Zweite Handball-Bundesliga:Fuß am Gas

Jan Kulhanek 1 HSC Coburg waehrend der DKB Handball 2 Bundesliga Begegnung zwischen Dessau Rossla

Auch mit 38 Jahren noch ein großer Rückhalt: Jan Kulhanek verhalf Coburg mit seinen Paraden überhaupt erst ins Spitzenspiel gegen den ASV Hamm-Westfalen, das der HSC am Ende 36:28 gewann.

(Foto: Hartmut Boesener/imago)

Nach zehn Spielen und dem Erfolg gegen Hamm steht der HSC Coburg auf dem zweiten Tabellenplatz - er ist sich aber selbst eine Warnung.

Von Sebastian Leisgang

Auch mit beinahe 48 Stunden Abstand kommt Jan Gorr ziemlich nüchtern daher. Schon am Samstagabend, im Eifer nach dem Gefecht, hat der Trainer des HSC Coburg keine allzu überschwänglichen Töne angeschlagen. Als Gorr über das soeben erreichte 36:28 (19:13) gegen den ASV Hamm-Westfalen sprach, lobte er seinen Torwart Jan Kulhanek, der Coburg mit seinen Paraden überhaupt erst in dieses Spitzenspiel verholfen hatte. Er lobte die Deckung, die gerade in der ersten Hälfte zu gefallen wusste. Und er lobte den Angriff, der in der zweiten Hälfte zuverlässig traf, als die Deckung nachließ.

Aber Euphorie? Davon war keine Spur. Weder am Samstagabend noch am Montag, als Gorr noch einmal Schlüsse aus den 60 Minuten gegen Hamm zog.

Seine Mannschaft steht nach zehn Spielen mit acht Siegen und nur zwei Niederlagen zwar auf dem zweiten Platz der zweiten Handball-Bundesliga - dennoch kommen sie in Coburg gar nicht erst in Versuchung, die Dinge zu hoch zu hängen. Hochmut kommt schließlich vor dem Fall; und weil die Oberfranken den Fall bereits im vergangenen Spieljahr hinter sich gebracht haben, besteht nun gar nicht erst die Gefahr des Hochmuts. Zumindest ist das Gorrs Hoffnung. "Wir haben den ersten Abschnitt der Saison wirklich gut gemeistert", sagt der Trainer des HSC, "es wird sich aber erst in ein paar Wochen zeigen, was das wert ist."

In Coburg wissen sie ja aus eigener Erfahrung, dass noch keine Mannschaft Anfang November in die Bundesliga aufgestiegen ist. In dieser Hinsicht ist sich Gorrs Mannschaft selbst ein warnendes Beispiel, schließlich hatte sie vor einem Jahr nach zehn Spielen sogar 17:3 Punkte gesammelt, am Ende der Saison stiegen aber der HBW Balingen-Weilstetten und die HSG Nordhorn-Lingen auf, zwei Klubs, die sich nach zehn Spielen noch auf Platz sechs und acht eingeordnet hatten. Gorr sagt zwar: "Ich weiß nicht, ob man die jetzige Situation mit der damaligen vergleichen kann - die Liga ist dieses Jahr noch ambitionierter." Grundsätzlich findet er in Bezug auf die zurückliegende Saison aber schon: "Das sind wertvolle Erfahrungen, die wir da gesammelt haben." Nur: "Es lässt sich noch nicht sagen, ob wir daraus Stabilität gewonnen haben." Und doch haben die ersten zehn Partien zumindest Indizien geliefert. Der vom HC Erlangen nach Coburg gekommene Andreas Schröder hilft dem Team mit seiner langjährigen Bundesliga-Erfahrung, Rechtsaußen Florian Billek trifft im Schnitt mehr als siebenmal pro Spiel, und im Tor ist Kulhanek auch mit 38 Jahren ein großer Rückhalt.

Gorr selbst ist der Architekt des HSC. Er ist bereits im siebten Jahr Trainer und hat Coburg in dieser Zeit schon einmal in die Bundesliga geführt. Er weiß also, wie das geht: sich nicht von der allmählich aufkommenden Begeisterungswelle im Umfeld erfassen zu lassen, den Blick für das Wesentliche zu behalten und die Aufgaben Schritt für Schritt abzuarbeiten. "Wir haben gegen Hamm 60 Minuten lang den Fuß am Gas gehabt. Wir haben diesen Vergleich eindrucksvoll für uns entschieden", sagt Gorr, "aber in den nächsten Wochen kommen knifflige Aufgaben auf uns zu. Wenn wir da zweimal nicht aufmerksam sind, wird sich das direkt tabellarisch auswirken."

Hinter seiner Mannschaft lauern im VfL Gummersbach, dem ASV Hamm-Westfalen, dem HSV Hamburg und dem ThSV Eisenach gleich vier Klubs mit 13:7 Punkten. Zwei Niederlagen - und schon dürften die Coburger allenfalls auf Nichtaufstiegsplatz drei stehen, auf dem sie bereits die vergangene Saison beschlossen haben.

Am Wochenende gastiert Gorrs Mannschaft bei Bundesliga-Absteiger Bietigheim, dann trifft sie vor eigenem Publikum auf Eisenach. Es sind jene kniffligen Aufgaben, die Gorr in erster Linie meint. Coburgs Trainer blickt aber auch noch ein bisschen weiter nach vorne und sagt: "Uns steht noch ein heißes Finish bis zum Jahresende bevor."

Acht Spiele noch. Erst dann, findet Gorr, lassen sich grundsätzliche Schlüsse ziehen.

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