

Es gibt Politiker, die vom Rückbau oder gar Abriss des Stadions raunen. Das ist wenig realistisch, aber den bedingungslosen Rückhalt bei Politik und Bürgern der hoch verschuldeten Stadt hat der Klub verspielt. Die Zeit drängt, der Klub muss im März die Lizenzierungsanträge für Liga zwei und drei einreichen. Mittlerweile gilt als Konsens, dass nur ein oder mehrere Investoren den Klub im Profifußball überlebensfähig halten. Die Abstimmung der Mitglieder über die Ausgliederung der Fußballabteilung aus dem Gesamtverein, die Voraussetzung dafür wäre, wurde vom neuen Aufsichtsrat vertagt. Der Fokus soll in der Rückrunde auf dem Sportlichen liegen. Ganz schön viel Gepäck für Jeff Strasser und seine Spieler.

© SZ vom 24.01.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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