Zweite Bundesliga:Nürnbergs neue Hoffnung

Fortuna Düsseldorf - 1. FC Nürnberg

Sportliches Stimmungshoch: Der 1. FC Nürnberg liegt nun auf einem Aufstiegsplatz.

(Foto: dpa)
  • Nach dem Sieg im direkten Duell löst der 1. FC Nürnberg Fortuna Düsseldorf von Platz zwei ab.
  • Zwischendurch war der Rückstand auf die Aufstiegsränge bereits auf acht Punkte angewachsen, nun hofft Nürnberg auf den achten Vereinsaufstieg.
  • Wechselgerüchte um Stürmer Cedric Teuchert sorgen dennoch für Unruhe. In Düsseldorf stand der 20-Jährige nicht im Kader.

Von Ulrich Hartmann, Düsseldorf

Jetzt schimpft auch noch der Fußballtrainer Michael Köllner auf die Bahn. Dabei hat die schon genug Imageprobleme. "Wenn wir so spielen würden, wie die Bahn fährt...", grantelte Köllner nach dem 2:0-Sieg seines 1. FC Nürnberg bei Fortuna Düsseldorf. Er sagte das allerdings in der wohligen Gewissheit, dass seine Zweitliga-Mannschaft zurzeit schnurrt wie ein rasend pünktlicher ICE.

Acht Stunden hatten die Nürnberger gebraucht, um nach Düsseldorf zu gelangen. In Frankfurt war ihr Zug plötzlich nicht mehr weitergefahren, also mussten sie sich einen profanen Reisebus organisieren. Jetzt klagt Köllner über Rückenschmerzen. Immerhin bloß eineinhalb Stunden haben sie dann in Düsseldorf gebraucht, um mit einem 2:0-Sieg den zweiten Tabellenplatz zu ergattern. Auf dem Rasen gelingt dem Club momentan alles. Köllners Toleranzschwelle für störende Nebengeräusche ist entsprechend gering.

Dabei weiß der 47-Jährige gut, dass Fußballmannschaften dieselben Tücken entwickeln können wie Züge: viele kleine Verspätungen, technische Probleme, Totalausfälle. Davon profitieren die Nürnberger derzeit selbst. Düsseldorf, Union, Ingolstadt, St. Pauli - die Favoriten bleiben zwischendurch alle mal liegen. Den Nürnbergern ist es ja selbst so ergangen. Vor fünf Wochen waren sie Vierter mit acht Punkten Rückstand auf den damaligen Tabellenführer Düsseldorf. Jetzt haben sie Düsseldorf um einen Platz und einen Punkt überholt, weil die Fortunen seit sechs Spielen sieglos sind, während die Nürnberger drei Mal in Serie gewannen. Am Samstag können sie sogar Tabellenführer Kiel überholen und auf Platz eins überwintern. "Unglaublich", findet das der österreichische Verteidiger Georg Margreitter. "Die Liga ist ein Lotterietopf, da wird ständig durchgemischt."

Sturmtalent Teuchert steht nicht im Kader - er könnte im Winter den Club verlassen

Sorgen bereiten den Franken aber nicht nur die Launen der Konkurrenz. Es brodelt auch intern, weil in der Winterpause schmerzhafte Abgänge zu befürchten sind. Der von Sturmtalent Cedric Teuchert, 20, scheint schon besiegelt zu sein. Der Junioren-Nationalspieler ist seit seinem zwölften Lebensjahr beim Club und eine der großen Entdeckungen dieser Saison. Er hat bereits sechs Tore beigesteuert, aber ausgerechnet jetzt schwirren ihm andere Dinge durch den Kopf. Köllner spürt das. Beim 1:0 gegen Sandhausen hat er ihn erst kurz vor Schluss eingewechselt, zum 2:0 in Düsseldorf hat er ihn gar nicht mitgenommen. Teuchert gehörte nicht zum 18er-Kader, "weil andere momentan besser trainieren", so Köllner. Teucherts Vertrag läuft im Sommer aus und er will nicht verlängern. 1,5 Millionen Euro stehen diesen Winter als Ablöse im Raum, und der Bundesligist VfB Stuttgart scheint das bezahlen zu wollen. Eigentlich würden die Nürnberger Teuchert gerne behalten, aber das Geld können sie auch sehr gut gebrauchen.

Den Trainer regt das alles auf, besonders Vorwürfe, er vergraule den Spieler durch die jüngste Nichtberücksichtigung. "Der Cedric hat einen Haufen Spiele machen dürfen und ist unter mir sehr viel besser geworden", sagt Köllner, "wenn er weg will, bloß weil er mal nicht zum Kader gehört, dann entspricht das nicht meiner Auffassung von Fußball." Er sei "Trainer von 27 Fußballern, und da muss es immer gerecht zugehen". Köllner könnte eigentlich gelobt werden für den Tabellenplatz, stattdessen muss er sich jetzt rechtfertigen.

Steigen die Nürnberger auf, sind sie Aufstiegs-Rekordhalter

Das sind ganz schön viele negative Schwingungen in einer Nürnberger Mannschaft, die nach dem Sieg in Düsseldorf strahlen müsste wie das Christkind beim Prolog auf dem Balkon der Frauenkirche. Das kann aber noch kommen, wenn sie auch ihr letztes Spiel des Kalenderjahrs in Kaiserslautern gewinnen, denn dann hätten sie das Jahr mit vier Siegen in Serie abgeschlossen und könnten auf einem Aufstiegsplatz überwintern. So hat die zweite Bundesliga das, was der ersten nach dem Zwischenspurt des FC Bayern schon wieder fehlt: Spannung an der Tabellenspitze.

Kiel, der Überraschungserste, spielt am Samstag in Sandhausen, also bestehen für die Nürnberger sogar Chancen, zu Weihnachten Erster zu sein. Der Mittelfeldspieler Hanno Behrens würde sich dann die Tabelle an den Christbaum hängen, so hat er es angekündigt. Früher war mehr Lametta, aber heute haben die Jungprofis eine andere Vorstellung vom Baumschmuck.

Trotzdem steuert der 1. FC Nürnberg auf eine Weihnacht zu, deren Frieden genauso trügerisch sein könnte wie in jeder ganz normalen Familie. Der achte Bundesliga-Aufstieg im kommenden Sommer mit dem dann alleinigen deutschen Rekord vor Bielefeld wäre für den Club auch deshalb wichtig, weil es helfen würde, relevante Fußballer zu halten. Zwölf Verträge laufen am Ende dieser Saison aus. Einen personellen Radikalumbruch zu meistern, wäre schwierig.

Während mögliche Verkäufe in der Winterpause bis Ende Januar getätigt werden müssten, wird sich die Aufstiegsfrage sicher erst im Mai entscheiden. "Bis dahin wird alles eng bleiben", prognostizierte Köllner auch zum Troste seines Düsseldorfer Kollegen Friedhelm Funkel. Dabei hat der mit seinen Fortunen die Hoffnung auch noch längst nicht aufgegeben in dieser Zweitliga-Lotterie.

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