Zweite Bundesliga:Selbstverständnis eines alten Kapitäns

1. FC Heidenheim - SpVgg Greuther Fürth

"Wenn man realisiert, dass Teams mit deutlich höheren Etats abgestiegen sind, dann ist der Klassenerhalt umso höher zu bewerten", sagt Damir Buric über seine Arbeit bei Fürth.

(Foto: Stefan Puchner/dpa)

Damir Buric hat Greuther Fürth zum Klassenverbleib geführt und doch finden ihn in Fürth nicht alle gut.

Von Sebastian Leisgang

Wenn man sich nicht täuscht, dann hat auch Damir Buric Gefühle. Er kann frustriert sein, wenn seine Mannschaft ein Fußballspiel verliert, und er kann glücklich sein, wenn sie eines gewinnt. Wobei: Weiß man's?

Man hat Buric in dieser Saison nicht poltern hören. Man hat ihn auch nicht überschwänglich erlebt - was allerdings darin liegen könnte, dass er Trainer der SpVgg Greuther Fürth ist. Am vergangenen Sonntag hat Buric den Klub dank eines 1:1 in Heidenheim zum Klassenverbleib in der zweiten Bundesliga geführt. Aber wer ist dieser Mann überhaupt, der Fürth vor dem Waterloo bewahrt hat? Wer ist Damir Buric - und wenn ja, wie viele?

Es ist ein verregneter Nachmittag auf dem Fürther Trainingsgelände an der Kronacher Straße. Damir Buric, 53, sitzt im Aufenthaltsraum der Geschäftsstelle und zieht die Augenbrauen hoch. Es soll jetzt um ihn gehen, den Mann, mit dem die Spielvereinigung den Absturz in die dritte Liga abgewendet hat. Das sei schade, sagt Buric. Es ist ihm unangenehm, wenn die Augen auf ihn gerichtet sind. Man solle über die Mannschaft berichten, sagt er, erzählt schließlich aber doch seine Geschichte: wie er als Spieler des RNK Split mit der Fähre zu einem Testspiel gegen Waldhof Mannheim auf die Insel Brac gefahren ist. "Ich bin nur ungern dorthin gefahren", erinnert sich Buric. Eine Stunde hin, mit den Büchern aus der Universität auf dem Schoß, um die Zeit zum Lernen zu nutzen, später wieder eine Stunde zurück. All das nur für 90 Minuten gegen Waldhof - doch es war der Anfang seiner Karriere, der Anfang allen Glücks.

Buric arbeitete lange an der Seite von Rubin Dutt - inzwischen hat er selbst Assistenten

Buric überzeugte im Testspiel, Waldhof lud ihn zum Probetraining nach Deutschland ein - und wenig später spielte er in der Bundesliga. Zwanzig Jahre sind seitdem vergangen. In der Zwischenzeit war er Assistent an der Seite von Robin Dutt, lange in Freiburg, kürzer in Leverkusen und in Bremen. Mittlerweile ist er in Fürth angekommen, jetzt ist er der Mann, dem Assistenten zur Seite stehen.

39 Punkte hat die Spielvereinigung in den 29 Spielen gesammelt, seit Buric die Feder führt. "Das ist für den Klassenerhalt normalerweise mehr als genug", findet der Kroate. Buric sagt das mit dem Selbstverständnis eines alten Kapitäns, der schon die rausten Seen durchgestanden hat. Er steuert das Boot selbstgewiss und mit ruhiger Hand, obwohl die anderen Boote um ihn herum kentern.

Buric faltet seine Hände, als würde er beten, und presst seine Finger aneinander. Im Abstiegskampf brauche es eine gute Gemeinschaft, sagt er. Die Einheit, die Gruppe, das ist ein großes Thema bei ihm. Buric betont: Seine Mannschaft ist eine gute Gemeinschaft. Und ohnehin: "Wenn man realisiert, dass Teams mit deutlich höheren Etats abgestiegen sind, dann ist der Klassenerhalt umso höher zu bewerten." Sollte es aber nicht auch nachdenklich stimmen, dass Fürth in den letzten sechs Saisonspielen kein einziger Sieg mehr gelang und am Ende nur um drei Tore besser dastand als Erzgebirge Aue, das nun in der Relegation gegen Karlsruhe zu bestehen hat? Muss sich zur nächsten Saison nicht einiges ändern, um nicht erneut bis zum Schluss um die Existenz fürchten zu müssen?

Buric erinnert an seine Anfänge in Fürth: dass er Mitte September eine verunsicherte Mannschaft im laufenden Betrieb von Janos Radoki übernommen hat, einen Kader, den er selbst nicht zusammengestellt, am Ende aber mit Erfolg durch raue See geleitet hat. Er sagt zwar: "Es liegt unglaublich viel Arbeit vor uns." Er findet aber auch, dass diese Arbeit gut bei ihm aufgehoben ist.

Obwohl er Fürth vom letzten Platz auf einen Nichtabstiegsrang geführt hat, stehen ihm einige Fans kritisch gegenüber. Bei ihnen hat Buric wenig Kredit. Er sei zu nett und habe kaum Ausstrahlung, finden sie. Andere schätzen seine besonnene Art, seine Souveränität. Buric hat eine großväterliche Milde an sich, es scheint, als könne er keinem Fliegenfänger etwas zuleide tun. Wenn Buric nach Spielen zur Pressekonferenz auf dem Podium sitzt, dann spricht er gerne von Disziplin und Fleiß. Selbst wenn sich Roberto Hilbert Fehlpass um Fehlpass erlaubt oder Khaled Narey beste Torchancen ausgelassen hat, dann spricht er nur von individuellen Fehlern - ohne den Spieler öffentlich zu kritisieren.

In den vergangenen Tagen hat sich Buric auch mit jenen Spielern unterhalten, die keinen neuen Vertrag in Fürth erhalten. Das ist nicht gerade üblich in dieser Branche, in der es oft mit den Ellenbogen zugeht, seltener mit dem Herzen. Buric war das aber wichtig: den Spielern noch mal eine Rückmeldung zu geben - warum sie den Klub verlassen müssen und woran sie arbeiten sollten.

Bald wird sich Damir Buric in den Urlaub verabschieden, nach Österreich, in die Berge. Er mag die Abgeschiedenheit. Er sei ein Freund der Natur, sagt er. Und ja, das passt: Buric und die Stille der Natur.

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