Zweite Liga:Der HSV muss schrumpfen

Bundesliga - Hamburger SV vs Hertha BSC

Auch er könnte den HSV verlassen: Kapitän Gotoku Sakai.

(Foto: REUTERS)
  • Der Hamburger SV befindet sich als Tabellenletzter in großer Abstiegsgefahr.
  • Sollte der Klub erstmals in die zweite Liga absteigen müssen, drohen herbe finanzielle Einschnitte.
  • Die Mannschaft dürfte ein völlig neues Gesicht erhalten.

Von Carsten Scheele

"Es reicht nicht", sagt nun selbst Uwe Seeler. Sieben Spieltage vor Saisonschluss ist der Hamburger SV nicht nur Tabellenletzter, der Rückstand auf den Relegationsplatz 16 beträgt vor dem Heimspiel gegen Schalke 04 (Samstag, 18.30 Uhr, Liveticker auf SZ.de) schon sieben Punkte. "Nun ist's zappenduster", sagt Seeler also, der sonst immer an seinen HSV geglaubt hat. Hamburg wird wohl tatsächlich absteigen.

Der HSV ist ein mit 105 Millionen Euro hoch verschuldeter Klub, der sich zudem einen außerordentlich teuren Kader leistet. Wird das Bundesliga-Gründungsmitglied ab August erstmals in der zweiten Liga auflaufen, muss sich einiges ändern. Hier ein Überblick.

Der Etat

Fernseh- und Vermarktungsgelder, Zuschauereinnahmen, Sponsorengelder - alles wird weniger in Liga zwei. Der Haupt- und Trikotsponsor Emirates wird nicht mehr so viel Geld zahlen, auch haben 40 Prozent der finanziell wichtigen Vip-Kunden ihre Verträge gekündigt. Laut Sport Bild soll der Mannschaftsetat von 55 Millionen auf etwa 30 bis 33 Millionen Euro sinken. Zum Vergleich: Hannover 96 verlor (nach dem Abstieg 2016) insgesamt etwa 40 Millionen Euro durch das Jahr in der Zweitklassigkeit. Auf ähnliches kann sich der HSV einstellen. Hannover stieg übrigens direkt wieder auf.

Die Lizenz

Ist bei einem stark verschuldeten Klub wie dem HSV immer in Gefahr. Zwar sagt der aktuelle Alleinvorstand Frank Wettstein, dass der Klub die Lizenz sowohl für die erste als auch die zweite Liga erhalten werde. Vorausgesetzt ist dabei aber, dass die signifikante Kürzung des Etats gelingt. Zweimal hat Mäzen Klaus-Michael Kühne in ähnlichen Situationen bereits ausgeholfen und mit seinen Millionen Löcher gestopft - auch diesmal? Würde die Lizenz an Bedingungen geknüpft, hätte der HSV bis Ende Mai Zeit, diese zu erfüllen.

Die Spieler - wer geht?

Elf Spielerverträge laufen aus, prominente Kräfte wie Nicolai Müller, Aaron Hunt oder Lewis Holtby können den Klub ablösefrei verlassen. Spieler wie Bobby Wood, Filip Kostic und André Hahn (alle Vertrag bis 2021) kann sich der HSV in der zweiten Liga kaum leisten, auch wenn sie dort - vertraglich festgelegt - etwa 40 Prozent weniger verdienen würden. Sturmtalent Jann-Fiete Arp, 18, soll eigentlich gehalten werden, wahrscheinlich ist aber, dass der HSV die Ablösesumme dringend benötigen wird. Die Veräußerung von Pierre-Michel Lasogga (derzeit ausgeliehen an Leeds United) könnte ebenfalls Geld einbringen. Abwehrchef Kyriakos Papadopoulos und der Brasilianer Walace sind in Ungnade gefallen und dürften wohl ebenfalls gehen.

Die Spieler - wer bleibt?

Junge Spieler mit Entwicklungspotenzial und, ganz wichtig: mit weniger hoch dotierten Verträgen. Dazu dürften Luca Waldschmidt, 21, und Gideon Jung, 23, gehören. Auch Rick van Drongelen, 19, und Torwart Julian Pollersbeck, 23, passen in dieses Schema. Abzuwarten bleibt, welche Kräfte sich aus der zweiten Mannschaft in den verbleibenden Saisonspielen unter Trainer Christian Titz aufdrängen. Klar ist: Die Mannschaft wird ein völlig neues Gesicht erhalten. Laut Medienberichten hat der Klub Interesse an den Bayern-Nachwuchsspielern Manuel Wintzheimer und Lars Lukas Mai.

Trainer, Vorstandsvorsitzender, Sportchef

Seit Heribert Bruchhagen und Jens Todt entlassen wurden, sind die Posten des Vorstandsvorsitzenden und des Sportchefs vakant. Dabei werde es laut Präsident und Aufsichtsratschef Bernd Hoffmann keine Schnellschüsse geben, auf der Suche nach einem Sportchef fallen immer wieder die Namen Horst Heldt (Hannover 96) und Jörg Schmadtke (zuletzt 1. FC Köln). Spekuliert wird, ob Hoffmann am Ende selbst als Vorstandsboss aufläuft. Erst wenn klar ist, wer sportlich die Geschicke leitet, wird über den Trainerposten entschieden.

Christian Titz, der zuvor die zweite Mannschaft in der Regionalliga auf den ersten Platz geführt hatte, soll vorerst bis Saisonende bleiben. Unter ihm zeigte die Mannschaft zuletzt positive Ansätze. Titz hat Fürsprecher im Verein, laut einer Mopo-Umfrage würden sogar 87 Prozent der befragten HSV-Fans am liebsten mit Titz in die zweite Liga gehen. Möglich ist aber, dass Klubpräsident Hoffmann ein größerer Name vorschwebt.

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