Zweite Liga:Greußenheim bzwingt Abu Dhabi 2:0

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"Ich sage immer, es ist ein Unterschied, ob man gewinnen will oder unbedingt gewinnen will." - Trainer Hollerbach hält sich an einfache Wahrheiten. (Foto: foto2press/Imago)

Die Erfolgsserie der Würzburger Kickers geht in der zweiten Liga weiter. Unerklärlich ist sie keineswegs.

Von Markus Schäflein, Würzburg

"So was hat man lange nicht gesehen", sangen die Zuschauer auf der Haupttribüne am Würzburger Dallenberg mit einigem Recht - das 2:0 am Sonntagnachmittag war immerhin der erste Pflichtspielsieg der Würzburger Kickers gegen den TSV 1860 München seit dem 8. Dezember 1912 (3:0 in der Ostkreisliga). Der Zweitliga-Aufsteiger aus Unterfranken schlug den von Investor Hasan Ismaik aus Abu Dhabi neuerdings wieder kräftig unterstützten Klub aus der Landeshauptstadt diesmal 2:0, ein Wunder vom Main war das aber nicht. "Würzburg hat auch einen Investor", hatte 1860-Trainer Kosta Runjaic schon vor dem Spiel mit Blick auf die geldgebende Großdruckerei mit Firmensitz Würzburg und Produktionsstätte im benachbarten Greußenheim gesagt. Und mit Verweis auf Erstligist Darmstadt angefügt: "Die Würzburger haben nicht umsonst diesen Weg hinter sich. Wenn man die Tabelle sieht, dann könnte sich das Lilien-Märchen wiederholen."

Nach dem 2:0-Sieg über Sechzig verbringt Würzburg die Länderspielpause auf Rang fünf in Sichtweite zu den Aufstiegsplätzen; die Sechziger, bei denen Ismaik vor Kurzem noch von dem Wunsch sprach, den Klub in die Champions League zu führen, stehen auf Rang 14 und müssen wieder einen Abstiegskampf befürchten.

Die Tatsache, dass Investoren hinter den Klubs stehen, ist nämlich auch schon die einzige Parallele, ansonsten könnten die Kickers und die Löwen unterschiedlicher nicht sein. Ein offizieller Marketingclaim der Würzburger lautet "Einfach machen", und der wird auch eingehalten, während in Giesing viel geredet wird und gar nichts einfach ist. Würzburgs Trainer Bernd Hollerbach durfte den Durchmarsch aus der Regionalliga in die zweite Liga in aller Ruhe organisieren, es wurden stets Dreijahrespläne für den nächsten Aufstieg ausgegeben, die dann innerhalb eines Jahres erledigt waren. Dabei redete Hollerbach offiziell nie von etwas anderem als dem Klassenverbleib. Der Klassenverbleib allerdings wurde nie erreicht, weil es immer wieder raus ging aus der jeweiligen Liga - nach oben.

Schröck kam aus Großaspach, Müller von Preußen Münster

Der wichtigste Unterschied zwischen den Kickers und den Löwen ist allerdings, wie das Geld ausgegeben wird. Dem TSV fehlten am Sonntag in Stefan Aigner und Ivica Olic die teuersten Neuen verletzt, die ebenfalls kostspieligen Brasilianer Victor Andrade und Ribamar sind noch immer weit davon entfernt, Zweitliga-Stammspieler sein zu können. Hollerbach traf sich im Sommer beispielsweise auch mit dem vereinslosen Olic, dem 37 Jahre alten früheren Bayern-Stürmer; zum Transfer aber kam es nicht. Stattdessen setzte Hollerbach großteils auf besonders qualifizierte Facharbeiter aus der dritten Liga. So kam Tobias Schröck, unlängst Schütze eines Traumtors beim 2:2 in Dresden, von der SG Sonnenhof Großaspach. Stürmer Elia Soriano, der Kai Bülows Aussetzer zum 1:0 nutzte, wurde in der vergangenen Winterpause von den Stuttgarter Kickers abgelöst. Und Felix Müller, der gegen Sechzig ein überragendes Spiel ablieferte und das 2:0 beisteuerte, kickte zuletzt bei Preußen Münster. Statt als Linksverteidiger spielte Müller diesmal unerwartet als Stürmer. "Wenn man richtig Gas gibt, ist es völlig egal, auf welcher Position man spielt", sagte Müller.

Da hat er Hollerbachs Credo schon verinnerlicht. "Ich sage immer, es ist ein Unterschied, ob man gewinnen will oder unbedingt gewinnen will", erklärte der Trainer nach der Partie mal wieder. Entscheidend für den Ausgang der Partie war allerdings schlicht Bülows Ballverlust vor dem 1:0. "Die Würzburger arbeiten hart gegen den Ball, da musst du erst mal fehlerlos bleiben", meinte 1860-Geschäftsführer Thomas Eichin; Trainer Runjaic klagte: "Wir haben einen Bock geschlossen." Die Kickers schießen hingegen fast nie Böcke, im Mittelpunkt steht die Fehlerminimierung, und vermutlich passieren ohne Druck von außen eben weniger Aussetzer. 1860-Stürmer Sascha Mölders referierte: "Fußball ist leider ein Fehlerspiel." Damit war der Erfolg der Würzburger ganz gut erklärt.

Hollerbach sagte übrigens nach dem Spiel: "Unser Ziel bleibt der Klassenerhalt. Ich warne davor, an irgendetwas anderes zu denken." Geschweige denn, davon zu reden.

© SZ vom 04.10.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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